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31. 3. 2004 München  Backstage
Eric Sardinas

Ich habe den guten Mann jetzt schon 3x live spielen gesehen, und jede Performance  war eine Steigerung zu der vorhergehenden....Trotz seines  L.A. Glamrocker - Aussehens,  hat Eric mehr oder weniger den Mississippi-Delta - Blues für sich gepachtet. Mein Gott, was für ein Gitarrist!!! Robert Johnson, Washboard Sam und Blind Willy Fulton hätten ihre helle Freude gehabt, könnten sie das noch erleben. 

Das ist Blues wie er leibt und lebt und niemals sterben wird. Zumindest, solange er noch solche Erben wie eben Eric Sardinas hat. Der hat diesen Stil weiter entwickelt und perfektioniert, mit einem modernen Touch und einer härteren Kante versehen. So, wie man eben den 30er Jahre Blues heute spielen würde. Und wenn man das auch noch so inbrünstig und mit Leib und Seele tut, wie eben Sardinas, dann springt auch noch immer dieser gewisse Funke über, der einen in Ehrfurcht erschauern lässt und vollkommen gefangen nimmt. Das geht allerdings soweit, dass die Musik fast schon Salto Mortale schlägt, und selbst mir, als altem Bluesrock-Liebhaber um ein Spur zu intensiv ist.... Fiedeln auf der Slidegitarre hin oder her, - wir alle wissen, dass du’s kannst, Eric.... aber man kanns auch etwas übertreiben. Allerdings findet der zwischenzeitliche Tiefpunkt ein jähes Ende, als die Gitarre in Flammen aufgeht, und der Meister höchstpersönlich ein Bad in der Menge nimmt, umschwärmt von der holden Weiblichkeit, die mit sehnsüchtigen Blicken seinen imposant tätowierten Body verschlingen. Zweieinhalb Stunden dauert das Intermezzo, und der Eindruck, irgendwo ganz tief unten im Süden von Louisiana zu sein, wird fast schon Wirklichkeit.

Immerhin spielt Sardinas diesmal in einem doppelt so großen Venue mit mindestens dreifach so vielen Zuschauern. Das ist ein Anfang, und ich bin mir ganz sicher, dass er die großen Bühnen auch noch schafft. Bei so einem Können und so einer offensichtlichen  Spielfreude muss das einfach die logische Schlussfolgerung sein. Und ich bin sicher, Robert Johnson hält von oben seine segnende Hand über ihn.... in Sanctus Spiritus.....

                                                                                               


30. 3. 2004 München  Backstage
Vanilla Fudge / The Lizards

“Sir Lord Baltimore” hieß Anfang der 70er Jahre eine amerikanische Psychodelic Rockband, die sich zwar einen Namen machen konnte, aber nie den großen Durchbruch schaffte. Das Resultat war eine nicht allzu lange Lebensdauer dieser Gruppe. John Garner war Sir Lord Baltimore. John Garner ist heute “The Lizards”. Eine Formation, die mit bislang 3 Alben noch relativ neu am Rock’n’Roll Himmel ist…Demzufolge hängt man sich sicherheitshalber als Support an den Bandwagon von Vanilla Fudge dran, um gerade hier in Europa erste Eindrücke zu hinterlassen. Eine Besonderheit gibt es aber dann doch bei „The Lizards“. Bobby Rondinelli, den Schlagzeuger, den wir alle noch von Rainbow-Zeiten her kennen, ist verhindert, dank seiner Doppeltätigkeit für Blue Öyster Cult. Also ist Vinnie Appice eingesprungen, der schon bei Black Sabbath und DIO die Schlagstöcke geschwungen hat in der Vergangenheit. Und dieser Herr wiederum ist kein Geringerer, als der jüngere Bruder des Drummers von Vanilla Fudge. Und der heißt, wie könnte es anders sein, Carmine Appice. Sowohl für Vinnie als auch für Carmine ist es das allererste Mal, dass sie gemeinsam eine Tournee bestreiten. Gefeiert wird das in Form eines einzigartigen Doppel-Schlagzeug-Solos der Beiden, während dem Auftritt von The Lizards.... Wir sind beeindruckt! – John Garner, um einige Tönnchen Leibesumfang zugelegt seit den Glory Seventees und eher an Pan Tau erinnernd, samt Frack und Melone hat dennoch nichts von seiner überwältigenden Bühnenpräsenz verloren. Blickfang und Tenor bestimmen das Bild. Neben ihm Gitarrist Patrick Klein, der zwar äußerlich einem Urenkel der legendären „Lords“ ähnelt, aber sein Instrument beherrscht, wie Michael Schuhmacher sein Cockpit. Und last but not least Randy Pratt am Bass. Wobei der Bass fast mehr Volumen aufweist als er selbst. Aber das sei nur nebenbei erwähnt. Psychodelische Rhythmen gepaart mit einem harten Beat, nicht ohne eine gewissen Bluesnote im Unterton. Aber die Rechnung geht auf, und das Vanilla Fudge Publikum nimmt die Band mit sichtlichem Wohlgefallen auf....

