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22.11. 2005 München, Backstage
Gorgoroth

...und wisst Ihr, was die beste Erfindung für eine Rock’n’Roll Show ist? Nein?
Nun, wie wär’s mit dem gemeinen roten Feuerlöscher. Und der stand auch Gewehr bei Fuß, nur im Fall des Falles versteht sich.  Damit  Orpheus aus der Unterwelt mit all seinen Höllenhunden, im doch, ziemlich beachtlichen Fegefeuer, sich nicht aus Versehen die äußerst attraktive Figürlichkeit versengt. Heidarassa, da sprühen die Funken, da lacht die schwarze Seele und mit ihr in etwa  300 gläubige Jünger satanischer Verse ala’ Gorgoroth.
 

Zugegeben, die Norweger haben was für sich. Nur bin ich mir im ersten Moment nicht sicher, ob das mit der optischen Exotik zu tun hat, oder vielmehr mit der düsteren Darbietung okkulter Symphonien aus Transylvanien.
Wie schon bei Deicide, die akustisch gesehen aus der gleichen Ecke stammen, möchte ich mich in Bezug auf die musikalische Darbietung eher neutral verhalten. Death Metal ist in meinen Augen keine Musik, sondern eher eine Philosophie und psychoanalytische Metamorphose für Freaks und paranoide Selbstverächter. Allerdings muss man betonen, dass das Publikum dieser impulsiven schwarzen Messen, ein, im Grunde genommen, sehr friedliches Völkchen ist, das lediglich sein Vergnügen im takt-simultanen headbangen sucht. Gleichgesinnte und seinesgleichen finden sich zu diesen düsteren Anlässen, tauschen sich aus mittels Pommes-Finger-Gruß und huldigen damit auch ihren Idolen da oben am Opferaltar.

Auch wenn gerade Gorgoroth  sich in den letzten Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben in Bezug auf ihren guten Ruf, und sogar das Geflüster von Vergewaltigungsexzessen und dergleichen durch die internationale Szene ging, so erfreuen sie sich doch nach wie vor  einer weitaus sichtlichen Popularität. So eben auch hier und heute in München, wo sich die, in  dezentem Schwarz gekleidete Anhängerschaft, , den voluminösen Partituren düsterer Endzeitbotschaften  gottergeben hingibt. Ebenfalls auffallend ist, dass verhältnismäßig viele weibliche Verfechter dieses Genres zugegen sind. Und das liegt mit Sicherheit diesmal nicht an der etwaigen Attraktivität der Bühnenstars des Abends. Denn die, ich meine die Attraktivität schenkt sich nämlich gegenseitig nix. Nach dem Motto, einer 'schöner' wie der andere. Vornehme Blässe mit einem Hauch Rot und dunkler Mystik tut das seine, um Frankenstein ins Abseits zu stellen. Eines muss man ihnen aber lassen. Die Fotogenialität ist einzigartig. Und meine Kamera macht sich vor lauter visueller Schnappschussfreudigkeit fast schon selbstständig. Magisch zieht sie die Aufmerksamkeit und das Auge des Leithammels auf sich, der mit seinem spitzen Kinnbart und der Indianer-Voodoo-Bemalung  entfernt tatsächlich an den Höllenfürst erinnert. Nur der Pferdefuß lässt vermissen. Allerdings wäre der auch etwas unpraktisch für den Tanz auf dem feuerspeienden Vulkan hier. Jawohl, die schwarze Messe ist ein Erfolg, sowohl in visueller als auch in akustischer Hinsicht.
Und man kann halten was man will vom Wert und der musikalischen Genialität, bzw. Qualität. Einen gewissen Unterhaltungswert kann man dem Spektakel wahrlich nicht absprechen. Death Metal Klangwolken hin oder her, wie schon eingangs erwähnt, das Ganze hat was. – Ein zusätzlicher Rosenkranz wird übrigens  imagerecht nicht mehr gebetet.-  Dafür bleibt auch unser Freund der Feuerlöscher diesmal außer Dienst gestellt.                                                                                                           

Nachtrag:  inklusive einer anschließenden Alkotestkontrolle, direkt vor den Höllenpforten des Backstage Hades durch  unsere freundlich-zuvorkommende Münchner Polizei kann man den Abend als absolut abgerundet bezeichnen. Vielen Dank daher an das eher bescheidene Einschenkvolumen der populären Hausbar.- Hat mir das Leben, äh.... den Lappen gerade noch gerettet !





