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10. 03. 2005 München Metropolis
Nazareth

Nazareth sind keine Band mehr, - nein, sie sind vielmehr eine Institution, eine Legende, eine Spuckgeschichte. Hits und altbekannte Gassenhauer hat man genügend vorzuweisen aus den vergangenen 300 Jahren. Na ja, ganz so viele sind es denn doch noch nicht. Aber es reicht als Garantieschein, dass sich auch diesmal ca. 400 Dinos, Großväter, Methusalems, aber auch Nachfahren der Seventees – Rock’n’Roll Generation eingefunden haben und die Festung, bzw. das Metropolis gut gefüllt ist. Vom Hippie Opa bis zur Rockerbraut sind sämtliche Generationen friedlich miteinander vereint und feiern zum mindestens 150sten Mal den Gespenster-Rap dank Songs wie „Dream On“, „Razamanaz“, „Love Hurts“, „Miss Misery“ und natürlich die unverwüstliche Zugabe „This Flight Tonight“. – Nazareth sind jenseits von gut und böse, sind erhaben über Klischees und gute Geister (ausgenommen die aus der Flasche) und scheren sich einen Teufel um Konventionen. Ob der tonnenweise Verbrauch von Trockeneisnebel nur als Zusatz-Wauw-Effekt gedacht ist, zur Gespenstervertreibung oder eher zur Verschleierung unübersehbarer Tatsachen entzieht sich meiner Kenntnis. Sei es Dan McCaffertys lädiertes Beißwerkzeug, das sich bei jedem Vokallaut in all seiner Pracht offenbart, und bei dessen Anblick jeder Dentist das Geschäft seines Lebens wittern würde. Oder ist es Pete Angnews Eierkopf, der augenscheinlich weder auf Priorinkapseln noch auf Wunderhaarwuchsmittel anspricht. – Jedenfalls nicht mehr. Ist er doch neben Cafferty das einzig überlebende Original-Mitglied dieser Band. Aber Rock’n’Roll ist bekanntlich Sex, und Glatzköpfe sind bekanntlich sexy, egal wie alt sie sind. Aber zumindest hat Angew die nächste Generation in die Gruppe mit eingebracht. Denn am Schlagzeug sitzt kein geringerer als sein Sprössling Lee Agnew. Und um das Ganze zu vervollständigen, die Gitarre zupft der immerhin schon 41jährige Jimmy Murrison. Eines haben sie alle gemeinsam. Sie sind waschechte Schotten. 

Den Trockeneisnebel haben Nazareth wahrscheinlich sogar von dort mitgebracht. Und der steht den Schwaden in den Highlands sicherlich in nichts nach. Er sorgt dafür, dass man wie gesagt, mehr hört wie sieht und lassen jedem Fotografen die Haare zu Berge stehen in panischer Vorahnung auf optischen Blendenhorror. Gott sei Dank befinden sich nur zwei Vertreter der knipsenden Zunft vor Ort.... andererseits bin da leider ich auch dabei, in Selbstmitleid zerfließend und auf ein Wunder hoffend.
Nazareth lassen die Schwarten krachen. Nein, sie sind mitnichten eine abgehalfterte Oldieband, die nur noch wegen der Knete durch die Lande tingelt. Erstklassiges B-Movie würde ich sagen mit der Nostalgie vergangener Tage und der huldigenden Unterstützung ihrer zum Großteil gleichaltrigen Grufti-Verehrer. Allerdings ist mir nicht ganz klar, ob es sich bei  dem Cover von „Cocaine“ um eine  reine Hommage an JJ Cale  handelt oder ob den schottischen Rockdinos die Ghoststories zu Geiste gestiegen sind.... Oscar Wilde hätte sein Gespenst von Canterville zur Verstärkung sicher gerne ausgeliehen. Im großen und ganzen ein bodenständiger Act, der so manchen Jungspund mit Leichtigkeit wegzaubert. Hokus Pokus Fidibus.  



