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29.04. 2006 Kaufbeuren,  All-Karth Halle
Rage /
Freedom Call

Hi,man nennt mich Bond, James...nein, Charlie Bond 007. 

So nenn’ ich mich jedenfalls jetzt mal, weil ich selbst nicht genau weiß, wie mich meine Chefs getauft haben. Sie haben’s mir jedenfalls bisher noch nicht geflüstert, so wie sie sich  generell viel zu wenig mit mir befassen und mich allerhöchstens mit einem angeklebten Bart aus Tesafilm ärgern. Eine Frechheit ist das, und auch, dass sie mich da so plakativ auf den Mikrophonständer aufgesetzt haben. Ich hab’ mich ehrlich gewehrt, konnte aber leider nichts machen. Wenigsten habe ich hier den genauen Überblick auf das Geschehen und zeige ihnen, dank aufgeklebten Wegweiser auf meinem nichtvorhandenen Haupthaar, wo’s lang geht. Nun, nur um’s vorweg zu nehmen, ich bin nicht der einzige, der den Kopfflaum hier vermissen lässt. Und deshalb fällt’s auch nicht weiter auf. Und ich gehör’ ja schließlich als zusätzliches viertes Mitglied auch zur Band. Nein, irgendwie geht’s mir nicht in die Großhirnrinde. Was? – Nun ganz einfach. Wie kann man sein neuestes Meisterwerk einerseits - ’Speak of the Dead’ nennen, andererseits aber live so eine Springlebendigkeit an den Tag, pardon an den Abend legen, dass sämtliche Zombies aller Headbanger Philosophien mitnichten an feuchte Träume fünf Meter unterhalb der Radieschen Zone denken, sondern lieber ihre, bereits etwas verschimmelten Häupter andächtig im ¾ Takt schüttlen. Oder ist es ein 7/8 Takt? – Pfeif     drauf..... ha ha...'

Nein, Spaß beiseite, das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun. Klischee ist ohnehin alles, sowohl unser Titel namens ‚Speak Of The Dead’, als auch eine Live Performance von meinen alten Herren hier oder meiner gnädigen Willen selbst. Jawohl ich tanze auch Rock’n’Roll, wenn auch nur an diesem verdammten Ständer hier.
 Und der einzige Blickfang on stage außer mir, sind diese drei, auch nicht mehr ganz so taufr...äh.... jugendlichen Vertreter der hardrockenden Zunft, die aber nach wie vor mit Sicherheit jedem Jungspund locker das Wasser reichen können. Aber gut, verglichen mit mir, sind sie allesamt noch immer in ihren early twens.

Das positive an meinen Buam ist, dass keiner der Drei in irgendeiner Weise ein hervorstechendes Individuum darstellt. Peavey, unser Dickerchen im Multikulti-Verein, dominiert mit seiner stattlichen Erscheinung, wie gewohnt einen Großteil der Bühne. Victor, unser russisches Glanzlicht, sticht durch sein extravagantes Gitarrenspiel heraus, und über Mike, the Animal, -  Terrana muss ich wohl nicht mehr viel dazu sagen. Der drischt auf sein Baby ein, dass die Basstrommel Tango tanzt und die Felle einmal mehr ihre Unschuld verlieren. Was für ein Drummer, oder sollte ich, wie vorhin erwähnt, besser sagen, Animal?! Da bleibt kein Auge trocken. Man muss ihn wirklich bewundern, wie Mike einerseits  das Schlagzeug bearbeitet, dass die Funken fliegen und in einer anscheinend unkontrollierten Rage eine Art Zerstörungswut an den Tag legt, wo doch andererseits jeder Beat exakt und mit feinster Perfektion zum Detail geschlagen wird. – Das arme Drumkit betet jedes Mal ein Vater Unser, um halbwegs ungeschoren davon zu kommen, sag ich Euch. Da steck ich  dann doch lieber am Mikroständer.

