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... und kurz vor dem Jahresende überrollt uns noch einmal ein Heavy Metal Gewitter rein deutscher Natur hier in München mit sage und schreibe gleich sechs Bands. – Ist ja gut gemeint, aber ehrlich gestanden schlichtweg zuviel des Guten. Wobei zu betonen ist, dass sich das Gute gelinde ausgedrückt, bis auf den Headliner, mittel bis mäßig erweist. Zumindest was ich mitbekommen habe von diesem Dezibel Gemetzel im Mittelohr. Zugegeben, ich hab’ es konditionell nicht geschafft, sechs Verfechter dieses Achtziger Jahre Metal Kings zu verdauen, wobei auch ein zeitliches Handycap eine Rolle gespielt hat. Aber bei Act Nr. 4 namens Crystallion finde ich doch noch den Eingang vom Metropolis und lasse mich vom Ave Maria einer noch relativ jungen Band berieseln. Ach ja, man sollte sie natürlich trotzdem nicht ignorieren, die Anheizer dieses Spektakels, die auf die klingenden Namen wie NATOR (aus Dachau), SCAVANGER (aus Rosenheim), CYRING
(aus Berchtesgaden) hören. Glücklich über die Chance hier auftreten zu dürfen, haben sie alle mit höchster Wahrscheinlichkeit versucht, ihr Bestes zu geben. Denn, allzu viele solcher Chancen trödeln nicht in der Gegend herum.
 Die Besucherschaft ist trotzdem karg. Wahrscheinlich hat jeder teilnehmende Verein seinen Fanclub mitgebracht, - Gott Sei Dank – muss man jubilieren, denn sonst, seien wir mal ehrlich, wär’ nimmer viel übrig geblieben außer ein paar verlorene Seelen, drei Presseheinis inklusiver meiner selbst, und Weiki von Helloween, der rein zufällig mal eben von Hamburg nach München für eine Stipvisite geschippert war.
Aber zurück zu Act No. 4 im Metalbandwurm heute Abend. Crystallion haben eben erst ihr Album ‚
A Dark Enchanted Crystal Night’  veröffentlicht, genauer gesagt, am 4. Dezember, und sich damit selbst ihr schönstes Weihnachtsgeschenk vorzeitig gemacht.

Powermetal nennen sich die bombastischen Schmusetöne, die die selbsternannten bayrischen Tempelritter produzieren. (Anm. wobei da auch ein Ösi mitmischt, nur um’s erwähnt zu haben) Fakt ist, die Jungs zwitschern sich, wie schon vorhin erwähnt, durch die guten alten Zeiten des HM, das aber mit all dem Enthusiasmus, zu dem sie in ihren jungen Jahren fähig sind inklusive Steve Stevens kleinem Pseudo-Bruder an der Gitarre J).   Sogar die Körpergröße zum großen Idol kommt hin. Und bei nächster Gelegenheit stell ich Dir den Gitarrengott (der er eigentlich gar nicht ist)  persönlich vor, versprochen! – Wie auch immer, man merkt, dass unsere ungeschliffenen Kristalle hier noch einiges an Potential in den Pantoffeln haben. Und ich könnte mir gut vorstellen, dass mit ein wenig mehr Erfahrung und Praxis, auf gut deutsch – spielt Euch gefälligst den Arsch auf.... – dann gelingt es diesen Kiddies bestimmt, noch um einige Stufen höher zu klettern um ihren Tempelritter Orden gründlich zu polieren. Also auf geht’s zum schichtln und zwar früh und pünktlich, wenn Crystallion zum nächsten Support-Zapfenstreich blasen. 
                                                                     

                                                                                            
http://www.crystallion.net/

 

