Selten, ganz selten hatte ich unser schönes "Capitol"  so ausverkauft erlebt, dass sich die Zuschauer sogar in die letzten freien Ecken drückten. Was war passiert? Die knapp 51jährige US-amerikanische Musikerin Melissa Etheridge sorgte für diesen Run auf die hannoverschen Konzertkarten.  Auf der Website von Eventime.de und an der Abendkasse prangte mir zwar ein schlichtes und frustrierendes "Ausverkauft!" entgegen. Doch mit Optimismus und anhand perfektem Timing oder einfach nur mit Glück traf ich noch auf die einzige (!) vor dem Eingang stehende Person welche eine Karte anzubieten hatte.   

Sie hat viel erlebt (Quelle: Wikipedia.de): so ist sie nicht nur Mutter von vier Adoptivkindern sondern bekam vor kurzem sogar einen Stern auf Hollywoods Walk of Fame, sowie in der Vergangenheit einen Oscar und zwei Grammys. Und sie erhielt  bereits zwei Platin- und eine goldene Schallplatte. Alle Achtung! 2004 erkrankte sie an Brustkrebs, im Februar 2011 übernahm sie  eine Rolle im Musical "American Idiot" am Broadway. Nun war sie nach acht Jahren Abwesenheit im Rahmen ihrer "Fearless Love World Tour" auch im schönen Hannover zu Besuch. Gefühlte 95 Prozent der restlichen ca. 1499 Gäste waren weiblicher Natur. Nach der Wissenslücke beim Marla Glen Konzert im Herbst 2010  hatte ich dieses Mal dann auch verstanden warum : Melissa Etheridge ist nicht nur eine bekannte Frauenrechtlerin, sondern ebenso wie Marla Glen eine Ikone für die Damenwelt der "anderen Uferseite". Denn sie outete sich als eine der bekanntesten Künstlerinnen in den USA zu ihrer Homosexualität bei der Vereidigungsfeier von Bill Clinton im Jahre 1993.

Ich kannte Melissa Etheridge zwar in der weiteren Vergangenheit durchaus von CD und aus Musikvideos und ich mochte sie auch gerne hören. Jedoch machte sie auf mich nie den Eindruck eines "echten" Stars was aber ganz und gar nicht negativ war. Denn auch mich faszinierten bisher ihre Natürlichkeit und Lockerheit und vor allem der Charme den sie ausstrahlt(e). Ich konnte daher die Begeisterung der Damen im Publikum, von welchem Ufer auch immer, durchaus nachvollziehen.  

Wie startete Frau dann nach acht Jahren wieder eine Show? So wie sie es auch beendete: sie betrat mit gesenktem Kopf, tanzend und Gitarre spielend die Bühne, um mit einem Fingerschnipsen innerhalb von Sekunden den allseits berühmten Funken im gesamten Capitol zu zünden. Und dieser brannte bis zum Ende des Konzertes auf dem gleichen Level. Wow ! Um das zu erreichen  muss sich so manch anderer alter Hase auf der Bühne erst einmal eine Weile abquälen. Und das letzte Mal erlebte ich das bei dieser Art von Musik vor etwa einem Jahr bei Sade. Und davor? Da muss ich wirklich lange überlegen....   

Während der Show machte sie freundliche Ansagen, flirtete und spaßte mit dem Publikum. Ohne das sonst oft übliche "Künstlergehabe" präsentierte sie sich lediglich  mit viel Energie, Charme und Emotion. Ihre Begleitband sorgte für eine präzise gespielte Untersttzung. Dieser Mix war es wohl , der nicht nur bei mir ein umschmeicheltes "Hach!" auslöste. Auch erwähnenswert ist ihr Können auf der akustischen Gitarre welche ihren Titeln stets einen soften Touch einhauchte und somit das Tüpfelchen auf dem "i" war. Ganz besonders erwähnenswert ist auch das Solo des Bassisten , das sogar einige Takte von "Einigkeit und Recht und Freiheit" beinhaltete. Und ich gab Melissa Recht: Das hatte ich wirklich noch nie erlebt inklusive ihrer Stimmoktaven die sich gemeinsam mit ihrer Gitarre sogar ein "Duell" mit dem Gitarristen lieferten. Fast  alle im Publikum sangen hierbei nicht nur die Refrains mit! Kurz  gesagt: Hut ab , auch vor diesem Publikum. Hannover ist eben doch nicht doofer, das musste jetzt auch mal raus!    

If I Wanted To  (Clip)

Bring Me Some Water  (Clip)

Like The Way I Do  (Clip)

Es gibt praktisch nichts negatives von diesem Abend zu berichten, außer das der Lichttechniker im Gegensatz zum Soundingenieur für  mich jetzt nicht so der Experte war, was sich auf meine visuellen Aufnahmen nicht optimal auswirkten. Sorry, aber da hat ja eine Bushaltestelle mehr  Beleuchtung. 

Sie zog gut zwei Stunden lang mit einer scheinbaren Leichtigkeit des Seins - eben "Like The Way I Do" das Publikum in ihren Bann. Sogar als sie von ihrer Krebskrankheit plauderte  und davon dass sie seit nunmehr acht Jahren wieder gesund sei. Letztendlich sorgte sie für einen unvergesslichen Abend sowie für für eine tolle Einstimmung zum Weltfrauentag der ja am nächsten Tag statt fand.  Danke für diese glänzende Perle und das Seelenbalsam an einem verregneten Winterabend! Oder mit anderen Worten: Du machst es halt einfach auf Deine Art, Melissa. Und wie !
http://www.melissaetheridge.com/  


Text/ Pics  by Matthias Grauer