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                  15. 05. 2005 München,  Garage
                  Heroes of Woodstock

Also, wer den Slogan – „Heroes of Woodstock“ erfunden hat für diese Tournee, der gehört geteert und gefedert und anschließend durch den Fleischwolf gedreht. -
Klar, ich war damals selbst grad mal acht Jahre alt, als anno 1969 das legendäre Kultfestival in die Annalen der Rock’n’Roll History einging. Und ich hab’ es nicht wirklich bewusst miterlebt, geschweige denn, bin persönlich dort gewesen. Aber als langjähriger Musikjournalist, der doch so über einiges an Erfahrung gewonnen hat in den vergangenen 22 Jahren, traue ich mich mal leise zu behaupten, dass es so was wie „Heroes“ bei diesem Event gar nicht gab. Damals waren das Rockbands, die einfach nur einen revolutinären Sound machten und sich u.a. für Peace und Flower Power einsetzten, aber vor allem um noch mehr Popularität buhlten. Erst das frühe, selbstverschuldete Ableben von Jimi Hendrix und Janis Joplin haben diese in einen Legendenstatus erhoben und sie sind zu den Kultfiguren geworden, zu denen wir sie erhoben haben im Lauf der Jahre. Andere noch – nach wie vor quick lebendige - Woodstock-Künstler sind im Zuge dieser Legendenverherrlichung und dank exzellenter Musik ebenfalls in Kultebenen gelangt. Ich spreche hier von Carlos Santana oder Bob Dylan. Und in deren Fahrwasser schwammen dann Bands wie Ten Years After, Canned Heat, Iron Butterfly oder auch Jefferson Starship. Aber „Heroes“ waren und sind sie deshalb noch lange nicht. Der Glanz vergangener Tage ist schon längst verblasst, und bei den meisten Acts, sieht der eine oder andere Musiker auch schon die Radieschen von unten wachsen, meist wiederum durch eigenes Verschulden.  – Lediglich die Musik, hat all die Jahrzehnte unbehelligt überlebt und geriet nie in Vergessenheit. Wohl aber die vorhin erwähnten Bands. Und ich spreche da auch von einem Santana, der jahrelang in der Versenkung verschwunden war, bevor ihn eine glorreiche Idee und ein glücklicher Zufall wieder an die Oberfläche brachten. Aber den meisten anderen war dieses Glück nicht beschieden. – 

             
anno 1969
Wie auch immer, jetzt scheint so etwas wie ein Revival Run alter Zeiten ausgebrochen zu sein. Die Alten sprießen hervor wie Herbstzeitlose, die dank guter Witterung ihre Blätter zur erneuten Blüte entfalten. Zwar haben so manche der Oldies schon ordentlich Federn gelassen und die Blätter sind etwas runzlig geworden. Man wird ja schließlich auch nicht jünger. Die  eine oder andere Kultband aus Woodstock-Zeiten zählt nur noch eines, - höchstens aber zwei Urgesteine, die das damalige Spektakel live miterlebt haben. Egal! Tatsache ist, - sie sind seit einiger Zeit wieder present, und das – lebendiger jemals zuvor. Als die sogenannten Heroes Of Woodstock ziehen sie vereinzelt oder auch vereint durch die Lande, schwelgen in Nostalgie, erinnern an die 60er und 70er Jahre, geben sich jugendlich betont  jenseits der Midlife-Crisis nach dem Motto – altes Herz wird wieder jung  und Kohle brauchen wir auch allemal.Auf drei dieser seligen Zeitgenossen will ich hier an dieser Stelle eingehen, dank ihres Gastspiels hier in München in unserem heiligen Rock-Tempel „Garage“.  Nicht unbedingt vergleichbar mit den  räumlichen Ausmaßen von Woodstock und gerade mal 180 verkauften Tickets, geben sich Iron Butterfly, Ten Years After und Jefferson Starship ein Stell Dich ein. Ach ja, und als kleiner Vorgeschmack steht ein Herr namens Tom Constanten in den Startlöchern. - Irgendwann mal bei Grateful Dead  beheimatet,  frag mich nicht als was....! Denn seien wir mal ehrlich, außer Jerry Garcia, Gott hab ihn selig in den ewigen Gefilden, -  ist kein anderer Individualname je aus dem Lager der Deadheads hervorgedrungen an die Oberfläche. Nun, Sir Constanten muss wohl so was wie der Tastenakrobat bei jener Kultband gewesen sein. Oder ist er es sogar noch, da bekanntlicherweise auch Grateful Dead in Amerika wieder frisch und fröhlich durch die Lande ziehen – ohne Jerry Garcia versteht sich. Aber der bekommt leider kein Rückfahrticket mehr in die Pre-Flower-Power Ära. Constanten, ein Gruftie im wahrsten Sinn des Wortes versteht sein Handwerk am Keyboard, das er anhand einer Soloperformance malträtiert. Die unterstützende Vokal-Instrumentierung hätte er sich allerdings, gelinde ausgedrückt, sparen können. Aber für die begleitende Untermalung des Intermezzos haben wahrscheinlich die finanziellen Mittel gefehlt. –

