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Yep, der Generationenwechsel findet definitiv statt, sehr langsam aber schleichend und unweigerlich. Und gerade bei einem Konzert dieser Band hier wird einem das wieder mal buchstäblich vors Auge geführt. Andererseits stellt sich einem als Fachmann, bzw. –Frau, augenblicklich die Frage, ob’s diese hoffnungsvollen Nachkommen von Elvis, Hendrix und Co. im nächsten Jahr auch noch gibt. In der heutigen Zeit ist das ja nichts außergewöhnliches. Heute hier, morgen wieder fort. Und das einzige was wirklich zum Fremdwort geworden ist, ist der Begriff Kultstatus. Den haben lediglich nur noch die wirklichen Reliquien von anno dazumal inne. Aber was ist, wenn diese erst mal weg gestorben sind. Die Stones haben allesamt ihren runden 60er schon längst überschritten, genauso wie Eric Clapton, Rod Stewart, The Who, Bob Dylan usw usw. Jawohl, wir lieben sie immer noch, sie sind unverwüstlich, und wenn Mick Jagger on stage einen lässt, oder Roddy zum 20sten Mal Daddy wird, dann jubeln wir. Sie sind erhaben über allem, dank ihrer Musik, die sie über viele Jahrzehnte hinweg in die Annalen der Rock’n’Roll History haben eingehen lassen. Der Nachwuchs bleibt dabei auf der Strecke. Sie sind jung, sie sind voller Tatendrang und Elan. Aber man lässt ihnen nicht mehr die Zeit sich zu entwickeln und zu entfalten. Sie stürmen los an die Front, geben alles, und zwar so sehr, dass nach spätestens einer Stunde und 10 Minuten Zapfenstreich ist. Die Kraftanstrengung ist immens und nahezu überirdisch. Und ihre, im Großen und Ganzen fast gleichaltrigen Anhänger danken es ihnen mit euphorischem Mitgesang- und Getanze. Die Erfahrung... nun gut, die steht auf einem anderen Blatt. Aber wie soll man diese mit knappen 20 Lenzen  auch haben, oder besser gesagt woher.


Die ‚Lost Prophets’ gehören genau in diese Kategorie der aufstrebenden Nachkömmlinge. Sie stürmen das Schlachtfeld mit der Unschuld rotzfrecher Lausefratzen, die es faustdick hinter den Ohren haben und sehen dabei aus wie halb pupertierende  Schüler eines Nobelinternats. Mit kurzem properen Haarschnitt und Designer Shirts stellen die Waliser, die übrigens aus dem selben Ort namens Ponypridd stammen, aus dem auch Tom Jones her ist, die New Generation of Rock’n’Roll Bands dar, die fast schon verzweifelt versucht, ihren dauerhaften Platz im Genre zu behaupten. In diesem Jahr ist ihr bislang drittes Album ‚Liberation Transmission’ erschienen. Laut Gitarrist Mike Lewis ist dies hier der Soundtrack zur Befreiung deines Lebens. Er meint weiters: „ diese Scheibe soll die Idee transportieren, dass du dich von allem befreien kannst, was dich bedrückt, so dass du einen Schritt vorwärts machen und ein Ziel erreichen kannst, das dich glücklich macht."
The Lost Prophets rocken sich buchstäblich den Arsch auf, und zwar bis zur Erschöpfung. Vor allem Sänger Ian Watkins, der ursprünglich hinterm Schlagzeug saß, kasteit sich selbst bis zur individuellen Kapitulation in Form eines Hechtsprungs ins Publikum. Jawohl, so lieben sie ihn, die Fans, - vor allem die weiblichen, derer ziemlich viele und vor allem in den ersten Reihen mit glänzenden Augen, ihrem Star huldigen. Und Ian genießt das Bad in der Menge und lässt sich wie ein Opferlamm hinweg tragen. Aber wie schon vorhin erwähnt, nach 70 Minuten ist der Saft raus und die Energie verschwendet. Nix geht mehr. – Alles in allem war’s ein kurzes, aber sehr intensives Intermezzo mit viel Power, straightem Rock, aber auch mit ein wenig Mangel an Erfahrung gepaart. – Wie sagt man so schön, was noch nicht ist, kann ja noch werden. Wir waren alle mal jung. Vorausgesetzt man bekommt die Chance und die Zeit zur individuellen Weiterentwicklung. Und letzteres ist leider nun mal Mangelware im Jetzt und Hier. -  Also doch wieder auf die alten Heroes zurück greifen??? – Zum Donnerwetter noch mal, - gebt der Jugend eine Chance. Sie haben es wirklich verdient. Und wenn dann immer noch Fragen und Wünsche offen sind... – nun ja, die Stones stehen in 10 Jahren sicherlich noch immer da oben und lassen einen drauf...

http://www.lostprophets.com