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25.09. 2005 München, Titanic City Club
Nektar

Hier haben wir sie wieder, - die typische Oldie – Rockband, bei der gerade nochmal zwei Originalmitglieder von anno dazumal mit von der Partie sind.-
Abgesehen davon gehören  Nektar zu jenen Formationen, die dem häufig vorkommenden Phänomen unterliegen, dass man zwar den Namen schon mal gehört hat, aber im Großen und Ganzen nichts weiter damit anzufangen weiß. Nur die Generation, die Nektar Anfang der Siebziger bereits live miterlebt hat, kennt sich aus. Roye Albrighton (Urgestein  der Band) meint somit auch zu Beginn des Intermezzos heute Abend, dass er  sich sicher sei, dass höchstens zehn von den ca. hundert anwesenden Gästen Nektar wirklich kennen würden. Und damit hat er höchstwahrscheinlich recht. 

Ich selbst kann mich zwar noch wage an 1974 und ‚Remember The Future’ erinnern, Nektars viertes und erfolgreichstes Album, und ich kenne die bekanntesten Songs, wie den Titeltrack dieses Longplayers oder die Single ‚Do You Believe In Magic’, die schon 1972 das Licht der Welt erblickte. Aber ehrlich gestanden, dass war’s dann für mich auch schon bald was die generellen Grundkenntnisse betrifft. Ein Grund mehr, diese Bildungslücke zu füllen, und mir die Band live rein zu ziehen. -   Nektar wurden von Engländern in Deutschland gegründet und galten lange als die deutscheste Krautrockband von allen. – Außerdem gelten sie heute noch als  Vorläufer des sogenannten Progressive- bzw. Artrocks. -  Gegründet 1968, feierten Nektar ihre Hoch- und Glanzzeit Mitte der Siebziger, speziell in Deutschland, wanderten 1978 nach Amerika aus und sackten durch. Um es kurz zu halten, erst im Jahr 2001 feierte die  Band ein Comeback mit dem Album „The Prodigal Son“ und ließ den Mythos wieder aufleben. – Soviel zur musikalischen Allgemeinbildung.

Tja und jetzt tingelt die einstige Psychodelic-Rocklegende durch die Lande, füllt immer noch zum Teil große Hallen, wie z.B. in Offenbach, einen Tag zuvor, um dann hier in München , wie oben schon erwähnt, gerade mal nur hundert Musikliebhaber anzuziehen. Woran das liegt,? – I don’t know. Vielleicht ist das Oktoberfest schuld daran oder mangelnde Promotion. Oder aber eben auch  die oben erwähnte Tatsache, dass die breite Masse Nektar  eben nur vom hören sagen kennt.
                                                                     


Musikliebhaber muss man wirklich sein um Nektars Musik zu mögen und vor allem auch um sie zu verstehen.  Heidarassa, das hier ist schwere Kost. Verschlungene Klangstrukturen wechseln sich  mit getragenen Melodien ab, um urplötzlich wieder in einen, ins Ohr gehenden, Beat zu wechseln. Psychodelic meets Progrock und das hoch fünfverdreifacht. Bands wie Dream Theater nehmen sich dagegen aus wie simple Kommerz Kasperl - kein Scherz! Sogar für mich ist es schwierig diese  komplizierte Gangart zu kritisieren. Hey, ich bin kein Musiker. Das muss man aber hier fast schon sein, um diese Art der Instrumentierung zu verstehen. Ich bin lediglich ein kleiner Journalist, der sich zwar ganz gut auskennt in den meisten Spektren und auch in etwa urteilen kann, ob etwas gut oder schlecht war, mir gefallen hat, oder nicht. Aber ich bin eben, wie erwähnt,  kein Musiker, der diese Performance hier, wahrscheinlich noch mit ganz anderen Augen sehen würde. Also nehm’ ich  jetzt nur die Tatsache her, dass Nektar bei den anwesenden Freaks inklusive mir mehr als ‚nur’ gut ankommen. Die Gruppe besteht übrigens derzeit aus den Originalmitgliedern Roye Albrighton (voc.Leadgit), Ron Howden (drums voc) , sowie den beiden Youngsters Tom Hughes am Keyboard, und dem einzigen Ami in der Band - Randy Dembo am Bass.

