Um es vorweg zu nehmen: Nein,  sie hat "Believer" nicht gespielt, den Song der bei mir immer Gänsehaut bis in die Fußspitzen erzeugte und dies auch heute noch tut. Das ist die Nummer, die Hoffnungslosigkeit, Melancholie, tiefe Traurigkeit, Hoffnung, Stärke und eine Leichtigkeit wie Watte gleichzeitig ausstrahlt, und welcher 1995 den Verkauf des Niederländischen Bekleidungshauses von Clemens und August (C&A) ankurbeln sollte. Dies war, meiner Erinnerung nach, einer der ersten Spots, die mit Musik, eben Marla Glens Musik unterlegt war. 

Marla Glen - (außer "Believer") kannte ich bis dato nichts von ihr. C&A-Kleidung füllt auch nicht meinen Schrank. Ich hatte mir aber fest vorgenommen, sie mir auf jeden Fall einmal anzusehen. Also nutzte ich die Gelegenheit und besuchte auf ihrer aktuellen Tournee das Konzert in der Blues Garage Isernhagen.

Zu meinem Erstaunen gab es ein überwiegend weibliches Publikum. Mag sein dass die Musik von Marla Glen eher das weibliche Ohr anregt und die Herren der Schöpfung lieber einem erneuten Sieg von Hannover 96  entgegen fiebern wollten. Es ist nicht schwer zu erraten, wer an diesem Abend enttäuscht wurde.

Ganze zehn Mann bzw Frau  - ohne Marla Glen - nahmen die kleine Bühne nahezu komplett in Beschlag. So konnte für den Keyboarder Alex wirklich nur noch ein "Katzenplatz" in der äußersten Ecke neben den Boxen bereit gestellt werden. Und auch der Trompeter Bernhard und der Saxophonist Rico mussten sich ganz schön in die Ecke drücken.
Von Anfang an hatte ich den Eindruck, dass alle sehr gut aufeinander eingespielt waren. Dies ergab ein sehr abgerundetes Klangbild . Wie auf den Videos zu sehen ist, war die ganze Zeit Bewegung in der Band, was das Konzert auch sehr sehenswert machte. Besonders hervorzuheben waren für mich die Background Sängerinnen, die vielen Stücken das gewisse Extra gaben aber auch eine Art Rückgrat darstellten. Denn ohne diese zusätzlichen Stimmen wäre Marlas tiefe Reibeisenstimme für mich nur bedingt zu ertragen gewesen.





Gespielt wurde Blues mit Soul- und Jazzeinflüssen vom Feinsten, der praktisch durchgehend zum lockeren mittanzen und mitwippen animierte. Stellenweise erinnerten mich die Titel an die Leichtigkeit von „Stars“ (Simply Red.) und „The Nightfly“ (Donald Fagen) , manchmal auch an Sade. Für jeden war etwas dabei: „Love-“, "Bloody-", „Freedom-“, "Political-" und "Mama-Songs" . Ohne besondere Extras wurde das Programm entspannt und professionell präsentiert. Die gesamte Setliste  "entschädigte" mich zumindestens allemal für DEN fehlenden Gänsehauttitel.

Und Marla selbst ? Nun, zum einen wusste sie hoffentlich zu schätzen was für Gesangsperlen sie neben sich hatte. Zum anderen wirkte sie zu Beginn... sagen wir mal...: sehr sehr locker und fröhlich, was sich zusammen mit  ihrer Professionalität  sehr positiv auf die Show auswirkte.
Man kann über sie denken was man will aber eines hat sie gewiss: Charisma - und das nicht gerade wenig. Sie zelebrierte in viel zu großen Schuhen und einem viel zu großen Anzug die Show sehr theatralisch ohne dabei aufdringlich zu wirken, - von sehr emotional bis sehr gefühlvoll, ganz besonders, als sie  ihren Hund "Buffy" nach einem „zwischenparken“ im Publikum mit auf die Bühne nahm und den Titel "White Roses",
der ihrer Mutter gewidmet war, vortrug und diesen Abend beeindruckend abschloss.


Zusammenfassend ordne ich auch dieses Konzert in die Kategorie "Toll, dass ich dabei war" ein. Es war jeden Cent, des für die Blues Garage stolzen Eintrittspreises von EUR 40,- wert . Ich habe sie mit Sicherheit nicht das letzte Mal live erlebt und ihre handsignierte CD „Friends“ wird zu meinem festen Repertoire für längere Autofahrten gehören.
http://www.marlaglen.net/

Text, Fotos & Clips:  Matthias Grauer