                                                 
                                                   


02.03.2005 München  Backstage
The Donnas

Die Frauen sind im Vormarsch, ich sag’s ja! – Auch wenn es im Hardrock Genre nicht viele Vertreterinnen des schwachen Geschlechts gibt. Aber die Donnas aus Kalifornien wollen einmal mehr beweisen, dass eben auch Frauen in der Lage sind, harten, straighten und kompromisslosen Rock’n’Roll zu produzieren. Zum zweiten Mal sind die Donnas jetzt auch in Europa zu Gast mit ihrem zweiten Album „Gold Medal“ im Gepäck. Nein, die Mädels sind nicht aufgedonnert, wie vielleicht ihr Name vermuten lässt, nicht glitzernd und glamourös wie z.B. Vixen es waren. Sie treten in Jeans und T-Shirt auf ohne großen Firlefanz, natürlich und ohne Haarspray-Fixierung und teilweise auch ohne Modelmaße. Aber das spielt alles keine Rolle. The Donnas mögen es roh, natürlich und frei weg von der Leber. Ihre Musik beinhaltet weder triefende Schnulzen noch Balladen sondern fetzigen Rock. Und die Texte handeln nicht von Herz Schmerz und Schmalz sondern fragen unter anderem: „Who Invited You“, oder etwa „I Don’t Care“. Ganz nach dem Motto: ihr könnt uns alle mal, wir machen was wir wollen. 

Trotzdem wirken die Vier nicht unbedingt wie gestandene Emanzen oder gar Feministinnen. Im Gegenteil, - die Gitarre hat fast den selben Umfang wie deren Bedienerin Allison Robertson, und hinterm riesig wirkenden Schlagzeug lugt allenfalls ein frecher Blondschopf Torry Castellano  hervor. Lediglich die Bassistin Maya Ford kann eine beachtliche Rubensfigur ihr eigen nennen. Aber Hauptsache Sängerin Brett Anderson verkörpert noch halbwegs den erotischen Vibe innerhalb der Donnas. Man möchte bei einer reinen Frauenband ja schließlich auch was für’s Auge haben. – Egal, - The Donnas geben wirklich alles, schweißtreibend und kraftraubend. Leider hat diese doch ziemlich anstrengende Variante der Live-Performance zur Folge, dass die Show bereits nach ca. einer Stunde abgepfiffen wird. Eine Zugabe ist noch drin, aber dann ist endgültig Feierabend. Fazit eines wirklich fetzigen Rock’n’Roll Konzerts mit durchaus talentierten Musikerinnen ist letztendlich die Feststellung, dass das schwache Geschlecht doch nicht ganz so viel Stehvermögen hat als ihre männlichen Kollegen, und dass viele ihrer Stücke sich letztendlich doch fast schon banal ähneln. Aber egal, - es war kurzweilig, zum abrocken und jede Menge Fun....

                                                                                               

26. 02. 2005 München  Metropolis
Hanoi Rocks

                                                        
Der Glamrock ist tot, lang lebe der Glamrock! – Tja, beides trifft irgendwie zu. Ersteres was die Zuschauer-Zahlen angeht. Letzteres was diese Individuen da oben auf der Bühne angeht. Himmel, Herrgott, ich erinnere mich noch zu gut an die seligen Zeiten von Hanoi Rocks Mitte der Achtziger Jahre als sie wie Raketen zum Rock’n’Roll Himmel schossen. Nein, nicht aus L.A. wie alle anderen auch, sondern aus dem hohen Norden in Finnland hatten diese Spät-Posthum-T-Rex-Erben der  Glitzer, Spandexhosen Ära und des Make-up Genres die Sleazerock-Szene überfallen. Und ja, sie kamen an damals. Sie stürmten die Charts mit nur einem einzigen Song, der nicht mal aus eigener Feder stammte. Die Rede ist von „All Around The Bent“, im Original von Creedance Clearwater Revival aus der Feder von John Fogerty......  

