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Sodala, zur Abwechslung zwischen all den Rockacts inbetween, haben wir hier ein echtes Juwel, das München nach vielen Jahren der Abstinenz wieder einmal beehrt. Die Älteren unter uns, die sich nicht ‚nur’ mit Hardrock, sondern auch mit anderweitigen Sparten des Genres ein wenig befassen, bekommen glänzende Augen bei dem Namen. Jawohl, Al Stewart, der Al Stewart, der Ende der Siebziger seine größten Erfolge mit Year of the Cat" (1976) und "Time Passages" (1978) feierte, der das Gitarre-spielen von Robert Fripp von King Crimson erlernt hatte, und der heute mit 61 Jahren live on stage besser ist als jemals zuvor. Seine Laufbahn begann der gebürtige Schotte 1966 mit der Single ‚Elf’. Ein Jahr später folgte die LP "Bedsitter Images". Dann geht’s Schlag auf Schlag. Mit den Folkalben "Love Chronicles" (1969), "Zero She Flies" (1970) und "Orange" (1972) begründet er seinen musikalischen Stil, der von autobiografischen Geschichten inspiriert ist. Und obwohl Jimmy Page und Phil Collins mitgeholfen haben bei all diesen Kunstgenüssen, so ließ der kommerzielle Erfolg dennoch auf sich warten. "Past, Present and Future" (1973) bringt dann die Wende. Historische und zeitgenössische Ereignissereichert er  mit Zitaten aus Film und Literatur an. Besonderes Aufsehen erregen seine Verweise auf Nostradamus. Al Stewart wandert nach Amerika aus. 

Neben der Leidenschaft für die Musik besitzt der Weinconnaisseur einen der besten Weinkeller Kaliforniens. Er ist sogar an der Börse damit zugange. "Last Days of the Century" (1988), "Famous Last Words" (1993) und "Between the Wars" (1995) sind weitere Alben, die aber nicht mehr an die Erfolge der späten Siebziger und frühen Achtziger anknüpfen können. Das letzte Werk "A Beach full of Shells" erschien 2005.
Aber Al Stewart gehört zu der Sorte von Künstlern, die noch 100 Alben heraus bringen könnten, und sie würden trotzdem immer mit ‚Year Of The Cat’ und ‚Time Passages’ verglichen werden und nie auch nur annähernd an jene heran kommen.
Aber er ist nicht allein on tour diesmal, sondern wird von dem kalifornischen Ausnahmegitarristen
Dave Nachmanoff begleitet. Der wiederum besitzt zwar nicht den Bekanntheitsgrad eines Al Stewart, aber auch er ist eine Klasse für sich in seinem Metier.

Al Stewart hat auf Daves neuem Album ‚Time Before The Fall’  mitgespielt. Und jener ist eben, neben seiner Soloarbeit ganz nebenbei Leadgitarrist von Al. Bleibt quasi alles in der Familie. Dave Nachmanoff beginnt den ersten Teil des Sets allein on stage,quasi als Support für sich und Al selbst. Er offeriert uns vier Songs von seinem aktuellen Teil, die in eine eher folkloristische Stilistik driften um anschließend umgehend den Star des Abends anzukündigen. Und er kommt, sieht, spielt und siegt, wie man so schön sagt. – Unser guter alter Schlachthof ist so gut wie ausverkauft. Und in bestuhlter Atmosphäre kommen die melodiösen Songs gekonnt getragen perfekt inszeniert an beim Publikum. – Und auch wenn sich viele Leser bei dieser Review nach wie vor fragen, - ja wer ist denn das eigentlich? So gehe ich doch mit Euch jede Wette ein, wenn ich Euch ‚Time Passages’ und ‚Year Of The Cat’ vorspielen würde, dann käme ein wissendes ahhh oder ohhh von Euren Lippen und der Kommentar: jawohl, das kenn’ ich doch.....  – Klar kennt Ihr dieses und jenes von Al Stewart ohne eigentlich zu wissen, um wen es sich dabei eigentlich handelt. –

 Aber die Leute, die heute Abend hier sind, die wissen um wen es sich hier handelt. Und spätestens bei ‚On The Border’ kommt richtig Stimmung in die Bude. ‚Time Passages’ beendet das erste Set, dem eine halbstündige Pause folgt. Der zweite Teil wird ebenfalls von sämtlichen Schaffungsphasen Al Stewarts bestimmt, immer und stets durch das exzellente Gitarrenspiel von Dave Nachmanoff begleitet. -  Nein, hier besteht kein Zweifel. Der liebe Gott hat’s ihm im Schlaf gegeben, und auch wenn er in den letzten Jahren immer wieder durch lange Abstinenz geglänzt hat, während der er sich wahrscheinlich seiner Weinsammlung gewidmet hat, Al Stewart ist live on stage nach wie vor eine Klasse für sich. Musikalisch aber auch der gewisse humorvolle Unterhaltungswert ist nicht zu verachten. Kurz vor der Pause meint er z.B.: „
wir machen jetzt eine Pause und ich rate Euch ein Glas zu trinken. Denn dann klingt alles noch viel besser in Euren Ohren. Wenn wir jetzt ein Glas trinken, klingt wahrscheinlich alles schlimmer als es ist. Also lasst uns alle zusammen mindestens fünf Gläser trinken, denn dann sind wir wieder auf dem gleichen Level und es kann nix passieren.
However, so gut wie das Konzert von Al Stewart ist, so bescheuert verlief das vorhergehende Interview mit ihm. Mein Fazit: - wahrscheinlich müssen geniale Musiker Spinner sein, damit sie überhaupt so gut sein können. Wäre nicht das erste Mal, dass ich das erlebe.
Solong......
                                                                                      
http://www.alstewart.com/


Foto anklicken & eine Aufzeichnung von 'Year Of The Cat' anschauen/hören
Allerdings war der gute Al da noch etwas jünger und ansehnlicher.....