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Die 10cm Neuschnee und seifigen Straßen haben weder mich noch gut 200 andere Besucher davon abgehalten, sich die ungarische KISS Coverband „KISS Forever“ in der Blues Garage Isernhagen bei Hannover anzusehen und –zuhören. 

„KISS...? das sind doch die geschminkten mit „I was made for loving you ..“ – die gibt’s noch ?!    ist die häufigste irritiert-überraschte Antwort, wenn ich erwähne, daß ich seit mittlerweile 31 Jahren KISS-Fan bin. Ohne mich dafür zu schämen. 

Und da ich im Lauf dieser Zeit unzählige Fotos, Poster und Videos gesehen, und natürlich hunderte Male die Songs auf Platte sowie in bisher 5 Konzerten gehört habe, behaupte ich mal: ich kenne KISS sehr - sehr gut. Von daher waren meine Erwartungen in die Coverband doch recht hoch gesteckt.  

Das schöne an der Blues Garage ist die Nähe der Künstler zum Publikum und auch umgekehrt– man bestellt sich gerade völlig ahnungslos ein Bier, und die Künstler laufen unmittelbar an einem vorbei auf dem Weg zur Bühne.

Im stillen dachte ich mir: Wenn sie musikalisch so authentisch wie optisch laut auf dem Konzert-Poster sind, fangen sie mit dem Intro „Won’t get fooled again“ von The Who  an, so wie bei der Welttournee in 2008, bevor sie mit „Deuce“ loslegen und mit  „Detroit Rock City“ aufhören... 

Und siehe da : es wurde nach dem Who - Intro gleich losgerockt mit „Deuce“, so dass das interessanterweise, alterstechnisch sehr vielschichtige Publikum gleich mitrocken konnte. Interessant deswegen , weil die Jüngsten gerade mal um die 13 waren und die Ältesten so um die Mitte 50. Das fiel mir auch beim KISS-Konzert in Hamburg 2008 auf; -  der große Anteil jungen Publikums, was für „alte“ Bands nicht unbedingt selbstverständlich ist. Übrigens: super Maskierung! Danke fürs Foto.  

Nach dem Opener versprach dann auch Pseudo „Paul Stanley“ dem wintergefrusteten Publikum in akzentuiertem Deutsch („Schaaßwettä“) ein 2-Stunden Konzert, welches „Hotter than Hell“ sein würde – man durfte gespannt sein. 

Bis auf den von Mick Jagger geschriebenen Song  „2000 Man“ von der 79er „Dynasty“-Platte und „Modern Day Delilah“ vom neuen Album „Sonic Boom“ waren beim ersten Set wirklich super Klassiker dabei und kamen auch  beim Publikum sehr gut an. Nach „Shout it out loud“ und damit einer knappen Stunde purem , perfekt  gecoverten Rock n Roll a la KISS, gab es dann eine kleine Unterbrechung von etwa 20 Minuten, das kenne ich sonst nur von Dream Theater, aber es  tat  dem, mittlerweile aufgetautem und aufgewärmten Publikum und der damit verbundenen sehr guten Stimmung überhaupt keinen Abbruch.

Auch das zweite Set startete mit einem schönen Klassiker der 70er: „King of the night Time World“. Zu meiner Freude wurde auch „Domino“ gespielt, welches ja auf den aktuellen Kiss Tourneen gar nicht mehr berücksichtigt wird  , da es nach 1979 erschienen ist und zuletzt meines Wissens nach Live 1995 bei MTV Unplugged gespielt wurde.

Naja..und spätestens bei „ I Was Made For Loving You“ wußten auch die unfreiwillig, mitgezerrten oder nur „zufällig“ zum Bier trinken Anwesenden, welche Band hier gecovert wird, und dass an der “Magie” von KISS doch irgendetwas dran sein muß...

Zum Höhepunkt und damit fast zum Ende des 2. Showteiles durfte “R*R All Nite” natürlich nicht fehlen und wurde auch standesgemäß zelebriert. Zwar ohne gefühlte 2000 Tonnen Konfetti, das man noch 3 Tage später in den Klamotten hat, aber das war völlig in Ordnung. Auch das vielleicht nur ½ Liter statt 5 Liter Blut gespuckt wurden, ohne danach “God of Thunder” zu spielen, war überhaupt kein Problem und auch mal etwas anderes. Ebenso wie das fehlende Feuerspucken. Wir wollen die schöne Blues Garage ja nicht abfackeln...

