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24.02. 2006 München, Muffathalle
Chris Rea

Und der Road to Hell wird ein Weg zum Triumph in Form von einer absolut über-ausverkauften Abschiedstour. Es geht ihm nicht besonders gut, das ist allseits bekannt, aber dann doch wieder gut genug, um noch diese letzte Konzertreise durchzuziehen. Wahrscheinlich hat ihm dieser Wunsch die nötige Kraft verliehen für das Unterfangen. Und die Fans danken es ihm mit euphorischem Applaus. Fast hätte ich gesagt, standing Ovations. Aber wir stehen ja sowieso, auch wenn ein Konzert von Chris Rea eher für ein bestuhltes Ambiente geeignet wäre. Es ist der Blues, dem er sich verschrieben hat, und diese rauchige sonore Stimme, die einem fast schon kalte Schauer über den Rücken jagt, oder ist es sein beeindruckendes Gitarrenspiel. Ich bin mir selbst nicht genau sicher, was mich mehr in seinen Bann zieht. Oder ist es die leicht-fließende Melancholie, die so typisch ist für Reas Musik. Nein, abrocken ist hier fehl am Platz. Es ist eher ein andächtiges Lauschen zu filigranen Tönen, die sich ganz sanft aber eindringlich in unser Gedächtnis eingraben. Nur hin und wieder keimt die alte Rocker-Energie in ihm auf, und die Gitarre macht sich selbstständig. Und das ist der Moment, wo auch das Publikum abgeht. Ich kann es von hinten zwar nicht sehen, aber ich denke, Chris hat in diesen Augenblicken Tränen in den Augen. Er ist kein Mann großer Worte, das war er noch nie. Er lässt lieber die Musik sprechen durch ‚Julia’, ‚Auberge’ und... und...., und nicht zuletzt ‚The Road To Hell’ und sehr viel Blues. ‚On The Beach’ macht den Abschluss dieser Nostalgiereise.

Einen Schwachpunkt gibt es dennoch bei diesem Konzert hier. Man hat viel zu viele Leute in die Halle gepfercht. Da ist kein Durchkommen mehr, fast keine Bewegung ist mehr möglich, und die sauna-ähnlichen Verhältnisse führen zu vermehrten Ohnmachtfällen. (Anm.: und das waren keine Teenie-Girls - logisch!)  Dank des frühen Beginns des Konzertes um 20 Uhr ohne Support und meiner 5-minütiger Verspätung, verpasse ich die Stage-Fotopräsenz für die üblichen ersten 3 Songs. Und wie schon gesagt, ein – nach vorne kommen, ist sowieso ein Ding der Unmöglichkeit. Also auch in diesem Sinne - ein wahrer Road, oder sollte ich besser sagen, Place in Hell.  

Aber wir haben Chris Rea noch  einmal live on stage gesehen. Er ist schmal geworden und sehr blaß. Aber er gibt noch einmal  alles. Wahrscheinlich weil es eben seine letzte Tour ist, ein letztes Fair Well an die Fans, damit man vielleicht in einigen Jahren noch an ihn denkt, - und vor allem an seine Songs, die sicherlich eine tragende Rolle in der Entwicklung der Rock/Popmusik gespielt haben. 22 Millionen Platten hat er bislang verkauft, und im vergangenen November erschien sein Lebenswerk namens „Blue Guitars" , das ganze 11 Alben enthielt. Aus gesundheitlichen Gründen sagt Chris Rea nach dieser Tour der Bühne ade, will sich aber mitnichten zur Ruhe setzen. Er schreibt an einem Roman über eine Stratocaster, will sich ein eigenes Studio einrichten und bei einem neuen Bandprojekt mitmischen. Nur solo auf der Bühne – on the road to hell - werden wir den 54jährigen Engländer wohl nicht mehr zu sehen bekommen. Deshalb sagen wir good Bye, schön war’s und pass auf dich auf. Das Leben hat noch einiges vor mit dir Chris!                                                                                       


