Am vergangenen Montag machte ich mich mehr oder weniger neutral  auf den Weg zum ersten Deutschlandkonzert der diesjährigen „Aphrodite – Les Foiles“ –Tour von Kylie Minogue. Neutral deshalb, weil ich Kylie  in der weiteren Vergangenheit oft gesehen habe (die Achtziger und MTV lassen grüßen). Und auch zu dem einen oder anderen Titel im Radio habe ich früher mitgesungen. Wobei ich „Can’t get You Out Of My Head“ bisher in der Tat nicht aus meinem Kopf bekommen habe. Jedoch war das Konzert deswegen für mich kein "must have" und in die Kategorie "Fan" mochte ich mich auch nicht einordnen. An der Abendkasse musste ich schon schlucken bevor ich fast 67,- EUR in die Kassenschublade legte.

Was hatte ich erwartet zu sehen ? Eine Madonna für Arme, einen Trällervogel in Parkuhrgröße, Locomotion 2011 ? Das fragten sich bestimmt auch die vielen Besucher von jung bis alt  der praktisch ausverkauften O2-World. Es sei denn sie haben Kylie schon einmal live gesehen und waren so begeistert wie die eigens für die Europa-Tournee angereisten (!) australischen Kylie Fans . 



Zunächst einmal gab es unglaublich viele brilliante Farben die den Besucher über den gesamten Abend begleiteten. Dann gab es die zahlreichen Tänzer die um Kylie herum schwirrten wie die Motten um das Licht. Nicht irgendwelche billigen RTL 2-Hüpfdohlen -  nein, sondern nach meiner Einschätzung waren das sehr gute Tänzer die mit einer perfekten Choreographie einschließlich der Seilakrobatik das Gesamtbild immer wieder stimmig abrundeten. 



Die  23 Songs die sich in  „Act I“ bis „Act „VII“ aufschlüsselten, waren zusätzlich  in römisch-arabischen über brasilianische - bis hin zu elektronischen Klängen eingebettet. 


Unterstrichen wurde die Akustik nicht nur durch Farbe, Animation und Tanz. Auch die diversen Kostüme aller, an der Show Beteiligten, riefen wiederholt ein lautes Staunen hervor.  Nun gut, der Herr hinter dem Römerwagen benötigte mit seinem Kopfpuschel an der Garderobe bestimmt  drei Kleiderhaken . Aber sehr detailverliebt und schick waren die Klamotten schon. 

Klanglich gesehen gab ich dem Konzert auf einer Skala von 1-10 eine gute 7,5 da es leider etwa blechern klang und ein wenig Rückhall gab. Visuell gesehen, im wahrsten Sinne des Wortes – war es ganz klar eine 10. 

Die zahlreich vertretenen Herren der "anderen Seite" im Publikum dürften Tränen in den Augen gehabt haben angesichts der durchaus sehr schön anzusehenden und gut durchtrainierten Tänzer. Schließlich baumelten diese zum Teil akrobatisch-geschmeidig in knappen Höschen vor oder über den Köpfen des Publikums und zum Teil sogar direkt vor dessen Nase herum!

Und ein Teil der Damenwelt hatte sich möglicherweise sogar im Stillen gefragt, ob man denn nicht den einen oder anderen  Adonis  für die nächste Tupperware Party zu Hause mieten konnte? Das Ganze war jedenfalls  mit einer Prise Erotik gewürzt, und optisch war wirklich für alle etwas dabei.

Ein besonderes Schmankerl rundete das Ende der Show ab, nämlich der Einsatz von Wasser ! Das gab es zwar schon oft bei den vielen Konzerten die ich bisher erlebte, allerdings meist versetzt mit Hopfen und Malz. Dieser Showeffekt hier war hingegen simpel, aber effektvoll und hübsch anzusehen 

Im Nachhinein verstand ich dann auch den Sinn der "Splash-Tickets" die für satte, man lese und staune,  250,- EUR verkauft wurden. Stolze Besitzer dieser Karten standen exklusiv im vordersten Bereich vor der Bühne, und anschließend auch fast bis zu den Knöcheln im Wasser , -  „all inclusive“ sozusagen. 

Kylie selbst war beim begeisterten Hamburger Publikum selbstverständlich der Mittelpunkt. Ihre Tanzeinlagen und sonstigen Bewegungen waren bis ins Detail einstudiert und  an die gesamte Choreographie angepasst , - oder umgekehrt ? Egal, es passte jedenfalls alles zuckersüß zusammen so wie die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Und sie wechselte in Windeseile häufig ihre  detailverliebten Kleider, Kostüme und anderen Körperverhüllungen.

Zum heiklen Thema „Live oder nicht?“ halte ich mich zurück. Who cares? Denn die Gesangsperformance von Kylie stand beileibe nicht im Vordergrund. Und außerdem hatte sie in der Beziehung ja noch charmante weibliche Unterstützung. Wenn live gesungen wurde - dann „Hut ab“, wenn nicht war es  auch egal.

Ja und gab es denn auch etwas Negatives zu kritisieren ? 

Entgegen sonstiger Gepflogenheiten wurde keine Zugabe und damit auch nicht „Locomotion“ zelebriert. Einerseits hat ihr das Cover dieses Oldiesongs 1989 den Durchbruch verschafft, andererseits versuchte sie vielleicht mit dem Fehlen dieses Titels nun endgültig  ihr "Teenie -Trällervogel"-Image abzustreifen. Die Darbietung des Singlehits "Can't Get You Out Of My Head" gefiel mir nicht ganz so gut, und ich konnte noch nicht einmal genau sagen warum. 

Schlecht und total nervtötend war zudem die brüllend laute O2-Stampfdisco mittels Selbstbeweihräucherungs-Dauerbeschallung direkt im Gastronomiebereich. Glaubt O2 im Ernst, dass ich kurz vor Konzertbeginn bei dem Lärm auf die Schnelle noch einen Handyvertrag abschließe ? Hallloooo , Euch ist doch unwohl ?! 

Ganz schlecht war jedoch , dass auf der Eintrittskarte "Beginn 22.00 Uhr" stand. Wäre ich vor der Show noch etwas Essen gegangen in dem Glauben dass ich es ja rechtzeitig schaffen würde : April, April! Denn es ging bereits um 21.00 Uhr los! Das war kein feiner Zug des Veranstalters, so mit der Zeit der zahlenden Zuschauer zu spielen. Leider musste ich das beim Konzert von Dream Theater 2007 schon einmal erleben.

Zusammen gefasst war es aber dann doch eine brillante Mischung aus Konzert, Las-Vegas-Show und Musical die ein durchwegs glücklich -strahlendes Publikum hinterließ.

Und das Ganze gab es fast schon zum Spottpreis, wenn man sich bewusst geworden war, was das für eine kostenintensive und aufwändige Produktion war. Solch ein Konzert hatte ich wirklich nicht erwartet . Und ich denke und hoffe dass ich Kylie nicht das letzte Mal gesehen habe. Adieu, Aphrodite - *seufz!
http://www.kylie.com/

Text / Fotos & Clips Matthias Grauer