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Okay, um’s gleich vorneweg mal straight zu sagen – Das ist verdammt nochmal das Allerbeste das ich in den, mindestens, letzten sechs Monaten live on stage gesehen und gehört habe. Und das bei immerhin durchschnittlich 3-4 Konzerten in der Woche. Kein Witz und auch keine Übertreibung. Aber diese amerikanische Rockband hat mir schlicht und ergreifend den Wind – nicht nur aus den Segeln genommen. Heiliger Christopherus – das ist einfach nur noch geil!!! Und es passiert beileibe nicht mehr oft, dass mich etwas standepede vom Stuhl katapultiert. Wahrscheinlich deshalb, weil ich schon zu abgestumpft bin nach immerhin 25 Jahren in meiner Tätigkeit und schon viel zu viel gesehen und gehört habe. Aber das hier ist einfach überirdisch, phänomenal hip und abgefahren.Ich muss gestehen, ich kannte die Eagles of Death Metal bis dato nur vom Namen her, habe mich allerdings schon mehrfach gewundert, dass sie in Amerika anscheinend in aller Munde sind. Und deshalb haben sie auch meine Neugier geweckt.

Gleich zwei Supportbands senken aber erst mal meine Stimmung wieder, schon allein wegen der, dadurch bedingten Länge des kompletten Abends. Nett anzusehen, dank weiblicher Front-Paradiesvögel, weniger nett – anzuhören. Während  sich Erstere als Schwerpunkt die 50er Jahre gesetzt hat, erinnern mich die Zweiten stark an Björk für Arme. Alles in allem nicht besonders aufbauend, bzw. anheizend für den Headliner. Die Devise ist jedenfalls - ausverkauft bis zum allerletzten Luftloch. Und draußen vor der Eingangstür harren mindestens noch ca. 150 Youngsters auf ein Wunder, doch noch eingelassen zu werden. Aber Pech gehabt, - hier geht rein gar nichts mehr – aus und Amen.

Kurioserweise dürfen wir Knipser, derer wir drei an der Zahl sind, den kompletten Auftritt der Eagles of Death Metal im Fotograben verbringen. Solche seltenen Ausnahmen nütze ich für meinen Teil zwar meistens nicht aus, da man auch bei der zeitlichen Länge von 3 –5 Songs genügend Aufnahmen machen kann. Aber in dem Fall sind wir froh und dankbar für diese Chance, denn im Publikumsraum ist eben der dritte Weltkrieg ausgebrochen. 
Phänomen Nr. 2:  Die Kids sind durchschnittlich zwischen 18 und 25 Jahre jung. Also vermutet man selbstredend auch eine Band, die eher dieser Generation entspricht, und bei der sich die Fans mit ihren Idolen verbunden fühlen. – Die Rufe werden immer lauter: „Jesse, Jesse, Jesse!!!“ Und mein Erstaunen ist grenzenlos, als Knall auf Fall vier Typen auf die Bühne stürmen, die schätzungsweise irgendwo in ihren Mitte- bis Ende 40ern beheimatet sein dürften, also wesentlich älter als ihre Anhänger,  und die auch alles andere als taufrisch aussehen. Sie stürmen die Bastille’ von hinten heraus, und der Orkan schnellt auf Windstärke 20.  Um es gleich vorweg zu nehmen, Death Metal steht zwar im Namen, aber das hier hat mit der Musikart in etwa so viel zu tun wie DJ Ötzi mit Led Zeppelin. Das hier ist straighte Rockmusik, vorgetragen mit einer Aura, die sich zwischen Hardcore Punk und Village People angesiedelt hat.

