Haferlschuhe und rote Kringelsocken... jawohl, das ist er, der
allerletzte Modeschrei der filigranen Thrashmetal Kultur. Dazu noch eine
dezente Krawatte, sowie frisch geföntes Rasta-Hairstyling. Und fertig
ist das visuelle Markenzeichen von... na ja, - von eben In Flames.
Gerade in letzter Zeit wurde ziemlich viel Wind um diese Formation aus
Schweden gemacht. Und so manch einer, der nicht 100%ig mit dieser
musikalischen Gangart vertraut ist, hat sich gefragt, was denn so
besonderes an dieser Band sei im Gegensatz zu ihren unzähligen
thrashigen Kollegen, bei denen so mancher wie grade mal der nächste
klingt. -
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Und... jawohl, sie sind tatsächlich anders als andere. Und das liegt
mitnichten an den Haferlschuhen, den Kringelsocken und der
Seidenkrawatte. Das Zauberwort heißt in dem Fall ‚Struktur’. Ja, In
Flames haben Stil und sie haben eine Struktur, sowohl was die Stage Show
betrifft, als auch die Musik selber. Während man allerdings bei
ersterer augenblicklich im Bilde ist, so kristallisiert es sich bei
letzterem, also der Musik,oft erst nach einleitender Prügelpartitur heraus, zumindest
was die Mehrheit der Songs angeht.
Feurio, - da sprühen die Funken samt Donnerhall, im wahrsten Sinn des
Wortes. Und zwar so heftig, dass so manches Trommelfell Tango tanzt. Die
Euphorie ist grenzenlos und gottergeben. Und so mancher opfert seine
Wenigkeit um in hohem Bogen in Richtung Altar zu fliegen. Nur leider
wird das Ziel nicht erreicht und von fürsorglichen Erzengeln streng
bewacht. Aber Erzengel sind auch nur Menschen, und haben hinten keine
Augen. Deshalb auch die unsanfte Landung eines dieser lebenden
Wurfgeschosse aufmeiner
Wenigkeit, welche verzweifelt versucht inmitten dieses Wahnsinns auch
noch einige gute Schnappschüsse zu erzielen. Aber erst einmal küsse
ich den Boden, instinktiv die Kamera hochhaltend,und hoffe im selben Moment, dass außer ein paar blauen Flecken
nichts zurück bleiben möge. Dafür werde ich zu allem Überfluss auch
noch Bier – getauft. Soll gut für die Haare sein, heißt es doch.
Also was soll’s. Trotzdem bin ich froh und dankbar, als die Schlacht
um Waterloo...., pardon im zenithischen Fotograben ein Ende hat,
unentschieden für sämtliche Parteien.
’Come Clarity’ hat im Februar das Licht der Welt erblickt, und seitdem
ist der Schwedenexport nicht mehr zu bremsen. Waren sie im vergangenen
Jahr schon als Support von Judas Priest auf Freiersfüßen, so setzt der
Vierer jetzt zum Triumphzugan.
Vorerst in Europa, aber bald schon um den kompletten restlichen Globus.
Und sie haben’s verdient, denn In Flames sind tatsächlich was
besonderes. Die Fachwelt würde sie wahrscheinlich nicht unbedingt als
musikalisch hochwertig bezeichnen. Aber der Sound derSkandinavier beinhaltet sogenannte Hinhörer, Breaks und vor allem
Refrains, die ins Ohr gehen und zum mitsingen, bzw. grölen verführen.
Und genau das ist für eine Metalband dieser Gangart eher etwas ungewöhnlich.
Hier unterscheidet sich ein Stück vom anderen mit aller Deutlichkeit. Und
mittendrin, man höre und staune, gibt es sogar so was wie eine
Thrashmetal – Ballade. Schwer sich vorzustellen, ist aber so....Und
haben mich bisher Zweifel geplagt, ob diese Band überhaupt als Headliner
für’s diesjährige Bang Your Head Festival geeignet ist, so bin ich
gerade eben eines besseren belehrt worden. Jawohl und totsicher, sie sind
es, mit brachialer Gewalt, Feuerglanz und Donnerhall, absoluter
Stilsicherheit dank roter Kringelsocken und ... ich wiederhole mich –
mit exzellenter Struktur im Soundgefüge.
Sepultura, der Metalgott hab’ sie selig, allerdings ohne den Kultstatus
von anno dazumal, als noch zwei Cavaleras den Ofen mit angeschürt haben.
Hier und heute ist nun keiner mehr mit von der Partie. Und Leute, ich kann
mir nicht helfen, aber irgendwas fehlt. Ich spreche dabei weniger von der
musikalischen Darbietung, als vielmehr von verlorener Aura vergangener
Tage. Klar, man leuchtet als Anheizer nicht ganz so hell wie die
eigentliche Nachtigall des Abends. Um ehrlich zu sein, die Lichtverhältnisse
während Sepulturas Monolog sind schlichtweg verheerend und die Kamera
schlägt wahre Kapriolen, um da noch was halbwegs akzeptables raus zu
holen.
However, Sepultura, oder was davon noch übrig geblieben ist, inklusive
Frontmann, der eher wie ein jamaikanischer Regggae Sunshine Boy anmutet,
der mit seinem Mariihuana Pfeiferl am Sandstrand von Negril oder Kingston
blasse europäische Blondinen bezirzt,geben sich zumindest alle Mühe ihrem Standard gerecht zu werden.
Und das werden sie auch, - nicht so sehr was die spärlich gesäten
Blondinen angeht inmitten der etwa 4.000 headbangenden Seelchen, aber
zumindest was die – immer noch – Die Hard – Sepultura Fans betrifft.
Gut so. Denn solange dies der Fall ist, ist auch für die Südamerikaner
nach wie vor Platz am Thrashmetal Himmel – mit oder ohne Familie
Cavalera.