                                                   
Stormhammer... jetzt wird’s schwierig für mich persönlich, denn ich hab’ Euch wirklich gern Jungs. Aber sorry, das war wohl nix hier heute Abend. Pfeif drauf, ob da jetzt kaputte Monitorboxen verantwortlich dafür sind, oder dieses – noch nicht aneinander gewöhnt sein mit Schlagzeug und Gesang, oder das Gefühl heute mit dem falschen Bein zuerst aufgestanden zu sein. Es hat halt einfach alles nicht zusammen gepasst. Vielleicht solltet Ihr zudem die Dinge nicht so tierisch ernst sehen, denn da oben wirkt Ihr eher wie der Trauermarsch aus Mozarts Idomeneo, unbeweglich und statisch, - aber weniger wie energiegeladene Heavy Metal Götter. Ein bisserl mehr Bewegung on stage könnte nicht schaden, sofern physisch möglich. Und was Euch noch fehlt, ist ein bisserl Witz und Espirit. Das würde die Vorstellung gleich viel lockerer wirken lassen. Denkt mal drüber nach. Ich bin mir sicher, Ihr könnt das und seid auch in der Lage dazu. So what.... Rock’n’Roll ist immer noch Fun und kein Leichenschmaus im Mausoleum.

                                                                                               
http://www.stormhammer.de/


                                         
Und last but not least – Brainstorm aus dem Schwabenländle, die sich hier die Ehre geben. Und im Gegensatz zu den Vorgängern werden sie ihrem Namen durchaus gerecht. Na ja, vielleicht nicht ganz so stürmisch, aber locker vom Hocker und das, ebenfalls verglichen mit vorhergehenden Metalbarden, mit sogar sehr viel Witz. Das fängt bereits beim umwerfend-exotischen Akzent der Zwischenkommentare an, die die Problematik beim auswechseln von Stimmbändern erörtert bis hin zur Erläuterung des erhöhten Temperaturpegels.  Nein, es ist weniger das – was sie da oben machen. Es ist vielmehr wie sie es machen. Brainstorm beweisen, dass man mit einfachsten Mitteln die Fans aus der Reserve locken kann, und das, obwohl bereits etliche Besucher das Schlachtfeld verlassen haben. Letzteres so geschehen, da Otto Normalverbraucher früh aufstehen muss am kommenden Morgen, und die Uhr dank des kompakten Programms schon weit nach Mitternacht zeigt. Das Liquid Monster zeigt seine Power, obwohl das gleichnamige Werk bereits mehr als ein Jahr am Buckel hat. Macht nichts, der Wiedererkennungswert ist hoch, und der vielstimmige Chor ist den Gehirntornados sicher.

Und nach wie vor wird gelacht da oben. Wir haben Spaß – ist die Devise. - Und hoffentlich habt Ihr ihn da unten auch, ist das Echo... Jawohl, haben wir/ ich und überhaupt, nur meine armen Beine nicht. Die wissen nämlich mittlerweile nicht mehr, wie sie den großen Zeh Tango tanzen lassen sollen dank des akustischen Marathons.  Fest steht, Brainstorm wissen wo der Funke sitzt, und sie verstehen es, diesen entsprechend zu versprühen. Danke jedenfalls, das ist und war ein gelungenes Finale, und der klägliche Rest von uns Metal infizierten Schäflein geht letztendlich doch noch happy nach Hause.

PS: Der tatsächliche Schwachpunkt an diesem Event liegt aber im Umstand der fehlenden Zaungäste. Dies mag einerseits am unglücklichen Zeitpunkt zwischen den Jahren liegen, andererseits an der immer wieder kehrenden Erkenntnis, dass München generell nicht das non plus Ultra für sogenannte Truemetal Bands ist, und last but not least, schlicht und ergreifend an  der Tatsache, dass diese Musik momentan nur noch einen verschwindend geringen Stellenwert am Rock’n’Roll Himmel einnimmt. – Aber formulieren wir’s mal so – Hauptsache ist doch, sie tut es überhaupt noch.... Gute Nacht ! 

                                                                                                         
http://www.truemetal.org/brainstorm/