Und Hanoi Rocks, allen voran Rauschgoldengel Michael Monroe alias Matti Fagerholm stieg auf wie Phönix aus der Asche. Ihm zur Seite standen damals Andy McCoy alias Antti Hulkko, der musikalische Kopf der Band, Nasty Suicide und Razzle. Aber wie so oft, - keiner lebt ewig, weder Hanoi Rocks noch Drummer Razzle, der es Mötley Crüe Sänger Vince Neil zu verdanken hat, dass er nur noch hinter St.Petrus-Pforten die Snaredrums bearbeiten darf. Was ihm nun wohl für immer und ewig verwehrt bleiben wird, das ist zumindest der Band vor zwei Jahren gelungen, - die sogenannte wundersame Wiederauferstehung. Zwar nicht am Ostersonntag, aber dafür bei diversen Open Airs. Nicht zuletzt um anzutasten, ob 1) die skandinavischen Lotusblüten noch Wiedererkennungswert haben würden  und 2) ob noch Platz ist für eine, der wohl buntesten und energiegeladensten Rockbands der letzten 20 Jahre. – Space ist für alle da, - sicher! Die Frage ist nur, wie lukrativ sich das Unterfangen entpuppt. Halleluja, mit 42 Jahren haben Michael Monroe und Andy McCoy noch immer die Kondition von 25-jährigen Ironman-Athleten. Ob das von ständigem Ausdauertraining herrührt oder vom Konsum diverser Aufputsch-Delikatessen, entzieht sich meiner Kenntnis. Allerdings, wenn man die skandinavischen Paradiesvögel etwas näher unter die Lupe nimmt, dann erübrigt sich jedes weitere Rätselraten. – Gott sei Dank spielt das für uns nostalgische Liebhaber des Glitterrock keine weitere Rolle. Hauptsache sie stehen da oben, - leibhaftig, bunt wie eh und je, laut, schrill, voller Energie und rocken, dass sich Andy McCoys  Goldzahn  in der Verankerung lockert. – All around the bent – im wahrsten Sinn des Wortes und noch darüber hinaus. Nasty Suicide ist ebenfalls Vergangenheit. Dafür ist ein weiterer Bekannter aus der Nordland-Szene eingesprungen, nämlich Conny Bloom, den wir noch zu gut von den Electric Boys her kennen. Einer Band, die ihrem Ruf als Eintagsfliege nur allzu gerecht wurde anno dazumal mit einem hervorragendem Albem.... aber eben nur einem... Und nach dem Motto: - wenn’s dann nicht mehr funktioniert, dann lassen wir’s eben und suchen uns andere Perspektiven, -so  ist der Name nur noch wage Erinnerung an ein Projekt, dass irgendwann mal existierte. – Und wetten, dass auch die Electric Boys eines Tages wieder von den Toten auferstehen  werden. – Denkt an mich, wenn’s soweit ist.


siehe auch Diary

Anyway, Conny sieht noch immer fantastisch aus, hat den Lockenkopf für  Rastastyle par exellance geopfert ganz im Sinne von Hanoi Rocks und versucht mit seiner nach wie vor brillanter Gitarren-Technik die Linie von Michael Monroe und McCoy zu ergänzen. Bravo, das ist gelungen. – Aber last but not least ist doch Monroe der Fokus des Geschehens mit mindestens 10 verschiedenen Fashion Kreationen der Haute Couture ala’ Extravaganza, einer Ausstrahlung wie seine weibliche Namensvetterin Marilyn und einer Performance, die uns die Luft zum atmen nimmt und einen multiplen Orgasmus provoziert. Er ist der Centerpoint, das Maß aller Dinge. Ohne ihn wären Hanoi Rocks nicht Hanoi Rocks. Mit ihm steht und fällt die Show. Die Bühne reicht nicht für sein Szenario und erweitert sich auf die Bartheke  bis in die Mitte des Wohnzimmers. Und spätestens da hat er sicherlich selbst festgestellt, dass ein Funkmikro wesentlich erot... nein sorry, natürlich praktischer gewesen wäre. – Pfeif drauf St. Christopherus, Hauptsache der Smirnoff hängt oben drüber am Heiligenschein des Laufstegs und sorgt für das fachgerechte Ambiente. Blumenkinder vereinigt Euch, - auch wenn , so wie  hier nur ca. 150 Sleaze-Make-up und Ultra-Strong-Haarspray - Verfechter kollabieren. 
                                                                                    
Aber das hier ist purer Party – Let’s have Fun - Rock’n’Roll  unverdünnt. Er verfehlt seine Wirkung nicht und wir laufen Gefahr, dass zukünftige Konzerte in nächster Zeit zu Schlafpillen verschnarchen. Ich für meinen Teil kann nur sagen, - schade, dass die Akzeptanz für diesen Energieschub a la’ Hanoi Rocks kein breiteres Spektrum findet. Aber was nicht ist kann ja noch werden. Wir sind ja gerade erst wieder geboren, - aus was immer für welchen Gründen. -  Und Mötley Crüe, ebenfalls in Reinkarnation dank Frischzellenkur back again, spielen in Kürze den Leithammel, damit  unsere Psychobimbos hier , - die sich ebenfalls auf der Suche nach goldenen Flies von einst befinden,  ihren verlorenen Stammplatz schnell zurück erobern. Und over all….. Zombies leben anscheinend wirklich länger,..... was Andy?!!!! - samt Wodka on the rocks..... - geht auf's Zimmer versteht sich. 

                                                      
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