Jawohl, das ist Showtime, und der Slogan ‚Speak Of The Dead’ widerspricht sich mit der explosiven Party, die onstage im Gange ist. Bei unserer Musik handelt es sich jedenfalls um Metal der alten Schule, bzw. der herkömmlichen Gangart, nichts außergewöhnliches, stilistisch auffälliges oder gar neues. Aber so wie es sich schon bei vielen anderen Vertretern der harten Zunft immer wieder bewährt hat, so lehrt es uns auch hier, - bleib deinem Stil treu, dann bleiben dir auch die Fans treu. Aber versuche stets die Gewürze neu und schärfer zu variieren. Habt’s mich? – Okay, noch mal zum besseren Verstehen... Meine Schützlinge haben ihren Stil entwickelt, den sie treu verfolgen, ohne Abweichungen oder Extravaganza, aber immer noch mit viel Enthusiasmus und Spielfreude propagandiert und einigen Showeinlagen versehen, - gell Mike?!!!  Victor lässt sein Werkzeug Salto Mortale springen und zeigt der Fachwelt die Sprünge zwischen hohem C und tiefem D, oder dis oder cis... – weiß der Geier was, ich bin nun mal kein Gitarrist, sondern nur ein dummer Knochenschädel, und verlass’ mich rein auf mein imaginäres Gehör. – Hab ich wirklich, ich schwör’s Euch. Und wenn Peavey mit seinem kraftvollen  Stimmchen los orgelt wie eine Nachtigall  im Stimmbruch, dass das Mikro vibriert, wie nach einem Ausbruch des Popokatabetls ( is’ irgendwo in Mexiko, der Feuerspeier-Berg – by the way), dann krieg ich echt Schiss, dass sich das Schanier meiner unteren Kinnlade lockert.

Wir haben Euch jedenfalls ein paar neue Mon Cherie ala carte mitgebracht, aber auch alte Gustostückerl wie ‚Baby I’m Your Nightmare’. Und ich wiederhole mich, so ist es alles fein säuberlich auf meiner horizontalen Stirnseite vermerkt und nichts zu übersehen. Auf gut deutsch – everything is under my control. Auf geht’s zum schichtln, und das lassen sich Peavey, Vicki und Mike nicht zwei dreiviertel Mal sagen. Alles auf mein Kommando und der Bär tanzt tscha tscha tscha. 

Leider Gottes hab’ ich vergessen die Setlist nach der Schlacht um Waterloo, weiter zu leiten an entsprechende Stelle, und somit will ich hiermit in etwa nochmal unser Programm kurz anführen, wenn auch mit kleinen Abweichungen. ‚Tschuldigung, bin halt nicht mehr der Jüngste, und meine fehlenden grauen Zellen, sowie die potentielle Erschöpfung nach so einem Urknall, tun das ihrige. Aber hier we go:


Speak Of The Dead
No Fear
Down
Turn The Page
Crucified
Drum Solo
Enough Is Enough
Baby, I’m Your Nightmare
Suite Lingua Mortis
Guitar Solo
War Of Worlds
Human Metal
Don’t Fear The Winter

Full Moon
Higher Than The Sky
             

Ich hoffe, ich hab jetzt nichts durcheinander gebracht. Kurz und gut, ‘Speak Of The Dead’ ist mir gewitmet, - klar doch. ‚No Fear’ ist die Parole, der ich allerdings nicht immer zustimmen kann, denn manchmal mach ich mir ganz schön in die Ho.... äh durchs Oberkiefer, wenn das Mikro ausflippt. ‚Down’ – hä hä…. geht nicht, ich sitz oben. ‚Turn The Page’ – geht auch nicht, ist ja angeklebt. 

‚Drum Solo’ – haaaallllllttttt Mike, nicht so stürmisch, und beim Triumphzug  des Gladiators bitte nicht meinen Thron umrennen, sonst wird der nächste Song zur schrecklichen Wirklichkeit mit – ‚Baby I’m Your Nightmare’. Dann wirst Du mich kennenlernen Mikey Boy. Nächstes Kapitel: ‚Suite Lingua Mortis’ – klingt doch intellektuell, findet Ihr nicht auch? – 
                                                                 
Okay Victor – go for it und zeig’s ihnen mit deiner Sechs Saiten Bravur Einlage, damit diese dann anschließend den ‚War of The Worlds’ herauf beschwört. – Keine Angst, das ist alles nur ‚Human Metal’, und das bereits bei milden Temperaturen, und ich kann Euch beruhigen – ‚Don’t Fear The Winter’ anymore.....  ‚Full Moon’ haben wir obendrein heut nacht, trotz Wolken, und alle hier drinnen in der heiligen Suite von All-Karth schweben ‚Higher Than The Sky’. Hab ich das nicht wirklich schön beschrieben? Bin ganz stolz auf meine lyrische Ader.

