Sade, die mittlerweile 52-jährige Tochter eines Nigerianers und einer Engländerin hat sich ja bisher recht rar auf deutschen Bühnen gemacht. Ihr letzter Besuch hierzulande war 1993. Daher sagten wir uns anhand ihrer aktuellen Welttournee und zum Start der Deutschlandtour: “jetzt oder vielleicht nie mehr”. Grundsätzlich hatte ich mich nie von der allgemeinen “Ausverkauft!“-Panik anstecken lassen. Liebe Leute, bei einem Konzert mit mehreren tausend Zuschauern gab es  immer jemanden der nicht wollte oder konnte und kein Geld zu verschenken hatte. Also ruhig Blut. 3-2-1 und die Eintrittskarten für eines DER Konzerthighlights dieses Jahres waren unsere. Die elektronische Bucht sowie die freundliche und zuverlässige Wiebke aus Hamburg machten es möglich. So konnten wir ganz entspannt zur O2 World nach Hamburg rollen. Beide nehmen aus meiner Sicht Hannover als langjähriger Konzerthochburg hier im Norden immer mehr den Rang ab. Irgendwie ist das auch nicht verwunderlich, aber dazu später mehr.
 

Vor 27 Jahren (Himmel, wo ist die Zeit geblieben ?!) drehte sich auch bei mir regelmäßig ihr Debütalbum “Diamond Life” auf dem Plattenteller. Aber ansonsten kam sie mir nicht gerade präsent vor. Vielleicht lag dies daran, daß sie keine mediale Aufmerksamkeit wollte und Interviews mit Boulevardmedien grundsätzlich ablehnte (Quelle: Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 14-03-11). Oder daß sie in ihrer immerhin dreißigjährigen Karriere bisher nur 9 Platten veröffentlichte, inklusive eines Live Albums von 2002 und des aktuellen Best-Of-Album, das in perfektem Timing 4 Tage vor diesem Tourneestart veröffentlich wurde. Auch ihre Chartplatzierungen erreichten in Europa und den Vereinigten Staaten bis auf drei Ausnahmen (“Your Love Is King”, 1986 in GB und “Smooth Operator” sowie “The Sweetest Taboo, 1984 und 1985 in den U.S.A) nur Plätze jenseits der Top 10 (Quelle: Wikipedia.de). 

Zu diesem “Konzertleckerbissen” gehörte natürlich auch eine “Vorspeise” welche ja dann Appetit auf das “Hauptmenü” machen sollte. So hatten die Herren von “The Jolly Boys” aus Kingston, Jamaika pünktlich ab 20 Uhr die Ehre uns Sade so richtig schmackhaft zu machen. Nun gut, in Anbetracht der Tatsachen dass 1. die Band vor 55 Jahren gegründet wurde (dafür brauchen die Stones auch nicht mehr allzu lange..), 2. sie schon auf Parties mit Erol Flynn gespielt haben und 3. das Durchschnittsalter etwa bei 65 lag:  Nice to see - aber so richtig hat es nicht gepasst. Und wir empfanden es als viel zu laut für diese Art von Musik . Liebe Techniker, das war wirklich nicht nötig. 

Die 02 World , welche den diversen anderen Arenen in unserem schönen Land von innen wie ein Ei dem anderen gleicht, fasst nach meiner Einschätzung bei einem bestuhlten Innenraum ca. 9 - 10.000 Zuschauer. Laut des Hamburger Abendblattes (Onlineausgabe vom 03-05-11nach Konzertende) fanden sich 6.500 Zuschauer ein. Wie auch immer: die Halle wirkte wie ausverkauft. Und es war mal ganz erfrischend nicht zwischen 20 Jahre alten Metalfans mit ungewaschenen Kutten und in Bierlachen zu stehen sondern im Unterrang zu sitzen. Das Publikum spiegelte einen mittleren Altersdurchschnitt wider. Nach zwei KISS - Shows sowie dem Konzert von Kylie Minogue war ich erneut angenehm überrascht von den Hanseaten - von wegen reserviert! Auch diesmal hätten sich sowohl das Publikum aus Hannover als auch das Hallenpersonal eine Scheibe abschneiden können. 



Was hatten wir nun von Sade in einer Live-Show zu erwarten? Einen Eindruck davon konnten wir uns bereits zu Hause machen, dank eines 3SAT Konzertmitschnittes ihrer “Lovers Live Tour 2001” .Und ab 21.15 Uhr konnten wir uns dann selbst  von Ihren Live Qualitäten überzeugen. Brauchte sie so wie Madonna knappe Outfits, Hüpfdohlen um sie herum oder ein Kreuz zum annageln und eine Lederpeitsche ? Ein ganz eindeutiges “NEIN!“ beantwortete diese Frage bereits nach den ersten Takten ihres typischen souligen Barjazz. Die wenigen Rezeptzutaten für das “Hauptmenü“ hießen: eine hochglanzpolierte Bühne mit Fahrstühlen und schwenkbaren Bodenplatten, wundervolle Lichteffekte, Bühnenverhüllungen und projizierte Videosequenzen - sonst nichts. So konnten wir uns auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich auf eine verdammt, gute Sängerin , die in  einem engen schwarzen Einteiler mit High Heels und Pferdeschwanz bis zum roten Samtkleid und barfuss mit offenen Haaren einen Querschnitt ihrer bisherigen Alben darbot. Dieser wurde gemeinsam mit ihrer starken Aura und lasziven Bewegungen präsentiert.




Sie sang viel von “Love” - “wider than Victoria Lake, ‘Taller then  Empire State”  - und genauso füllte auch der exzellente Klang die Halle. Unterstützt wurde sie von einer sehr guten Band die auch die feinsten Noten und Klänge souverän beherrschte aber dennoch stets dezent im Hintergrund blieb. Beide wurden vom Publikum abgefeiert und die Sitzplätze auch in den Rängen waren spätestens nach dem dritten Titel nur noch Formsache. Zur Setliste:  “Sorry -  no Setlist” hieß es auch diesmal. Und um ganz ehrlich zu sein: weiße DIN-A4-Seiten, mit farbigem Klebeband lieblos auf dem Bühnenboden festgeklebt, hätten hier  ganz einfach nicht in das Bild gepasst.

Zusammen gefasst waren wir sehr froh das “Kunstwerk Sade” ein mal live gesehen zu haben. Denn als “Smooth Operator” führte sie für gut zwei unvergessliche Stunden durch die Show. Da verschmerzte man auch ohne weiteres den stolzen (offiziellen) Eintrittspreis von immerhin 96,- EUR für Innenraum bzw. Unterrang .



http://www.sade.com/de/home/


All Pics/Clips & Review by Matthias Grauer