IRON BUTTERFLY

Iron Butterfly, - uiuiuihhh…. – erster Gedanke – natürlich – „In-A-Gadda-Da-Vida“. Und dann,... tja, dann fällt den meisten Leuten nichts mehr ein. Und das ist ihnen nicht mal zu verdenken. Denn ehrlich gestanden, das war und blieb der einzige Hit der Gruppe. Immerhin gehalten haben sich zwei Original-Mitglieder, nämlich Lee Dorman am Bass und Gesang und Ron Bushy am  Schlagzeug. Meine Herrn.... die Jahre sind auch an diesen beiden Oldies weiß Gott nicht spurlos vorüber gegangen.  Ergänzt hat man das Line-up noch durch  Larry Rust am Keyboard und Charlie Marinkowich an der Gitarre. – Man versteigt sich in psychodelische Improvisationen  und gibt sich souverän, nicht ohne sich selbst etwas auf die Schippe zu nehmen, zumindest was unseren Tastenzauberer angeht. Der ist es auch, der dann das Privileg bekommt, die Akkorde zum Kultsong schlecht hin – In-A-Gadda.... usw. anzustimmen. Und exakt zu diesem Zeitpunkt kommt auch Leben ins Publikum und die zahlreichen Senioren schwingen enthusiastisch die, sicherlich zum Teil künstlichen, Hüftgelenke. Na ja, ganz so schlimm ist es auch wieder nicht. Im Gegenteil, erstaunlicherweise haben auch einige Enkel der Hippie-Generation den Weg hier her gefunden. Kiddies, die zu jener Zeit noch mit den Englein auf einer Wolke geflogen sind.
However, - zuindest hat Iron Butterflys Übersong seine Wirkung nicht verfehlt, und man harrt gespannt der Dinge, die da noch folgen sollten. – Und jetzt kommts....


TEN YEARS AFTER



siehe auch Diary


Ten Years After. Wir erinnern uns sofort an Alvin Lee, an Little Schoolgirl und an Going Home. Die beiden letzteren sind nach wie vor dabei. Nur Mr. Lee hat es bereits in den 70ern bevorzugt eigene Wege zu gehen. – Und ich kann nur sagen: - wauw -  ich,und beileibe nicht nur ich, bin schwer beeindruckt, - positiv versteht sich !!!! Hiiillffee, wer hätte das gedacht. Trotz dem Manko, dass der Name TYA für alle Ewigkeit mit dem von Alvin Lee verbunden sein wird, und dass viele Fans der ersten Stunde den Abgang des legendären Gitarristen, bzw. was davon übrig geblieben ist, nie akzeptieren werden, und von vorne herein, einem Auftritt der Gruppe fernbleiben, - das ist Rock’n’Roll mit sehr viel Seele und selbstverständlich Blues. Ric Lee (drums), Leo Lyons (bass) und Chick Churchill (keyb) Woodstock-Urgesteine, optisch trotz mittlerer Reife durchaus noch halbwegs ansehnlich, und  musikalisch – ohne Übertreibung – keinen Deut gealtert. Alvin Lees Platz hat ein Jungspund namens Joe Gooch, gerade mal 27 Jahre alt, eingenommen. Dank dieser Tatsache, leider noch weniger akzeptabel für Die Hard Alvin Lee Verfechter. – Aber nach kürzester Zeit steht eindeutig fest, dass der Knabe ohne Übetreibung mindestens 10 Mal so fit ist wie Mr. Lee. Er besitzt nur einen großen Nachteil... er ist nun mal nicht Alvin Lee. 



Kleine Kostprobe vom aktuellen Album "Now"
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Ach es ist ein Drama und jammerschade. Denn wie schon eingangs erwähnt, Ten Years After werden für alle Ewigkeit mit dem Namen Alvin Lee verknüpft bleiben, und ohne den, sind sie nun mal nur die Hälfte wert. Auch wenn sie 185 Mal so gut sind wie vorher. Ich kann nur jedem raten, - bevor Ihr Eure Vorurteile siegen lasst, gebt –den- Ten Years After der Gegenwart eine Chance, seht sie Euch an, und dann erst fällt ein Urteil. Ein Ric Lee, Leo Lyons, Chick Churchill und Joe Gooch werden’s Euch danken. – Meiner Meinung nach, eine der wenigen Oldie-Acts, die das Prädikat Goldies wirklich verdient haben. Zwei Stunden volle Power inklusive Going Home und Little Schoolgirl saugen uns auf. Der Orgasmus ist erreicht, und eigentlich hätte es nicht mehr gebraucht. –



JEFFERSON STARSHIP


Aber das Ende bleibt uns nicht erspart mit Jefferson Starship. Aus dem multiplen Höhepunkt wird leider nix. Soundprobleme werden kurzerhand auf die örtliche Technik geschoben. Komisch ist nur, dass TYA  zuvor derartige Schwierigkeiten nicht hatten.   Und ehrlich gestanden, wer vom momentanen Line up noch aus den Woodstock Zeiten stammt ist mir schleierhaft. Grace Slick gibt’s schon lange nicht mehr, stattdessen sonnt sich eine junge Dame im Mittelpunkt, die zwar nett anzusehen, aber umso unnetter anzuhören ist. Einzig der Bassist zur linken Hand macht zumindest optisch den Eindruck, als ob er  aus jener Archeopterix-Phase stammt. – Langer Rede kurzer Sinn. Nach ca. 20 Minuten habe ich genug vom Flower Power Revival ala’ Jefferson Starship und flüchte mit fliegenden Fahnen, - genauso wie kurz vor mir schon Ten Years After,- mit dem innigen Wunsch – TYA – jawohl - kommt recht bald wieder, aber bitte ohne Anhang, ohne Woodstock Zauber  und ohne Hippie-Nostalgie. It’s only Rock’n’Roll nicht mehr und nicht weniger, ganz wie.... na wie eben Ten Years After 2005. It’s Showtime Boys!
Wer braucht heute schon noch Woodstock?!