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Eine
Psychoanalyse ist dazu da um ein Individuum und dessen
Charaktereigenschaften bis ins kleinste Detail auseinander zu
dividieren. In diesem Fall ist das Objekt der Versuchung allerdings
keine Einzelperson, sondern eine Vereinigung verschiedenster
Molikularstrukturen, die sich irgendwann zu einem Ganzen verbunden hat.
Noch schwieriger wird das Unterfangen unter dem Aspekt, dass bis auf
eine flüchtige Ausnahme, noch nie ein persönlicher Kontakt zu dieser
Ansammlung extrovertierter, musisch-exotischer
Vielfalt zustande gekommen ist. Lediglich die genaue Beobachtung insgesamt zweier
Live-Auftritte, der ein Best of... Album vorangegangen war, und die
generelle Medieninformation müssen herhalten, um zu
versuchen, eine Charakterstudie über eine – eben außergewöhnliche
Rockband zu erstellen. – Okay, das Ganze klingt naiv und ein wenig
verrückt. Aber es ist genau das Wenige, das den Reiz anschürt, hier
noch das bestmögliche heraus zu holen. – Nein, es wird hier
kein
Werdegang und auch kein Karriere Salto Mortale aufgelistet, keine Jahreszahlen
oder Fakten wie sie bei jedem Künstler aus den verschiedensten
Schubladen wieder und immer wieder zu lesen sind. Wozu gibt’s das
Internet ?! - Außerdem gehört diese Combo ohnehin schon zu jenen
hier in deutschen Landen, über die gerade im letzten Jahr besonders
viel diskutiert wurde. Und das nicht nur, weil sie zu dem, seit einigen
Jahren äußerst beliebten, sogenannten, bzw. - Begriff kreiertem Mittelalterrock Genre gehören.
Was ist das eigentlich - Mittelalterrock? So ein Stumpfsinn!
Jendenfalls ist es ein sehr breit gefächerter ziemlich überflüssiger Begriff in meinen Augen, wenn Ihr mich fragt. Ich für meinen Teil lehne jegliches Schubladen-Denken ab in Hinsicht auf das zuordnen spezifischer Unterteilungen innerhalb der Rockmusik. Rock ist Rock, mal mehr mal weniger, mal defizil und mal härter. bis hin am Rande zur Fast-Geräuschkulisse.- Ob mit oder ohne Dudelei. ![]() Also, was versteht man unter dieser Stilistik? Für manche Freaks genügt eben dieser Dudelsack beim Instrumente-Inventar, und schwupps verwandelt das Monstrum und sein schriller, eindringlicher Ton das Ambiente in eine imaginäre Vorzeit. Oder sind es bestimmte Prosa aus dem 16.Jahrhundert, die wieder aufgenommen, in die Musik der Neuzeit eingebettet sind?! Wobei am Rande bemerkt, das 16. Jahrhundert gar nicht mehr zur Mittelalter-Epoche gehört..... Für alle Unwissenden – Letztere wurde 1492 durch die Neugier und die Unrast eines gewissen Christopher Columbus beendet, der es nicht lassen konnte, so lange über den großen Teich zu eiern, bis er auf der Insel Guanahaní landete, ein Atoll das zu der Bahamas Inselgruppe gehört und er damit ergo.... ganz offiziell Amerika entdeckt hatte. – Aber lassen wir den Geschichtsunterricht und die Ausschweifungen in historische Fakten, die ohnehin nicht so ganz exakt der Wahrheit entsprechen, da anscheinend die Wikinger schon lange vorher ihre Quadratlatschen auf den neuen Kontinent gesetzt haben sollen. – Fakt ist jedenfalls zusammenfassend, dass unsere Unterhalter der Gegenwart versuchen ihrer Musik anhand von teilweise mittelalterlichen Instrumenten, lyrischer Prosa von heute bis anno dazumal, (2 – 300 Jahrhunderte hin oder her... - egal) ,sowie einem abstrakt- antikem Aussehen, sich jene ganz spezielle Ader verleihen. Manche Vertreter dieser Gangart setzen dabei auf Past tense Image pur, andere servieren ihren Cocktail lieber exotisch gemixt, nicht gerührt, aber gut geschüttelt, so wie eben unsere Freunde hier. Und damit wären wir wieder beim eigentlichen Herzstück dieser Analyse. Die exotische Mixtur besteht aus so gegensätzlichen Zutaten wie Drehleier, Schallmai, Dudelsack, E-Gitarre, Bass und Schlagzeug etc. Diese vermischt man mit herzzerreißender Dichtung, die sich vor allem um die eigene sexuelle Erniedrigung urmenschlichster Gelüste dreht, und würzt den schäumenden Saft mit dem erotisch-vibrierendem Timbre einer durchdringenden Stimme, die keinen Widerspruch duldet