Die Sensation ist perfekt. Der Schlagzeuger der größten Rockband der Welt, den Rolling Stones kommt nach München für ein einziges Deutschland Konzert. Allerdings wer jetzt denkt, er bekommt Rockmusik ala 'Satisfaction' und 'Symphathy For The Devil' vorgesetzt, der hat sich gewaltig getäuscht. 
Aber Insider und Fans wissen das sehr wohl. Denn es ist seit vielen Jahren bekannt, dass good old Charlie neben den Stones noch eine ganz andere Leidenschaft pflegt, nämlich die des Boogie Woogies, Jazz und Blues. 
Bereits in den Achtziger Jahren hat sich die Band 'The ABC & D Of Boogie Woogie formiert, wobei das 'A', das für Axel Zwingenberger steht, durch einen reinen Zufall dazu gestoßen ist, als er glücklicherweise zur richtigen Zeit am selben Ort (einem Studio in London) anwesend war, und man dort spontan einen Musiker zum mitjammen suchte. Wer hinter dem Rest der Band stand, erfuhr Axel in dem  Moment, ials er Charlie Watts gegenüber stand. Und so kam eines zum anderen.- Des weiteren, und für das 'B' stehend, ist Ben Waters, einer der weltführenden Boogie Pianisten und zugleich der Jüngste in der Truppe. Über das 'C' für  Charlie Watts brauche ich, glaub' ich, keinerlei Worte mehr zu verlieren. Und last but not least ist da noch das Schlusslicht das 'D'  für Bassist Dave Green, der sozusagen und buchstäblich neben und mit Charlie aufgewachsen ist.  Er zählt zur obersten Liga in den Reihen der namhaften Jazzbassisten. 

Charlie Watts wird am 1. Juni satte 69 Jahre alt. Aber das hat seiner Musikalität keinen Abbruch getan. Und lt. eigener Aussage genießt er es sehr, seine zweite Liebe, nämlich die des Boogie Woogies in kleinem und intimen Rahmen auszuleben, abseits der Riesenarenen, die er normalerweise mit den Rolling Stones bespielt. Und nenne wir es doch mal beim Namen. Finanziell hat er's nun wirklich nicht notwendig, diese Extrawurst zu braten. It's just for Fun, and he likes it. 

Es gibt aber bei dem heutigen Event hier in München im GOP Variete Theater auch ein Manko für uns Freunde guter Musik. Und das sieht so aus:

Allerdings scheint dieser astronomische Kartenpreis weniger auf das Konto der Band zu gehen, als vielmehr auf das des Veranstalters. Denn wie bekannt wurde, kosteten die Tickets in Österreich und der Schweiz nur ca. halb so viel. 
Wie auch immer, die Bude ist mit 300 Plätzen restlos ausverkauft. Und im Grunde genommen ist jeder hier vor allem wegen Charlie hier...


Nachstehend zwei unabhängig voneinander verfasste Konzertberichte zweier Konzertbesucher:

1.Report:
Der Laden ist voll und unser cooler Charlie hat sich ein paar virtuose Mitstreiter geangelt. Es werden 2 Sets gespielt a 45 Min. bzw. 1.45 hrs. Das Intro erfolgte  jeweils durch Axel Zwingenberger. Beim ersten Set gesellte sich Ben Waters alsbald dazu und ließ den Flügel ordentlich wackeln. Nach 20 Min. erschienen auch Dave Green und Charlie Watts. Er sah gut erholt aus! Man groovt sich schon mal ein.

Die frühe Pause dauerte 45 Min. und trotzdem wuselte uns danach das Service-Personal noch vor der Nase herum! Axel Zwingenberger  erzählte, dass sich die Combo schon Mitte der 80er Jahre zusammenfand, allerdings damals ohne Ben Waters, der nicht nur namentlich der "Benjamin" war Ben hatte die Altvorderen wohl mal im TV gesehen u. kam so zum Boogie Woogie. Zuletzt hatte er dieses Projekt wieder zum Leben erweckt und sich eingeklinkt.

Beim 2.Set verstärkte man sich durch eine Nina an den vokalischen Bändern (mit kehliger aber nicht zu druckvoller Stimme) u. auch Pete York gab ein Gesangsstück zum Besten u. jammte ein bisschen am Schlagzeug mit.

Zeitweilig fühlte ich mich von der Atmosphäre her etwas ans Vaudeville-Theater erinnert. Bei den leisen Tönen drohte es allerdings auch schon mal etwas langweilig zu werden, aber wer Boogie Woogie mag, für den war es das Höchste!
Setliste gab es leider keine, aber einige "Zitate", z. B. von Jerry Lee Lewis, Ray Charles ("Let´s Go Get Stoned" - welche Zweideutigkeit!), "Boogie Woogie Country Girl", "Jenny,Jenny,Jenny", "Boogie In The Barrelhouse", "Suitcase Blues", "Whole Lotta Shakin´Goin´On", "Little Queenie".

Fazit: Die Einmaligkeit des Events war mir den Ticketpreis schon wert, aber einmal ist auch genug.
Christa Rupperts (& Fotos)

2. Report:
Das GOP vermittelt ein Ambiente, wie man es in den USA oft findet. Man sitzt an Sechser-Tischen, es gibt Getränke und Essen-Service. Das Gute daran ist, dass man einen komfortablen Sitzplatz hat, das Bedauerliche ist, dass alles teuer ist.
http://www.variete.de/Muenchen/  

Die Show begann pünktlich kurz nach acht. Zwingenberger führte solo ein, nach zwei drei Stücken kam der zweite Boogie Woogie Pianist, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe, dazu. Die beiden rockten wirklich gut zusammen. Der Engländer hob beim Spielen mit den Knien seinen Flügel immer an und ließ ihn im Rhythmus schaukeln. Diejenigen, die wissen wie schwer Klaviere sind, der kann ahnen, dass das nicht ganz einfach ist. Anschließend kamen ein englischer Bass-Spieler und eben Charlie dazu. Auch den Namen des Bass-Spielers habe ich mir nicht gemerkt, aber er war ein wirklicher Könner. Er durfte mehrere Soli spielen. Charlie spielte routiniert aber kaum spektakulär.

Ich merkte aber, dass ihm diese Art der Musik: Blues, Boogie Woogie, Rock' n' Roll doch sehr viel Spaß macht - dort sind ja auch seine Wurzeln als er noch bei Alexis Korner und Blues Incorporated spielte.


(c) welismobil

Wie klein er ist wurde deutlich als Pete York auf die Bühne kam. Zunächst sang Pete, nahm sich dann zwei Drum-Sticks und begann neben Charlie auf der Stand-Tom rumzutrommeln. Ob Charlie dies gefallen hat, konnte ich nicht erkennen. Bei der Verabschiedung fiel dann aber neben dem Hünen York das Manschgerl Watts extrem auf.
Zwingenberger erzählte dann, dass er 1981 in England zu einer TV Jam Session eingeladen worden war. Und ohne es zu wissen, bestand dann die Rhythmus-Sektion aus Charlie und dem Bassisten. So begann die Bekanntschaft. Das aktuelle Projekt - so habe ich es jedenfalls verstanden - geht auf Initiative des Bass-Spieler zurück. Eine CD soll bereits veröffentlicht worden sein.
Es gab zwei Sets: einmal 50 Minuten und dann noch mal 100 Minuten
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Stefan Koehler