                                                                                           
20.11. 2005 München, Backstage
BossHoss

Bei allen J.R. Texas meets Santa Fee Sombreros, aber es gab in diesem Jahr nur vier Konzerte, die mich wirklich vom Hocker geholt haben. Das erste war Paul Rodgers & Queen, wobei die Betonung auf Paul Rodgers liegt. Das zweite Event waren Styx, die ohne Lawrence Gowan nur halb so gut gewesen wären. Nummer Drei war Steve Vai, der nach einem 4-Stunden Opus von mir aus noch gern den Rest der Nacht durchspielen hätte können. Und Nummer Vier steht hier und heute leibhaftig auf der Bühne, hört auf den Namen BossHoss, und ist absolute Sonderklasse. Verdammt noch mal, da hat man selber fünf Jahre lang in Großbritannien verbracht, und  wird trotzdem bei jedem Wort als German entlarvt. Und da kommen so ein paar Berliner aus dem Irgendwo und legen einen Wild West Slang hin, dass mindestens die Hälfte des Publikums nicht mehr sicher ist, ob es sich hier tatsächlich um Deutsche handelt oder um eingewanderte Sporenstiefel-Texaner. – Das hier ist fantastisch. Sie sehen aus wie Cowboys, sie geben sich wie Cowboys, sie singen und reden und.... ach weiß der Geier was .... wie Original Old Shatterhand, Old Surehand Erben des Ikarus... – Scheiße, letzterer war doch Grieche, oder?! Auch egal. Da oben ist die Hölle los, und innerhalb von Minuten im Publikum genauso.
Boss und Hoss und der Rest der Dalton Brothers, - na... Scherz beiseite, haben sich eine ganz besondere Strategie zu Grunde gelegt. Sie nehmen bereits bekannte Gassenhauer und tauchen diese tief in ein musikalisches Gerüst aus Hard-Rock’n’Country – Roll. BossHoss Kreationen haben mittels dieser musikalischen Verwandlungen ein solches Eigenleben entwickelt, dass man sie fast schon nicht mehr als Coverversions bezeichnen kann.

“A Little Less Conversation“ von Elvis wird genauso vergewaltigt, wie „Hey Joe“, „Unbelievable“ von EMF, oder die Zugabe „Word UP“ von Cameo . Christus, da bleibt kein Auge trocken. Aber glaubt ja nicht, die Jungs stützen sich lediglich auf Coverversions. Das Repertoire enthält durchaus auch Eigenkompositionen wie „Remedy“ und „Yee Haw“, die erste Single aus dem aktuellen Album „Internashville Urban Cowboys“. Aber BossHoss verstehen es so gekonnt sämtliche Kreationen ihrer individuellen WildWest Romantik zu verbinden, dass die Übergänge fast nahtlos ineinander übergehen. Der Erfolg der Berliner (Anm. zwei Engländer gehören auch dazu) spricht für sich. Dazu gehört auch ein Vertrag beim Majorlabel Universal Music, und die Tatsache, dass wir ihre Musik bereits im täglichen Werbefernsehen um die Ohren beschallt bekommen. Und glaubt mir Ihr Rock’n’Roll Fans, das bringt eine ganze Menge und noch mehr. -

Nimmt man noch ihre explosive Bühnenpräsenz dazu, und das gleich achtfach, dann bleibt wirklich kein Fuß mehr an seinem Platz stehen. Die ausverkaufte Bude wackelt im Takt inklusive meiner selbst. BossHoss wissen sich zu verkaufen. Musikalisch astrein, und für’s Auge ist auch was geboten, sowohl von der spontanen, springlebendigen Choreographie  her, als auch vom optischen Aspekt für uns Mädels. Kein Wunder, dass der Frauenanteil im Publikum enorm ist. Ja ja,  und ich gehör’ auch dazu mit glänzenden Augen unterm Pre-Weihnachtsbaum. Kurz und gut, es passt einfach alles, inklusive des berühmten Funkens, den BossHoss gekonnt springen lassen und damit seine dankbare Fans, Frauen und Liebhaber schneller Rock’n’Roll Takte  per imaginärem Lasso einfangen. Und Kinder seid mir nicht böse, aber das ist wahrscheinlich das Beste, dass ich seit mindestens 10 Jahren an Live-Performance einer fast-deutschen Band gesehen und gehört habe.  YeeHaa, ich übertreibe nicht, aber schlagt mich tot, wenn’s nicht so ist! Halleluja ! 

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