25


1. 6. 2004 München  Muffathalle
Eric Burdon

63 Jahre und kein bißchen weise, oder doch?! Nun, sein Schärflein hat Mr. Eric Burdon mit Sicherheit schon lange im trockenen. Das wird jetzt mit einer hübschen Autobiographie unterstrichen und der gegenwärtigen ausführlichen Tournee samt Barhocker und Animals. Letztere sind zwar nicht mehr die Originale aus den Sechzigern, aber das spielt keine wesentliche Rolle, da Eric Burdon als Kultfigur sowieso jedes andere Objekt auf der Bühne in den Schatten stellt, und das bei einer Körpergröße von gerade mal 1.65, wenn überhaupt. Wahrscheinlich hat ihn das jahrelange Rock’n’Roll Leben noch zusätzlich etwas schrumpfen lassen. – Einer der Gründe, warum der Barhocker in der Mitte der Bühne thront und Klein-Eric zu vermehrter Souveränität  verhilft. Und zweitens ist das Stehvermögen mit 63 auch nicht mehr das, was es mal mit 20 war. Aber das sei ihm allemal verziehen. Wir werden ja alle auch nicht jünger. 

Seine Ausstrahlungskraft hat er nicht eingebüßt und seine Stimme noch weniger. Das was uns Mr. Burdon hier offeriert, ist eine bunte Nostalgie-Mischung aus Golden Oldies, den Klassikern aber auch Songs aus seinem brandneuen Studioalbum. Er mischt es gut durch mit humorvollen Zwischenkommentaren und viel Charme versehen. Er versteht es das Publikum, das übrigens nicht nur aus Vätern in der Midlife Crisis und Mamis mit Teenagerträumen besteht, - für sich einzunehmen. Nein, es befinden sich durchaus genügend Midzwanziger- und Dreißiger unter den Zuschauern, die noch in den Windeln lagen, als „House of The Rising Sun“ zum Kulthit avancierte. Bzw. flogen sie zu jener Zeit noch mit den Störchen. Auch „Don’t let Me Be Misunderstood” darf auf keinen Fall fehlen. Die beiden Hymnen werden den guten alten Eric auch noch verfolgen, wenn er irgendwann mit den Englein im Himmel frohlockt. Aber dass letzteres so schnell noch nicht der Fall sein wird, zeigt hier und jetzt seine unerschütterliche Stehaufmännchen – Energie, die er während des eineinhalb Stundensets an den Tag legt. Gerade mal frisch vermählt mit einer holden Lieblichkeit, die gut und gern und locker als seine Enkeltochter durchgehen könnte, hat ihm dies wahrscheinlich den Jungbrunnen zurück gebracht und den ungebrochenen Tatendrang. Jawohl, unser Kleiner überzeugt uns voll und ganz mit bluesigem Touch und rauchigem Timbre.... fast genauso wie in alten Zeiten. Gepriesen sei das jetzt und heute und die Rising Sun in alle Ewigkeit Amen


                                                                                         


31. 5. 2004 Salzburg/Austria  Rockhaus
WASP


Jauuu!!! Da kommt Freude auf. Wasp wie sie leiben und leben, bzw. Blacky wie er schreit und kreischt. Frankensteins Monster würde vor Neid grün erblassen und das Phantom der Oper verwandelt sich in einen Rauschgoldengel resignierend bei so viel Ausstrahlung einer Metamorphose. – Wo hast du dich versteckt  über all die Jahre, um jetzt mit aller Vehemenz wieder zuzuschlagen samt Skelettthron und neuen Wegkumpanen. Während das Möbelstück doch schon so einige Jährchen auf dem Buckel hat und zum alteingesessenen WASP-Inventar gehört, so sind Blackys Leibeigene, noch eher unbedarft im Genre. Aber scheißegal. WASP ist eigentlich nur Blacky Lawless und Blacky war WASP, ist WASP und wird immer WASP bleiben, solange es dieses Hardrock Individuum gibt, Punkt um. Mami schüttelt nach wie vor entsetzt den Kopf, wenn das dämonisch-sexy Grinsen des Oberindianer von diversen Fotos Salti schlägt, und wir sind immer noch fasziniert von der Aura eines genialen Showmans, der sich brillant in Szene zu setzen weiß und seit den Achtzigern keinen Deut gealtert zu sein scheint. Nein, das hier ist kein Irrer und auch kein Fantast. In der Tat ist Blacky ein eiskalter Profi, dessen Konzept 100%  durch kalkuliert ist. Die Show beginnt auf die Minute genau, und sie dauert exakt so lange, wie es auf der Setlist vorgegeben ist, und keine Sekunde länger. Die Ketchup-Spritzerei mit Fleischbeschau, die man bei WASP vor 15- und mehr Jahren praktiziert hat, gehört der Vergangenheit an. Ob es einfach nicht mehr zeitgemäß ist, zu aufwendig oder weil Mr.Lawless nicht wieder exakt die selbe Linie fahren will, sei dahin gestellt. Aufgefallen ist das den Wenigsten im Publikum, da der größte Teil dieser Fans hier mit Sicherheit keine Vergleichsmöglichkeiten zu anno dazumal hat, zumindest was die Live-Show angeht. Deshalb fährt Blacky auch die sichere Schiene eines Best off.... Paketes, das sich da aus „Wild Child“, „Fuck Like A Beast“, „I Wanna Be Somebody“, der Zugabe „Blind In Texas“ uvm. zusammen setzt. Lediglich zwei Tracks aus dem aktuellen Album „The Neon God Part I“ finden ihren Weg ins Programm. 