wenn sie dich langsam durch den Fleischwolf dreht. Serviert wird der kochend-heiße Nektar letztendlich von der magischen Aura eines, im wahrsten Wort, elektrifizierenden Septets, das wiederum nur als ein Ganzes diese überwältigende Wirkung auf seine Schäflein erzielt. ![]() Trotzdem gibt es auch hier, wie bei jeder Bloody Mary, Mai Tai oder Whiskey Sour eine ganz spezielle Note, ohne die, auch der köstlichste Juice nur lauwarm schmecken würde. So in etwa wie heißer Sex in allen Variationen mit einer Erregung bis Pulsschlag 250, aber der Orgasmus bleibt aus. - Keine Angst, das trifft hier mitnichten zu. Der spezielle Espirit ist eine Vermischung verschiedenster kleiner Nebensächlichkeiten, die trotzdem alle miteinander verbunden, so ausschlaggebend sind für den letztendlichen Funken, der das Publikum in Ekstase versetzt und eben jene multiplen Orgasmen im übertragenen Sinn auslöst. Ich spreche von der fruchtig gelben Zitrone im Whiskey Sour, bzw. einer unbeweglichen Mimik in einem schönen Gesicht, das auf einen stillen Charakter schließen lässt und doch so eindringlich die mittelalterliche Instrumentierung zelebriert. Es ist der Zucker am Glasrand einer Margerita, der als Nonstop Smile in den Augen einer sechs Saiten zupfenden Frohnatur süß auf der Zunge schmilzt. Oder aber die feine Fruchtsäure eines hawaiianischen MaiTais dessen schlüpfrige Lychee Garnierung sich selbstständig macht, vom Publikum gesehen, rechts außen. Wie schaut’s aus mit dem Eiswürfel von einem Scotch on the rocks, mitten im Dschungel, der langsam im Mund zergeht, unauffällig, fast durchsichtig, aber doch so present und voller Kurzanekdoten, die beim drauf beißen mental und auch auf den 4 Strings und dem Trumscheit heraus sprudeln. Oder wie wär’s mit einem Lava Flow, der gewaltig, überproportional und rot wie Blut überschäumt., heftig und doch zart wie der Klang einer Harfe oder einer Schalmei. Die Emotion liegt dabei eher in der Erscheinung als im Augenaufschlag. Das gleiche gilt für den Rhythmus, der Aorta der Gesamteinheit. Tja und last but not least bleibt noch der Pfeffer, der einer Bloody Mary die Schärfe verleiht und die Sinne auf ‚condition critical’ puscht.
Er erwischt dich eiskalt mit einer immensen Ausstrahlung, rinnt deine Kehle hinunter und nimmt dir dabei die Luft zum atmen. Die zuerst erwähnte spezielle Note bekommt dadurch ihren letzten, und auch den wohl ausschlaggebendsten Schliff und rundet den Cocktail ab. Und dieser hier wird hart serviert, sehr hart sogar. Es ist die Spitze des Eisbergs, der den Saft mal schnell und schneidend, und dann aber wieder tropfenweise, langsam, an dir herunter rinnen lässt. Da wiederum spielen mehrere Aspekte zusammen, die Optik, die Aura, die tiefe orale Tonlage und die übermächtige Gestik, die auf ein sehr ausgeprägtes Ego schließen lässt. Jemand, der genau weiß was er will und was er auch bekommt. Jemand der an die Grenzen seines eigenen Ichs geht um etwas in Bewegung zu setzen und das auch tatsächlich zustande bringt. Lass ihn einen Rosenstock bei – 40 Grad in Sibirien einpflanzen, und er bringt ihn zum blühen. So erzählt es zumindest der Funke der uns mit aller Kraft entgegen geschleudert wird, unterstrichen durch die emotionale Darbietung sowohl in Melodie, Rhythmus, Wortlaut und lasziver Fortbewegung. – Was ich andererseits damit aber sagen will, - es ist nicht nur diese bestimmte Musik, oder die Performance. Es ist vielmehr oder ganz einfach die Magie, - die, die man nicht anfassen kann, die, die einfach vorhanden ist oder auch nicht, die, die man nicht erklären kann. Versuch' erst gar nicht sie zu verstehen..... Es ist simpel und einfach dieses undefinierbare Potpuree, der eine Psychoanalyse, oder sollte ich besser sagen, Liebeserklärung verdient hat.
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Dieser Artikel
erschien in der Mai 2007 Ausgabe der westösterreichischen Unizeitung
(Auflage 60.000) in Hinblick auf
den In Extremo Auftritt am 06.07. 2007 in München am Tollwood Festival
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