Zwei Stunden Rockmusik vom Feinsten inklusive zweier Zugaben, die sich noch mal eine halbe Stunde hinziehen. Jawohl, das hat Klasse und unser intellektueller Musikbedarf ist wieder mal 150%ig befriedigt. – Kleiner Tipp am Rande: Finger weg für alle Otto Normalkonsumenten, die einfach nur abrocken und mitsingen wollen. Aber für anspruchsvolle Lauscher ein absolutes Muss. Wohl dem, der beides beherrscht.
.... and we will always – ‚Remember the Future’ - 

siehe auch Diary für Aftershow Shots



                                                                                                   

23.09. 2005 München, Backstage
Running Wild

Erster Gedanke: wie lange habe ich diese Band eigentlich nicht mehr live on stage gesehen? In Gedanken überschlagen müssen es gut und gerne 10 Jahre sein – Minimum! Zweiter Gedanke: okay, ich steh mich zwar nicht wirklich auf die Musik von diesen Deutschrockern, aber meine objektive Einstellung gegenüber dem Genre, und die Tatsache ein paar Fotos an den Mann zu bringen, lassen mich etwaige Vorurteile schnell vergessen und der Dinge auszuharren die da kommen sollten. – Eines muss man gleich vorweg nehmen. Oktoberfest hin oder her samt Fußballgeschehen am selben Abend, - die Bude ist gerammelt voll. Vielleicht wirklich aus der Tatsache heraus, dass eben Running Wild für so viele Jahre München vernachlässigt hatten. Warum das so war? – Ich habe sie nicht gefragt.

Was angenehm auffällt, Rockin’ Rolf, übrigens selber Jahrgang wie ich, hat die Piratenkluft minimiert. Das Klischee hat sich wahrscheinlich halt doch etwas ausgelutscht im Laufe der Zeit. Und Zeit verändert nun mal Menschen und Gewohnheiten. Lediglich eine Art Orden ziert noch das ansonsten schwarze schlichte Outfit. Die anfängliche Uniformsjacke wird buchstäblich nach einem Song an den Nagel gehängt. -
Um es kurz und bündig zu halten. Running Wild machen in  meinen Augen – Mainstream 0-8-15 Heavy Metal mit Partystimmung für jedermann aber das höchst professionell. Was angenehm auffällt, es fehlt der übliche Bombast, bzw. diese übertriebene Härtehaltung, die andere Gruppen dieses Genres bis zum abwinken praktizieren. - Man zieht natürlich automatisch Vergleiche.  Und....- die wiederum klingen gar nicht mal so „deutsch“ – wie viele ihrer einheimischen Kollegen. Mir fehlen bei der Performance von Running Wild lediglich die berühmten Ecken und Kanten und das gewisse Etwas, wie man so schön sagt. Ihr Set besteht aus einem Best of... Menü der gesamten Band History, das sich  straight und ohne Kurve durchs Programm zieht. Leider wirkt sich das nicht unbedingt als Vorteil aus, denn ehrlich gestanden habe ich hinterher das Gefühl, dass alles irgendwie gleich geklungen hat, - nicht schlecht, aber eben, und das klingt hart – ich weiß, - Einheitsbrei ist die beste Beschreibung dafür und  Anspruchslosigkeit das Zauberwort, dass die Menge mittanzen lässt. Einfach gestrickter Heavy Metal, der zwar hart ist, aber trotzdem ins Ohr geht und zum headbangen und mitgrölen bewegt. Und deshalb entpuppt sich das Spektakel letztendlich als hardrockin’ Party, bei der man nicht lange nachdenkt, sondern sich schlicht und einfach hinweg tragen lässt von ‚Rogues En Vogue’, ‚Victory’ und ‚Little Big Horn’. Und weil man üblicherweise Begeisterung belohnt, gibt’s auch noch eine Zugabe – ‚Conquistadores’ meets ‚Libertalia’ und ends with  ‚Under Jolly Roger’. -

                                                                 
Resultat: der True Metal Fan ist gut bedient, happy und zufrieden, und unserein
er kritischer Musikhörer zuckt die Schultern, nicht sonderlich beeindruckt, aber auch nicht entäuscht und hakt das Konzert  als eines von vielen ab.
Es war ganz nett – und Schwamm drüber!