Hi,man
nennt mich Bond, James...nein, Charlie Bond 007.
So nenn’ ich mich jedenfalls jetzt mal, weil ich selbst nicht genau
weiß, wie mich meine Chefs getauft haben. Sie haben’s mir jedenfalls
bisher noch nicht geflüstert, so wie sie sich
generell viel zu wenig mit mir befassen und mich allerhöchstens
mit einem angeklebten Bart aus Tesafilm ärgern. Eine Frechheit ist das,
und auch, dass sie mich da so plakativ auf den Mikrophonständer
aufgesetzt haben. Ich hab’ mich ehrlich gewehrt, konnte aber leider
nichts machen. Wenigsten habe ich hier den genauen Überblick auf das
Geschehen und zeige ihnen, dank aufgeklebten Wegweiser auf meinem
nichtvorhandenen Haupthaar, wo’s lang geht. Nun, nur um’s vorweg zu
nehmen, ich bin nicht der einzige, der den Kopfflaum hier vermissen lässt.
Und deshalb fällt’s auch nicht weiter auf. Und ich gehör’ ja
schließlich als zusätzliches viertes Mitglied auch zur Band. Nein,
irgendwie geht’s mir nicht in die Großhirnrinde. Was? – Nun ganz
einfach. Wie kann man sein neuestes Meisterwerk einerseits - ’Speak of
the Dead’ nennen, andererseits aber live so eine Springlebendigkeit an
den Tag, pardon an den Abend legen, dass sämtliche Zombies aller
Headbanger Philosophien mitnichten an feuchte Träume fünf Meter
unterhalb der Radieschen Zone denken, sondern lieber ihre, bereits etwas
verschimmelten Häupter andächtig im ¾ Takt schüttlen. Oder ist es
ein 7/8 Takt? – Pfeif drauf..... ha ha...'
Nein,
Spaß beiseite, das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun. Klischee
ist ohnehin alles, sowohl unser Titel namens ‚Speak Of The Dead’,
als auch eine Live Performance von meinen alten Herren hier oder meiner
gnädigen Willen selbst. Jawohl ich tanze auch Rock’n’Roll, wenn
auch nur an diesem verdammten Ständer hier.
Und der einzige Blickfang
on stage außer mir, sind diese drei, auch nicht mehr ganz so
taufr...äh.... jugendlichen Vertreter der hardrockenden Zunft, die aber
nach wie vor mit Sicherheit jedem Jungspund locker das Wasser reichen können.
Aber gut, verglichen mit mir, sind sie allesamt noch immer in ihren early
twens.
Das positive an meinen Buam ist, dass keiner der Drei in irgendeiner
Weise ein hervorstechendes Individuum darstellt. Peavey, unser
Dickerchen im Multikulti-Verein, dominiert mit seiner stattlichen
Erscheinung, wie gewohnt einen Großteil der Bühne. Victor, unser
russisches Glanzlicht, sticht durch sein extravagantes Gitarrenspiel
heraus, und über Mike, the Animal, -
Terrana muss ich wohl nicht mehr viel dazu sagen. Der drischt auf
sein Baby ein, dass die Basstrommel Tango tanzt und die Felle einmal
mehr ihre Unschuld verlieren. Was für ein Drummer, oder sollte ich, wie
vorhin erwähnt, besser sagen, Animal?! Da bleibt kein Auge trocken. Man
muss ihn wirklich bewundern, wie Mike einerseits das Schlagzeug bearbeitet, dass die Funken fliegen und in
einer anscheinend unkontrollierten Rage eine Art Zerstörungswut an den
Tag legt, wo doch andererseits jeder Beat exakt und mit feinster
Perfektion zum Detail geschlagen wird. – Das arme Drumkit betet jedes
Mal ein Vater Unser, um halbwegs ungeschoren davon zu kommen, sag ich
Euch. Da steck ich dann doch lieber am Mikroständer.
Jawohl, das ist Showtime, und der Slogan ‚Speak Of The Dead’
widerspricht sich mit der explosiven Party, die onstage im Gange ist.
Bei unserer Musik handelt es sich jedenfalls um Metal der alten Schule,
bzw. der herkömmlichen Gangart, nichts außergewöhnliches, stilistisch
auffälliges oder gar neues. Aber so wie es sich schon bei vielen
anderen Vertretern der harten Zunft immer wieder bewährt hat, so lehrt
es uns auch hier, - bleib deinem Stil treu, dann bleiben dir auch die
Fans treu. Aber versuche stets die Gewürze neu und schärfer zu
variieren. Habt’s mich? – Okay, noch mal zum besseren Verstehen...
Meine Schützlinge haben ihren Stil entwickelt, den sie treu verfolgen,
ohne Abweichungen oder Extravaganza, aber immer noch mit viel
Enthusiasmus und Spielfreude propagandiert und einigen Showeinlagen
versehen, - gell Mike?!!! Victor
lässt sein Werkzeug Salto Mortale springen und zeigt der Fachwelt die
Sprünge zwischen hohem C und tiefem D, oder dis oder cis... – weiß
der Geier was, ich bin nun mal kein Gitarrist, sondern nur ein dummer
Knochenschädel, und verlass’ mich rein auf mein imaginäres Gehör.
– Hab ich wirklich, ich schwör’s Euch. Und wenn Peavey mit seinem
kraftvollen Stimmchen los
orgelt wie eine Nachtigall im
Stimmbruch, dass das Mikro vibriert, wie nach einem Ausbruch des Popokatabetls
( is’ irgendwo in Mexiko, der Feuerspeier-Berg – by the way), dann krieg ich echt Schiss, dass sich
das Schanier meiner unteren Kinnlade lockert.
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