Das nenne ich eine Reunion, nach dem Motto, sie kamen (wieder), sahen und siegten. Jawohl! Allen voran natürlich Feldwebel Carmine Appice, der sein $ 16.000,-- Dollar Schlagzeug wie einen Altar behandelt, von dem aus er auf seine Schäflein herab blickt.  Er war und ist die treibende Kraft hinter Vanilla Fudge. Auch wenn der Rest der Truppe wahrlich mehr als nur bemerkenswert ist. Tim Bogert, ebenfalls Urvieh, - in jeder Beziehung, strotzt vor lauter Spielfreude, auch wenn er aussieht, wie Opas Zwillingsbruder mit schlohweißem Haar und dioptrien-starker Nickelbrille. Aber auch er gehört zu Vanilla Fudge wie die Milch zum Käse. Verstärkt werden die Beiden noch durch Teddy Rondinelli an der Gitarre und Bill Pascali an der Orgel, bzw. dem Keyboard. Den Gesang teilen sich hauptsächlich Pascali und Appice. Und wie könnte es anders sein... Natürlich beinhaltet das Set ein über 8minütiges „you Keep Me Hangin’ On, auf das ausnahmslos jeder hier von Beginn weg gewartet hat. „Tearin’ Up My Heart, - ein unbedingtes Muss und „She’s Not There“.....im Original von den Zombies. Aber den Höhepunkt stellt eine geniale Version des Rod Stewart Klassikers „do Ya’ Think I’m Sexy“, den Carmine Appice höchstpersönlich damals für den guten Roddy gepent hat. Und auf Grund dessen, wird die Fudge Version selbstverständlich auch von ihm gesungen. Tja, ob Carmine sexy ist oder nicht, das scheiden sich die Geschmäcker. Tatsache ist, dass der brave Junge scheinbar um kein Deut gealtert ist seit den Siebzigern, oh sorry, Sechzigern. Denn da standen Vanilla Fudge schon auf den Rock’n’Roll Brettern. Deshalb auch seine berechtigte Frage: „Do Ya’ Think I’m Sexy?“  Capito? –Wie auch immer, - Vanilla Fudge sind weder geklont noch geliftet, höchstens dank Frischzellenkur und Haarfarbe und neuer Energie etwas aufgemöbelt... Push up ...irgendsowas nennt man das, glaub ich. Und die Menge liebt sie dafür. – Ergo... Test ist bestanden, Jungs, ihr dürft wieder kommen und uns nochmal überzeugen, dass Euer Original von „You Keep Me Hangin’ On“ im Gegensatz zu Kim Wildes Riesenhit-Version der Achtziger Jahre, doch noch die Allerbeste ist. – Kleines Manko am Rande, und wahrscheinlich nur von mir bemerkt.... wo zum Teufel habt Ihr „Golden Age Dream“ gelassen? – Was??? – Na ja, - das ist der beste Song, den Vanilla Fudge je verbrochen haben. Aber...- und das ist wahrscheinlich des Rätsels Lösung.... es war niemals ein Hit gewesen... Solong, nächstes Mal schreib ich’s auf die Wunschliste... sonst gibt’s keine Fotos mehr, Carmine!