Quizfrage: nenne mir eine Rockband,
die seit 36 Jahren in ein und demselben Line up unterwegs ist und nie
einen Musiker ausgetauscht hat. Das haben bislang noch nicht einmal die
Rolling Stones fertig gebracht. Mir fällt, ehrlich gestanden, spontan
nur eine ein, und das ist Golden Earring. Keiner kann dieses Phänomen
erklären, wenn es überhaupt eines ist, oder lediglich nur die Tatsache
einer, von Beginn weg, hervorragenden zwischenmenschlichen Basis. Gegründet
bereits 1964 von George Kooymans und Rinus Gerritsen,
kam 1967 Barry Hay und 1970 Cesar Zuiderwijk dazu. Und seitdem steht dieses Line up.
Jawohl, sie sind eine living Legend, wie man so schön sagt, und
sie leben noch heute hauptsächlich von 'nur' zwei Songs, nämlich ‚Radar
Love’ und Twilight Zone’, jedenfalls was den Rest der Welt betrifft
- leider!.
In ihrer Heimat, den Niederlanden kennt man wahrscheinlich so gut wie
jeden Ton, den die, inzwischen ergrauten Rocker jemals produziert haben.
Und dort sind Golden Earring auch nach wie vor konstant on the road und
touren sich buchstäblich
den Arsch auf. ‚Just let’s have fun’ ist die Devise. Vom
finanziellen Aspekt haben sie es sicherlich nicht mehr nötig.
Und ja, sie haben uns mindestens 10
Jahre lang vernachlässigt
mit ihrer Live Präsenz, sowohl in Germany als auch im Rest der Welt, was
hauptsächlich an der Ingoranz der Medien liegen dürfte, welche Golden
Earring als Fossil mit Kultstatus ad akta gelegt haben. Klar, im Radio läuft
immer noch ‚Radar Love’ und ‚Twilight Zone’ rauf und runter, aber
das war’s dann auch schon. Dank dieser Tatsache kennt Otto
Normalverbraucher hierzulande auch nicht viel mehr von dieser, doch so
genialen Rockband, die es auch nach so vielen Jahrzehnten immer noch
versteht zu rocken. – Wir Münchner können uns nunmehr glücklich
schätzen, denn George
Kooymans, Rinus Gerritsen, Barry Hay und Cesar Zuiderwijk haben
sich tatsächlich für eine One off Show in
Deutschland in diesem Jahr -
hier in der bayrischen Landeshauptstadt breitschlagen lassen. Zugegeben, die Umstände sind
nicht unbedingt die allerbesten, so hat man diesen Gig in das Sommer
Tollwood Festival integriert. Gespielt wird im Zelt bei +35 Grad Celsius,
und schon um 19 Uhr, da bekanntlich alle Tollwood Konzerte um diesen frühen
Zeitpunkt vom Stapel laufen. Und die Akustik ist auch wieder mal unter
aller Kanone. Aber für all das kann die Band selbst eigentlich gar
nichts.
Ohne Support legen die vier Oldies los mit ‚Love Chain’. Später folgt
noch ein Titel – ‚Gambler’s Blues’ aus jenem hervorragenden
vorletztem Album ‚Paradise In Distress’, dem meiner Meinung nach,
besten Longplayer, den Golden Earring jemals fabriziert haben, allerdings
mitnichten der erfolgreichste. Kult hin oder her, sie sind immer noch
erstklassige Musiker und wirken keinesfalls wie so manches andere
abgehalfterte Relikt aus den Sechzigern. Aber sie machen einen taktischen
Fehler, haben wahrscheinlich nicht daran gedacht, dass 90% aller Freunde
klassischer Rockmusik eben nur die, oben erwähnten Aushängeschilder
Tracks kennen und sonst, gelinde gesagt, gar nichts. Nur ein kleiner
Bruchteil, der hier anwesenden Freaks weiß mit dem genialen Rest was
anzufangen und mokiert sich augenblicklich
über, in der Setlist nicht enthaltene Stücke, wie ‚Back
Home’ oder ‚Kill Me Ce Soir’. Aber allen und jedem Genüge zu
tun, ist ansich schon eine Kunst für sich. Und das schaffen Golden
Earring gegenwärtig so nur noch in Holland wo sie nach wie vor, als die
größte Rockband gelten, die dieses Land jemals hervorgebracht hat. Wenigstens beweisen sie
uns gerade bei ‚Radar Love’, dass sie immer noch hervorragende
Musiker sind, verquicken sich in improvisierte Soundstrukturen und heben
das Können jedes Einzelnen gebührend hervor, ohne dass dies in Endlos
Soli ausartet. Trotzdem, etwas weniger wäre vielleicht mehr gewesen, und
dafür ein ‚Back Home’ hinzu gefügt.
Back Home sind sie hinterher dann auch ganz schnell wieder abgezischt, und
es bleibt lediglich die Hoffnung, dass wir irgendwann diese
eigentlich doch noch so gute Band wieder -und noch einmal live
erleben dürfen, und das......
unter, wie ich oben schon sagte, - hoffentlich anderen Umständen.
Aftershow Pics im Diary
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