Anyway, wir sind alle Profis, und was traditional Heavy Metal angeht, kann uns kein gottverdammter Headbanger mehr auf diesem Globus einen Osterhasen für ein australisches Buschkänguroo   vorgaukeln. Ja Freunde der Nacht - und Nieten-Juwelen. Wir haben einmal mehr gewonnen hier und heute, - and now... it’s Party-Time.......yiiipppiieeehhh!!!!  Halt, Stopp.... haaallllttt, was macht ihr denn mit mir, ihr scheinheiligen Pappnasen? Ich will nicht in die Kiste, ich will mit feiern und auch ein bayrisches Weißbierchen  plätschern..... neiiiinnnn,  pfui, weg da, Abflug, Finger weg du ausgschamter Hallodrie, - ich will nicht,....  ja, kruzifix halleluja sakrament nochamal.... Hiiilllllffeeeeee !!!!!!!!!!!

                                                                                                             

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FREEDOM

CALL

Nun, als unsere Friedensengel hier die Allgäuer Bretter die die Welt bedeuten, besteigen, befindet sich unser Charlie Deadbone, Glücksbringer und Oberfeldwebel von Rage, noch in seinem Transportsarkophag und Winterschlaf. Folglich kann er auch noch keinen Kommentar und metallische Weisheiten ala’ Konfuzius ablassen. Also bleibt das wohl oder übel mir überlassen, noch einige Worte zum Support und Anheizer tonight – hinzuzufügen.
Tja, was soll ich dazu sagen. Jung-Siegfried lässt grüßen, - nette Jungs, hübsch anzuschauen. Und die Augen mancher weiblichen Hard Rock Fetischistinnen glänzen wie Sternspritzer unterm Weihnachtsbaum. Und seien wir mal ehrlich, so ein bisschen gehört die allgemeine Attraktivität schon auch dazu, gelle?!! Es heißt ja so passend – Sex & Drugs & Rock’n’Roll. Und die wenigen Schönen der Nacht, die sich hier mit Wallehaar und  verführerischem Dekoltee in der ersten Reihe den heiß umkämpften Platz streitig machen, wetteifern in der Gunst, den einen oder anderen verführerischen Blick von Mr. Universum & Co. zu erhaschen. - Hairmetal im wahrsten Sinn des Wortes. Was Rage in der Hinsicht zu wenig besitzen, ist hier schon fast zuviel des Guten vorhanden. Die Achtziger lassen grüßen in Sachen Hairstylistic.

Musikalisch verfolgen Freedom Call eine eher leichte kommerzielle Gangart, die u.a. in die Schublade des sogenannten Melodic Rock einzuordnen ist. – Ach wie ich es hasse – dieses Nischen-Denken. Musik ist Musik, gut oder schlecht – aus, Schluss oder Amen.
Wobei der Truppe mitnichten Musikalität abzusprechen ist. Hier ist durchaus ein gewisses Potential vorhanden, dass seinen Platz im Kirchenchor sucht. Nur dank dieser etwas zu straighten Linie, die unsere Hardrock Chippendales verfolgen, droht jene in dem, fast schon unüberschaubaren Genre - Dschungel etwas verloren zu gehen. Passt bloß auf, dass euch nicht mal ein giftiger Urwald Pfeilfrosch in den großen Zeh zwickt. Die Gefahr sich im Sumpf  all dieser anderen melodischen Hardrock Amazonen zu verlieren, ist nur allzu groß.

Aber mit etwas Gespür für’s Detail und Business, und noch ein bisserl mehr Individualität, wird der deutsche Export  mit Sicherheit seine Position weiterhin ganz passabel verteidigen. Unseren Segen haben sie jedenfalls – mit oder ohne  Mr. Universum Ambitionen, aber definitiv von allen Heavy Metal Bräuten dieser Welt vergöttert....na ja, vorerst mal in Germany denk ich...



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