Bei der Zugabe und dem ersten Single-Hit von KISS 1976  “Beth” , musste man wirklich zwei Mal hinsehen um zu erkennen, daß es nicht “Peter Criss” war . Die Damen neben mir  schwenkten die Weingläser und Feuerzeuge und sangen zu meiner Überraschung lautstark richtig den Text mit.

(Ok –das ist jetzt auch nicht der schwerste Text - aber sagt es Ihnen nicht..  ;-) ) 

Tja, auch der schönste Abend geht mal zu Ende. Hier endete er mit dem für mich melancholischem Song “Black Diamond”, bei dem Pseudo “Paul Stanley”  sowohl Männlein als auch Weiblein animierte das “Uuhuuhu”-Intro mitzusingen genauso wie bei dem zeitlosen Klassiker und früherem Konzert-Opener “Detroit Rock City”. Dieser Song sollte zwar eine Homage an die Stadt Detroit sein (Kiss Contest 1974, bis die Lippen bluteten) gleichzeitig ist es aber auch ein ein trauriger Song, da es in dem Text um den Autofahrer (Gene, Paul..?) ging,  der zu “R*R All Nite” im Autoradio, sein Auto startet und am Ende gegen einen Truck fährt...

Hier kochte noch mal richtig der Saal. Positiv  für mich war, dass der Song auch sehr gut beim jüngeren Publikum ankam. Ein klarer Beweis dafür, dass  “unsere Jugend” zum Glück doch noch nicht grundsätzlich “RTL-Superstar-geschädigt” ist – puuh! 

Musikalisch gebe ich auf einer Skala von 1-10 eine 9. Es war sauber gespielt, gelegentlich hat der Schlagzeuger mal etwas gehakelt , aber sonst war es einwandfrei. Von der Tribüne, also vom 1. Stock aus, kam der Klang ein wenig blechern herüber. Möglicherweise bin ich hier aber auch vom Wishbone Ash Konzert wenige Wochen vorher verwöhnt, bei dem sich die Musik in jeden Winkel wie ein messerscharfer Klangteppich ausbreitete. Aber wer will schon Klangteppiche bei Rock n Roll ?? Und ein großes Plus dafür , die Akkorde von “You won’t get fooled again” in  “Lick it up” unterzubringen - super Mischung !(Obwohl den Song ja laut vorheriger von Pseudo “Paul Stanley” initiierter    Publikumsabstimmung wirklich NIEMAND hören wollte. 

Ja...soweit die musikalischen Aspekte...und die optischen ? Hier eine glatte 9.5. - 9.5 deshalb, weil “Paul Stanley” zwar eine erschreckend ähnliche Stimme zum Original hatte und auch seine schlüpfrigen Ansagen standen diesen in nichts nach . Jedoch fand ich ihn von der Performance etwas “steif”, wenn man weiß, was für ein Zappelphilipp der echte Paul Stanley auf der Bühne trotz künstlicher Hüfte ist. Allerdings muß man hier natürlich auch die doch recht kleine Bühne der Blues Garage dagegen halten. 

Ansonsten: alle Kostüme und Instrumente zeigen äußerste Liebe zum Detail . So z.B. gab es da  den Axt-Bass von “Gene” und sogar das Rosen-Tatoo von “Paul”.

Auch Bewegungen und Mimik wurden von allen Akteuren äußerst gut imitiert, - bei  “Ace Frehley” das klassische Wanken , als wenn er irgendwo im Weltraum schwebt und bei “Gene Simmons” durften das dämonische Grinsen und auch das klassische “Dreiergespann” bei Deuce  nicht fehlen und wurden perfekt zelebriert.

Zusammengefasst ganz klar ein “Wow”-Faktor für die Optik .  

Und sonst ? Die sonst für die Blues Garage übliche Small-Talk-und-Autogramm-Runde am Merchandisingstand nach dem Konzert  fand diesmal leider nicht statt, schade eigentlich. Ein “Fakefoto” mit Pseudo Gene , das wäre schon witzig gewesen ;-) 

Unterm Strich war es aber ein tolles Konzert mit einem Super-Publikum , und viel Rock n Roll das die Erwartungen mehr als erfüllt hat .

Und es war ein super Warm Up für den 31. Mai in Hamburg oder etwas früher am  27. Februar bei Wetten daß...)..
Und wie Klaus Meine sagen würde:
 “ Fanntasstiiiisch”

Da hat man doch über das anschließende freischaufeln des Autos von schon wieder neuem Schnee, nur noch selig gelächelt und ist glücklich nach Hause geschlittert. 

Danke Henry, danke KISS Forever.  http://www.kissforeverband.hu/

Text & Fotos: Matthias Grauer