149

Es passiert selten, aber es passiert. Nämlich dass ich so ziemlich hilflos und allein auf weiter Flur dastehe mit einem Konzertrückblick bei welchem ich mich verzweifelt frage, wie ich ihn jetzt objektiv beurteilen soll. Denn entweder ist bei dieser Art von akustischem Hörgenuss  mein fünftes Sinnesorgan nicht genügend geschult, oder aber die sanfte Berieselung brachialer Urgewalt ist schlicht und ergreifend eine Nummer zu hoch für mich. Death Metal nennt sich diese Unterkategorie der harten Gangart und besticht  durch ihre typisch – Noise Level critical – geprägten, unmelodiösen  Klanggewitter, die vor allem durch Gitarre und Schlagzeug hervorgerufen sind, unterstrichen durch eine nicht unbedingt, Caruso-tenor-trällernde orale Libretto  Beschwörung. Heilig’s Blechle.... da kommt das Tanzbein in Schwung, und die frisch geföhnte Langhaar-Kreation wird nicht gerührt aber fleißig durch geschüttelt und  das ganze Odövre auch noch sagenhafte vier Stunden lang. Was für ein Kunstgenuss für Freunde des niveauvoll, gepflegten Suicide Metals.

Die Masters of Death, das sind in der Münchner Reihenfolge: Grave, Unleashed, Entombed und last but not least Dismember. ‚Münchner Reihenfolge’ übrigens deshalb, weil auf dieser Tour der musikalischen Vernichtung, stets ausgeknobelt wird, wer wann wie spielen darf. Nach welchem System hierbei vorgegangen wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber ich denk’ mal, dass so jeder den Krug mal zum Brunnen tragen darf und somit die finalen Lorbeeren abkassieren kann. Ich für meinen Teil habe versucht die Unterschiede zu differenzieren. Nicht so einfach bei dieser geballten Ladung musikalischer Vielfältigkeit:-))   die grazil und leichtfüßig versucht, die Leichtigkeit des Seins in die Schädel der schätzungsweise etwa 400 Fans zu brettern.

Die Nummer Eins kommt aus Schweden, klingen nicht ganz so melodiös wie ABBA oder Roxette und sehen aus, als ob sie tatsächlich frisch der Gruft entstiegen wären. Dario Argentinos Zombies lassen grüßen. Die Band sollte mal anfragen, ob der berühmte italienische Filmemacher sie nicht für sein nächstes Projekt ‚Demons from the Graveyard’ engagieren möchte. Na ja, ich meine, ein kleines Zubrot wäre es allemal. Aber es ist zumindest eine wahre Freude zu beobachten mit was für einem Engagement diese Untoten aus dem hohen Norden ihre Messe zelebrieren. Da könnt' sich jeder scheinheilige Pfaffenheini beim Rosenkranz beten eine Scheibe abschneiden.
 
Streich Zwei sind ‚Unleashed’, ebenfalls aus Schweden, dem Land des ultimativen Death Metals, wie es den Anschein hat.

Dieser Todesschwadron  ist kein ganz unbekannter Kandidat für mich, habe ich sie doch schon beim letzten Bang Your Head live on stage erlebt. Aber ehrlich gestanden, am besten ist mir in Erinnerung geblieben, als der Fünfer gebannt vorm Backstage TV-Screen am Boden saß und mit Angstschweiß auf der Stirn ein

Stoßgebet zum Hi.... sorry, zur Hölle  geschickt hat, damit Schweden in der Vorrunde gegen Deutschland gewinnen möge. Und dass auch Death Metaller Krokodilstränen heulen können, das kann ich persönlich mit drei erhobenen Fingern bezeugen.
Nun, das bringt wohl nur  das Phänomen Fußball zustande.  Ansonsten simma harte Burschen gelle?! Wir müssen schließlich dem Image des Genres gerecht werden. Unleashed frönen zwar der selben Nische dieser Art von Schwermetal, aber sie besitzen im Gegensatz zu Grave sogar so was wie eine klare Struktur. Und man kann in Ansätzen die Linie relativ gut erkennen der sie folgen.

Hey sorry, ich gehe hierbei von meinen eigenen Empfindungen  aus. Und solche sind stets subjektiv. Aber zumindest gebe ich mir alle Mühe mich mit dieser Musikrichtung auseinander zu setzen. Yep, es kommt gut an, sogar sehr gut. Und so mancher deathmetallische Freak hat ein Funkeln in den Augen, als ob er unterm Weihnachtsbaum stünde. Halt Leute, dazu ist es jetzt doch noch etwas zu früh.- Anyway, Unleashed geben sich alle Mühe ihre Message mit Charme und sexy Augenaufschlag zu übertragen und... nebenbei bemerkt, für dieses Genre ist sogar die Optik noch relativ erträglich. Zumindest für uns weibliche Zaungäste, die sich andererseits aber mit Sicherheit an 2 x 10 Fingern abzählen lassen heute Abend.

Nächster Streich: ‚Entombed’ – auch keine Unbekannten mehr in dieser Szene mit dem einzigen Unterschied, dass wir nimmer in Schweden weilen sondern in unserer herzallerliebsten Heimat Germany. Wenigstens macht unser Adonis hier seine Ansagen in deutsch. Denn ich persönlich finde nix mehr lächerlich, als wenn ein deutscher Act in Deutschland dann ultracool seine Zwischenkommentare in american english abgibt. Pfui Deifi! Man kann auch so up to date wirken. Unser Frontvogel bei Entombed ist klein aber nichts desto trotz lautstark und Stage - dominierend wenngleich auch nicht unbedingt zum Sexsymbol geboren. Und der spärliche Haarwuchs lässt ein optisch, spektakuläres headbangen nicht zu. Aber was solls, der Rest der Band besorgt jenes umso ausdauernder, begleitet von sämtlichen HardcoreSchäfchen im Publikum.  Heidamai... das ist eine Gaudi.... und Entombed profitieren außerdem offensichtlich unter einem sogenannten Homebonus.

Last but not least Dismember, die diesmal die Headliner Position einnehmen. Und fest steht, die Combo hat tatsächlich humoristischen Unterhaltungswert, dank verschrobenen Floskeln, ulkigen Verrenkungen und eindeutigen deathmetallischen Body-Stellungen. Und das Ganze nicht ganz so ernst genommen.... Yep, genau so is' es. Das ist lustig und abwechslungsreich. Und auch wenn man sich, so wie ich, etwas schwer tut, diesen Musikstil zu verstehen und zu kapieren, so kann ich bei diesem letzten Lichtblick hier, doch zumindest lachen  und ihnen  einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen. Wir  lassen  das Gespenst von Canterv.... nein den Geist aus Ghostbusters lustig Purzelbaum schlagen als Logo auf dem metallischen Shirt und halleluja singen.

Fest steht, jede Band hat ihre Daseinsberechtigung, genauso wie jeder Musikstil. Ob Opernarien, Popliedchen oder ein Heavy Metal Donnerwetter, man sollte nie etwas verurteilen, nur weil’s einem selbst nicht gefällt oder liegt. Richtig mies kann auch die eigenen Lieblingsband on stage sein, wenn sie einen bad day hat. So what?! Es lebe der Death Metal, und zwar für all diejenigen denen der Höllenzauber gefällt....

PS.: na ja, DJ Ötzi und Daniel Küblböck lass' ich da jetzt mal außen vor..... Ich meine - das mit der Daseinsberechtigung....
Und ich glaub', da steh' ich jetzt nicht allein da mit dieser Meinung.....