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Als erstes möchte ich gleich was vorausschicken. Das hier ist nicht Mick Jaggers verlorengegangener schräger Halbbruder da oben sondern David Johansen, der legendäre Sänger der New York Dolls, der nach 30 Jahren Pause, lediglich lapidar meint: "Wir waren die Typen an der Spitze und ganz kurz vorm Ziel, doch dann fielen wir hin und brachen uns die Beine". Und genauso war es auch.
1971 aus der Taufe gehoben von Arthur ‚Killer’ Kane, verbuchten diese Paradiesvögel speziell durch ihre extensiven Live-Shows etliche Erfolge, die sich allerdings kurioserweise  kaum auf die Albumverkäufe der zwei Longplayer "New York Dolls" und „Too Much Too Soon“ auswirkte, die 1973 und 1974 erschienen, produziert übrigens von keinem geringeren als Todd Rundgren. Sie stiegen wie Phönix aus der Asche im Dunstkreis der Andy Warhol Pop Art Ära. Und ihre Musik war/ist eine Mischung aus Glamrock und Punk. Das Line up damals: Arthur "Killer" Kane (bass), David Johansen (voc) und Rick Rivets (git), der allerdings alsbald durch Syl Sylvain ersetzt wurde. Ferner Johnny Thunders (git) und  Billy Murcia (Drums), Dank exzessiver Rauschorgien kehrte Murcia von der einzigen England Tour gar nicht mehr zurück und verstarb in London an einer Überdosis Drogen. Jerry Nolan hieß der Ersatz, und da ging die Party erst richtig los. Der Haken war nur, dass jene wieder ein rasches Ende erfuhr, und nach einigen weiteren krampfhaften Versuchen die Band noch am Leben zu erhalten, war 1977 dann endgültig Schluß mit lustig. Übrigens auch Nolan verstarb später an einem Schlaganfall, genauso wie Johnny Thunders an Drogen.  – Trotz der miserablen Albumverkäufe hatten es die New York Dolls zu einer Art Kultstatus gebracht, sowie den Ruf, dass sie die eigentlichen Begründer des Punks gewesen wären. Aber gut, das wird von Iggy Pop und den Ramones auch behauptet. 

Tatsache ist, dass es jetzt fast 30 Jahre später ausgerechnet der englische Musiker Morrisey war, der die New York Dolls dazu veranlasst hat sich zu reformieren. So geschehen im Jahr 2004 beim Meltdown Festival in London. Johansen, Kane und Sylvain treffen sich wieder und werden noch von Libertines-Drummer Gary Powell, Gitarrist Steve Conte und Keyboarder Brian Koonin unterstützt. Die beiden Auftritte erscheinen in einem Zusammenschnitt auf der DVD "Morrissey Presents: The Return Of The New York Dolls. Live At The Royal Festival Hall". Als tragischer Umstand erwies sich die Tatsache, dass Arthur ‘Killer’ Kane kurz nach der Reunion im Alter von 55 Jahren an Leukämie verstarb. Für ihn spielt jetzt Sammy Jaffa den Bass, der ursprünglich zum Original Line up der Hanoi Rocks gehörte. Und am Schlagzeug sitzt jetzt Brian Delaney. – Im vergangenen Juli erschien das Reunionsalbum "One Day It Will Please Us To Remember Even This". Und hier sind sie nun, 30 Jahre später und nach wie vor topfit. Zumindest was Syl Sylvain und David Johansen betrifft, die beiden Überlebenden der Pop Art Ära. Man merkt es deutlich, dass die Spielfreude wieder vorhanden ist. Zwar ist die Show nicht mehr so wild und crazy wie damals, und Johansens Greta Garbo Kostüm hat wohl auch das Zeitliche gesegnet. Aber etliche glitzernde Strassketten- und Armbänder samt etwas Theaterschminke zeugen noch immer vom damaligen Glanz. Und was das wichtigste ist, sie haben nix verlernt, auch wenn Johansen weithin sichtlich ein Notenpult neben sich on Stage platziert hat mit einem Textbuch zur hilfreichen Gedächtnisstütze. 
                                        

Er verwendet es nicht oft, muss man dazu sagen, blättert aber trotzdem bei jedem Track eine Seite weiter. – Das Ganze wirkt etwas ulkig neben der eigentlichen Präsenz. Ich muss jetzt  allerdings offen sagen, - lieber ein Frontmann, der seinen Text abliest, aber trotzdem gut ist, als einer, wo der Gesang vom Band kommt. (so leider des öfteren in letzter Zeit geschehen)

Eine Show der New York Dolls ist ein Dejavu an längst vergangene Zeiten, unterstützt von Songs wie "Personality Crisis", "Jet Boy" und "Subway Train" nach denen einige Fans immer wieder lautstark verlangen, - solange bis sie gespielt werden. Ein Spargeltarzan ist noch fett gegenüber  Johansens klappriges Gestell, und er hat noch immer etwas vom einstigen Provokateur, und sei es nur die Jeans, Größe 28 mit offensichtlich nix drunter. Und ja klar, die Ähnlichkeit zu Mick Jagger ist immer noch frappierend, vielleicht mit dem Unterschied, dass Johansen noch einige Falten mehr zu verzeichnen hat als sein berühmter Kollege.  Aber das tut seinem allgemeinen Elan keinen Abbruch, und Sunglasses at Night ist die Devise. Sylvain hingegen gibt sich eher bedeckt samt Hut und Krawatte, hat aber seinen unvergleichbaren Gitarrenstil beibehalten. Der Rest  der Truppe bringt dann noch optisch ein jugendliches Bild auf die Bühne und den zusätzlichen Drive. Die ca. 200 Fans danken es ihnen und feiern die Party enthusiastisch mit. Nein, ehrlich gestanden, ich glaube nicht, dass den New York Dolls beim zweiten Frühling ein Riesen-Karriereschub beschieden ist. Dazu können sich leider nur noch die wenigsten an damals erinnern. Und neue Liebhaber des Retro-Popart-Glamrock zu gewinnen, dürfte gegenwärtig schwierig sein. Aber das ist ja nichts neues. Also lasst uns schwelgen in Nostalgie und vor allem hoffen, dass es die New York Dolls trotzdem etwas länger aushalten diesmal. Man wird ja schließlich auch älter und weiser, - sagt man! Und ein Erlebnis sind sie live noch immer und allemal....

http://www.nydolls.org/