Gegründet hatte Jesse Hughes die Band bereits 1998 zusammen mit Joshua Homme, der von Queens of the Stone Age stammt. Die Beiden kennen sich seit ihren Schultagen. 2003 erschien das Debütalbum „Peace, Love, Death Metal“.  Übrigens ihren Namen haben sie indirekt der Glamposer-Band ‚Poison’ zu verdanken. Diese wurden mal in Anwesenheit von Jesse und Joshua von einem Laien als Death Metal Band bezeichnet. Aber genauso wie Poison zu Death Metal stehen, so wollen auch die Beiden zu jener Stilrichtung stehen. Also könnt Ihr Euch vorstellen, wie viele, oder bzw. wie wenige Gemeinsamkeiten der Name unserer Jungs hier mit deren Musik hat. Line up Wechsel gabs bereits einige in der Zwischenzeit. Und bei uns in Deutschland waren die Eagles of Death Metal im letzten Jahr bereits auf dem
Southside/Hurricane-Festival zu bewundern und als Support von den Strokes in Berlin. Das Album ‚Death By Sexy’ erscheint, - allerdings vorerst nur in den USA – bis sich Gun Records erbarmt und sie unter Vertrag nimmt. 
                                                                                      
Zuletzt hatte die Band von sich reden gemacht , als sie in den USA als Support von Guns’n’Roses tourten, und von Axl Rose höchstpersönlich mitten drin wg. Differenzen gefeuert wurden.  – Jetzt sind sie wieder hier und schlagen bei jedem Auftritt ein wie eine Bombe. Jesse ist ein Brüller mit seinem tuntigen Gehabe, und mein Kollege und ich fragen uns da unten im Graben, ob er jetzt schwul ist oder nicht. – Ist er aber nicht, denn erst die Scheidung von seiner Frau hat ihn mit der Band zu Höchstleistungen veranlasst.  Er ist bekennender Waffennarr und Pornofilm-Fan und  produzierte ein Video zu "Midnight Creeper", in dem er seine Ex-Frau mit Sam Colt und Co. in die ewigen Jagdgründe befördert. Resultat der Gewaltorgie ist ein Sendeverbot von MTV. Aber negative Promotion ist auch Promotion. Jesse lässt den Fans keine Luft zum atmen. Es ist eine konstante Explosion.

Neben Jesse "The Devil" Hughes wären da noch  Bassist Brian "Big Hand" O'Connor (Desert Sessions 9+10) und Gitarrist Dave Catching (Mondo Generator) und Ex-QOTSA-Drummer Gene Trautman in der Truppe. Es passt alles 100%ig zusammen. – Und die Kiddies flippen vollends aus. Die Security hat alle Hände voll zu tun, die, im Abstand von ca. zwei Minuten, fliegende Körper aufzufangen und wieder aus dem Graben zu katapultieren. Und meine Konzentration bewegt sich zw. Fotografieren, zuschauen/hören und  das abwehren von Stagedivern. Es ist krotesk, es ist wahnsinnig, und es ist absolut wundervoll. Jesse rules und sammelt den Funkenflug an Bierbechern auf, um sie säuberlich ineinander aufzutürmen. T-Shirts fliegen und sogar ein BH. Und letzteren weiß Jesse besonders zu schätzen. Death by Sexy – und das buchstäblich.- Neben den Eigenkompositionen von den beiden erwähnten Alben, haben aber auch einige Cover-Versionen ihren Weg auf die Setlist gefunden. Allen voran "Stuck In The Middle", im Original von Steelers Wheel, das Jesse zu "Stuck In The  Metal" umfunktioniert hat. Und der Rolling Stones Klassiker "Brown Sugar" findet in der Zugabe Platz. 
                                                                          
Herrlich – großartig und schlicht und ergreifend durchgedreht, genauso wie eine richtige Rock’n’Roll Party sein sollte. Da nehmen sich sogar Hammerfall, die drei Tage vorher im selben Venue aufgetreten waren, wie brave Chorknaben aus.
Die Kids haben ein neues Vater-Idol und ich eine neue Lieblingsband, zumindest was die Live-Appearance angeht. Und um’s noch mal zu betonen, - das ultimativ beste, das ich in den letzten Monaten on Stage erlebt habe - ohne Schmarrn. Ich könnte heulen vor lauter Spaß an der Sache. Jesse, bitte komm' ganz schnell wieder. Die Rock’n’Roll Welt braucht Euch und ich auch.........
http://www.eaglesofdeathmetal.net/ 

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