22.08. 2009, München - Backstage Halle


Es sind immer diese berühmten Momente, solche Erlebnisse die hinterher einen wie mich dazu bewegen, der ganzen Welt am liebsten  zu sagen, was sie in meinen Augen verpasst hat!! Gestern war wieder eines dieser Erlebnisse, einer dieser sehr seltenen Momente, die mich mit meinen 46 Lenzen dazu bewogen haben, mich in die erste Reihe zu kämpfen, dort zu halten, wo ich versucht habe mit ins Mikrofon zu brüllen und ihn, den außergewöhnlichen Sänger doch mal zu berühren, und um später auch noch ein Shirt zu kaufen, was in meinen eben 46 Jahren, gestern zum dritten Mal erst vorkam.
Die Rede ist vom einzigartigen JELLO BIAFRA!!!!!!!!!!!!!!!!! Der ehemalige Sänger der vielleicht zu früh aufgelösten DEAD KENNEDYS gab sich gestern in der Backstage Halle mit seiner Band „Jello Biafra And The Guantanamo School Of Medicine“ die Ehre bzw. ich und die volle Backstage Halle hatten die Ehre, dieser Vorstellung beizuwohnen.
Laut Info heißt es, dass sich Jello Biafra  zu seinem 50. Geburtstag eine neue Band gegönnt und geschenkt hat.Und da war er schon, der Knackpunkt, der einen wie so oft in den letzten Jahren überlegen lies, ob man sich das überhaupt antun soll. Diese Reunions die zum großen Teil völlig überflüssig und enttäuschend sind. Vor allem wenn man damals so wie ich 1980/81 ?? mit 1100 anderen Leuten in der Alabamahalle DEAD KENNEDYS gesehen hat.

Dieses überragende Konzert mit einem irren, schlaksigen, quirligen Jello Biafra.  Aber als alter DK und Jello Biafra Fan, hat es mich dann doch ins Backstage getrieben.

Erwartet hatte ich, wie wahrscheinlich die meisten, in der Backstage Halle gar nichts, auch wenn ein Song auf der Myspace Seite schon sehr verheißungsvoll klang. Es fiel auch die Aussage: „Ich glaube das wird ein Scheißkonzert“. Nach einer mir unbekannten und schrecklichen Vorband die die meisten Leute in den Biergarten trieb, war es dann endlich soweit. Die Liste der Bands die sich mit einem Gastauftritt usw. mit Jello Biafra rühmen ist endlos lang. „The Offspring“, „The Melvins“, „D.O.A“, „Soulfly“, „Sepultura“ usw. usw. Usw.  
Da kam und stand er nun, einst ein Jugend- und Punk-Idol, grauhaarig, lichter Hinterkopf, leicht übergewichtig.Aber schon beim betreten der Bühne von Jello Biafra  war es zu spüren - diesesKribbeln, eine Spannung unter den Leuten, eine Verehrung und Hochachtung an einen Musiker der Punk-Geschichte geschrieben und geprägt hat. Ein Dankschön in Form von Applaus und purem Jubel empfing ihn!! Ein paar Begrüßungsworte und die Band perfekt, treibend, auf den Punkt genau legte los - mit ihr Jello Biafra.
Die ersten 4 Songs hätten genauso gut auf ein Album gepasst mit „Holiday in Cambodia“. Vorzüglich die neuen Songs, als wäre die Zeit stehen geblieben und hätte sich nur äußerlich bei Jello Biafra und den Leuten in der Halle bemerkbar gemacht. Alle Songs hatten diesen typischen treibend DK Groove, so dass man sich einfach nicht ruhig halten konnte. Und Jello, trotz 50, trotz Übergewicht und lichtem Haar, war von Anfang an wie früher!! Quirlig, zappelig, energetisch trieb er die Songs an und unterstrich sie immer wieder mit seinem typischen Mimikspiel. Natürlich kamen einige Ansagen politischer Art mit vorzüglichen Spitzen, auch gegen Gerhard Schröder in Bezug auf seine Tätigkeit bei einer russischen Gasfirma, oder er unterhielt sich auf witzige Art mit dem Publikum.


(c) malaclypse13

Der Jubel, die Begeisterung der Leute, die mit einer Alterspanne von 18-55 Jahren vertreten war, stieg von Song zu Song unaufhörlich an und immer mehr begannen zu tanzen und zu zappeln. Beim 5. Song und dem ersten DK Klassiker „California Über Alles“ brachen die Dämme, oder spätestens die Zurückhaltung aller anderen, die versucht haben, sich krampfhaft ruhig zu halten, und ich konnte nicht mehr anders als mitzumachen. Mich trieb es in diesem Moment nur noch nach vorne. Ich wollte dabei sein, vorne im Pulk der Leute, die sich an die Bühne quetschten und Pogo tanzten. Jello Biafra in Hochform stürzte sich mit einem Hechtsprung in die Menge und ließ sich treiben und sang mit den Leuten. Der Jubel danach war grenzenlos, laut, euphorisch, hysterisch, kreischend!!!! Nach weiteren neuen Songs, Biafras Hechtsprungeinlagen, kamen noch die Klassiker „Holiday In Cambodia“, „Moon Over Marin“. Man hätte sich noch „Too Drunk To Fuck“, „Kill The Poor“ usw. gewünscht. Vielleicht beim nächsten Mal, hoffentlich!! Aber er hatte sie alle in seinen Bann gezogen und hat es allen gezeigt!!! Allen Leuten in der Halle, allen Bands von früher und heute, die meinen, sie hätten was zu sagen, die meinen, sie wären jemand!!! Ich bin auch ein Musikfan von A-Z, und ich habe so viele geile Konzerte gesehen, doch dieses Konzert gestern, gehört in die Kategorie außergewöhnlich!!! Nicht umsonst schmücken sich so viele Bands mit seinem Namen, und dass sie mit ihm etwas gemacht haben und bringen ihn in verschiedenster Art und Weise in Verbindung. Und Jello Biafra ist außergewöhnlich, eine Klasse für sich, ein Entertainer, auf seine Art unerreicht!! Und ich, -  ich durfte mich austoben, schwitzen, Jello mit auffangen (alleine wäre ich zusammengebrochen) Jello mittragen, Jello umarmen, mit Jello singen.Nicht nur für mich, sondern für die volle Backstage Halle ein sicher unvergesslicher Abend und ein unvergessliches Konzert!!
http://www.myspace.com/jellobiafraandthegsm

(c) Text:  Tom Fock 
www.lustfinger.com
www.myspace.com/lustfinger