Concert Pics by Dorothee Falke




                                                                                           
19.02. 2006 München, Backstage
Clawfinger



Also wenn Ihr wissen wollt was pure Energie ist, dann besucht unbedingt mal ein Clawfinger Konzert. Bei allen elektrifizierten Schwedenbomben, und das sind sie im wahrsten Sinn des Wortes, was da abgeht auf der Bühne kommt schon fast an einen Auftritt von den Exploited nahe. Auch wenn Clawfinger keinen Punk in dem Sinne fabrizieren, so ist es vielmehr eine abstrakte Mischung aus Heavy Metal gepaart mit rap-verwandten Anleihen, die exzellent miteinander verwoben doch wiederum mehr zum Metal als zum Rap tendieren. Na, was denn jetzt, werden sich einige von Euch fragen? Um es einfacher zu beschreiben, Clawfinger haben ihren ganz eigenen und individuellen Stil gefunden, den sie im Laufe der vergangenen 13 Jahre, so lang gibt’s diese Band jetzt schon, noch verfeinert und ausgebaut haben. Frank Zappa ist das große Idol von Sänger und Frontmann Zak Tell. Und dies betont er auch immer wieder mit äußerstem Nachdruck. Trotzdem hat Clawfingers Musik mit Zappa ungefähr soviel gemeinsam wie Andrea Boccelli mit Rammstein. Das einzige, was man vielleicht noch entfernt als Ähnlichkeit bezeichnen könnte, ist die Skurrilität und die vorhin bereits erwähnte Abstraktheit.

Hatte diese Band es im vergangenen Jahr noch geschafft, beim Deep Impact Festival hier in München alle anderen teilnehmenden Acts klar an die Wand zu spielen, und das, obwohl sie stilistisch total aus der Reihe fielen in jenem Festival Line-up, so wollte ich mich jetzt noch einmal  davon überzeugen, ob sie das in diesem kleinen Clubrahmen hier ebenfalls schaffen. Der schwere Eindruck von damals haftet nach wie vor in meinem Gehirn, und ich verwette Haus und Hof, dass auch hier und heute so einige Fans dabei sind, die auch beim Deep Impact waren. Demzufolge ist der Club gefüllt mit, - ich würde mal sagen, - so ca. 600 Freunden der individuellen Metal meets Rhythm und Hardbeat  Akustik.

It’s Showtime, boys, und das muss man ihnen nicht zwei Mal sagen. Herrgott, da tanzt die Wildsau einen Breakdance, und das Fotografieren inmitten von all den abgedrehten Irren wird ein Tanz auf dem Vulkan. Und es ist wieder mal einer dieser Momente, wo sich unsereiner aus der Knipserzunft sehnlichst den sicheren Hafen namens Fotograben herbei wünscht, um ungestört das Spektakel in der Linse festzuhalten. Aber den Luxus gab’s im Backstage ja so gut wie noch nie. Punkt um, wie heißts so schön?, nur die Harten kommen durch, also wird geboxt, gedrängelt und geflucht was das Zeug hält. Hauptsache man steht ganz vorne und erwischt die eine oder andere Mineralwasserflasche, die Zak Tell großzügig im Publikum verteilt. Aber solange jene nicht auf meinem Baby landet, ist mir inzwischen so ziemlich alles 0815. Ich würd’ inzwischen höchstens was dafür geben, um aus dem Pulk schleunigst das Weite  suchen zu können. Aber das ist das Los von uns bemitleidenswerten Bild-Reportern. Eine Folter aus dem Mittelalter ist ein Dreck dagegen, und das für, meist nur 'ein' beschissenes Foto, das dann in der Zeitung veröffentlicht wird. Na ja zumindest finden hier auf der Website noch ein paar weitere Pics Verwendung und Gnade vor, ach sch... drauf - was der Geier was.

Wie auch immer, Clawfinger bringens auch diesmal wieder voll und ganz und komplett mit aller Härte, und sicherlich für einige Zeit, bleibendem Nachdruck. Heiland wir preisen dich und alle frohlockenden Herscharen. Und die Frage von Tell ist stets die gleiche: "do you want new shit, or you wanna old shit?" – Aber ich glaub, in dem Moment ist das so ziemlich einerlei. Hauptsache es rockt, und das tut es. Musikalisch sicher nicht das A und O der Kunst, aber Ihr wisst schon - der Funke..... Clawfinger bieten brillianten Feuerzauber mit 100% Power und Ausdauer, samt Irokesen-Haarschnitt und einem Bassisten, für den Hardcore ein Sandmännchen zur Gute Nacht Geschichte darstellt. Leider gibts diesmal keine 3m Box, wo er hätt’ herunter springen können. Das erlaubt die Örtlichkeit hier leider nicht. Aber was soll’s, dafür üben sich die Jünger  und Anbeter des clawfingerischen Hardrocks umso mehr im stage diven. Ein Erfolg ist’s allemal in sämtlichen Fassetten, und die Meute ist letztendlich k.o. und überglücklich und sicherlich in Kürze ready for  more Action. 
Das Ganze gewidmet an Frank Zappas Erben mit viel holy shit, Mineralwasser und dem generellen Vibe, und  ups...ich für meinen Teil...... I  luv you with style.... 


                                                                                                        siehe auch Diary                 mehr Live Pics hier

                                                                    

                                                                            
Clawfinger Interview in Zurich 2006 & Music auf Label TV - ( direkt verlinkt)