Zeitgeist könnte man die Strategie des Halbindianers nennen
. Heavy Metal Sound der Achtziger gekonnt in ein neues Jahrtausend transferiert mit einem Touch irrealer Paranoia. Er besitzt diesen hypnotischen Blick, der die Fliegen zum Kuhmist,... pardon, - die Fans  zur totale Aufgabe veranlasst anhand von wahnwitzigen Headbanger – Orgien. Würde er seine Mitstreiter da up on stage nicht zwecks musikalischer Untermalung benötigen, dann würde Blacky Lawless sich selbst genügen, um die 400 versammelten Seelen hier einen Pakt mit dem Teufel unterschreiben zu lassen in absoluter Hingabe und Resignation. Und er weiß nur zu genau, diesen Umstand so weit wie möglich auszuschlachten mit eben diesem vorhin erwähnten Kalkül. Vergessen sind die Jahre der Abstinenz von WASP auf europäischen Bühnenbrettern. Vergessen ist der eher kleine Rahmen  der Austragungsstätte. Und vergessen ist auch mein Verdruss, dass einen Tag zuvor in München, der ganze Zauber von einer Sekunde auf die andere aus unpässlichen Gründen geschmissen worden war und ich den Weg hier her nach Salzburg bei absolutem Mistwetter in Kauf nehmen musste. Nein, dieses Schauspiel hier hat sich durchaus gelohnt. Eine solide WASP – Best Of  Performance, mit einem unvergänglichen Wild Child / Man als Frontmann, der - wild in Te...äh..Salzburg - wie ein Beast auf der Bühne gef... okay lassen wir das... – Wie auch immer, - He is Somebody , und wird es für die Zukunft hoffentlich noch des öfteren auch in unseren Gefilden wieder sein.... Hoch lebe der Neon God mit allen Konsequenzen....

                                                                                                    noch mehr Fotos - h i e r

                                                                                              


29. 5. 2004 München  Muffathalle
Bad Religion

...da üben sie sich erst in jahrelanger Abstinenz, und jetzt tun sie so, als ob sie niemals weg gewesen wären... Nun wenigstens ein neues Album haben Bad Religion im Gepäck, und dieses politisiert so ungeheuerlich, dass sich die Balken biegen. Sollte Präsident Bush dieses Werk jemals zu Ohr bekommen, dann erwägt er wahrscheinlich hinterher ernstlich als Novize in ein tibetanischen Bergkloster zu übersiedeln samt Eremiten-Freibrief. – Was die amerikanischen Pseudo-Punker damit tatsächlich bezwecken wollen, sei dahin gestellt. Denn eines ist sicher, die Leute, die zu ihren Auftritten kommen, sind meinetwegen viatnamesische Äquator-Eskimos oder katalanische Berufsboxer, aber mit Sicherheit keine politisch engagierten Protestjünger. Wie auch immer, zumindest gehören Bad Religion musikalisch zu den Verfechtern in Sachen – haltet den Punk am Leben. Das tun sie einhämmernd,  wahrhaftig und mit Donnerwetter. Und das auch noch ohne jegliche Imagepflege. Mit dem Look von biederen Bankangestellten und braven Schwiegermütter-Lieblingen lassen die fünf Amis die Sau raus, dass ein Meteoreinschlag auf dem Jupiter sich dagegen ausnimmt, wie eine segelnde Seifenblase im luftleeren Raum. Der Fotograben wird zur Todeszone dank lebendiger Wurfgeschosse, die aus der wogenden Masse wie aus einem Schleudersitz empor kataputiert werden, zielsicher auf meinen Schultern oder sonst was zu landen. – ich schließe jetzt wirklich bald eine Lebensversicherung ab für Events dieser Art.

Aber Bad Religion zeigen sich von dererlei Aktivitäten da unten unbeeindruckt und hämmern weiter, was die Bühnenbretter zittern. Ganze 25 Songs stehen auf der Setlist, die im durchschnittlichen 1 ½ Minuten Takt durch gedonnert werden wie ein Düsenantrieb mit Schallgeschwindigkeit. Die Ramones, - hab sie selig, - würden vor Neid erblassen, könnten sie das hier noch miterleben. Brauchen sie aber nicht, denn ihren Kultstatus werden Bad Religion wahrscheinlich nie erreichen, was aber wohl eher am gegenwärtigen Zeitgeschehen der Musikhistory liegen dürfte. Immerhin hat diese Band hier wesentlich dazu beigetragen und tut es noch immer, um den Punk wieder aufleben zu lassen, in modernem Gewand versteht sich. – Und abschließend wird absolut (un) – passend mit der Hymne schlechthin protestiert, demonstriert und bekräftigt..... „This Is Not A Punk Rock Song” ……Aber nicht doch, oder doch? –