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Diesmal haben wir drei Vertreter einer musikalischen Gangart, die eigentlich schon für tot erklärt wurde. Die Rede ist vom sogenannten Melodic Rock. – Andererseits ... was ist Melodic Rock? In meinen Augen ist das genauso Rockmusik wie jede andere auch, einmal härter, einmal ruhiger, und absolut nichts anderes. Das habe ich auch in der Vergangenheit schon mehrmals erwähnt. Deshalb gehe ich auch auf Distanz zu diesem Begriff, der in meinen Augen ziemlich überflüssig ist. - Auf Distanz ist augenscheinlich auch das internationale Musicbiz mit Künstlern gegangen, die sich ausdrücklich eben als Melodicrock Bands bezeichnen. Die meisten von ihnen fristen ein Dasein im Underground, schauen gelegentlich mal vorbei, um dann, so wie heute Abend vor höchstens mal 100 Zuschauern zu spielen. Oder sie treten beim Firefest Festival in England und beim United Forces Of Rock in Deutschland auf  wo ihnen dann im besten Fall sogar 500 Zaunspechte ihre Aufmerksamkeit zollen. Wie eingangs erwähnt, Rockmusik ist Rockmusik, und ich frage mich des öfteren, warum gerade diese ganz bestimmten Acts, die in diese Melodicrock-Schublade eingestuft werden, so wenig Resonanz erhalten bis auf wenige Ausnahmen. Spekulieren könnte man da vieles, von Zeitgeist bis hin zur mangelnden Konzertankündigung oder Ignoranz der Medienwelt. Genau eruieren wird man es allerdings nie können.
                                                                                            

Tatsache ist, dass sich für diese Deutschland Tournee gleich drei Vertreter der beschriebenen Zunft zusammen getan haben, um mit vereinten Kräften für eine voluminösere Klientee bei ihren Auftritten zu sorgen. – Da wären zum einen die Italiener „Mitnite Sun“, die Deutschen „Hartmann“ und die Amerikaner „House Of Lords“, ein richtiger Multikultiverein sozusagen, der sich da zusammen gerauft hat. Während die ersten beiden Bands noch eher unbeschriebene Blätter im Genre mit gerade mal je einem, bzw. zwei Alben auf dem Markt sind, so ist doch der Name House Of Lords schon seit etlichen Jahren eingesessen.  Aber all das nützt hier in München nicht viel, um zum Großspektakel zu avancieren, und es bleibt bei ca. 100 Schäflein, die ihren Weg in den Backstage Club gefunden haben. –
                                          
Mitnite Sun eröffnen den Reigen spät aber doch, und schon bald kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, - eine von vielen, die in der Masse jener Band-Gattung untergeht . 30 Minuten sind genug, während derer sie zum Großteil Stücke von ihrem 2005er Album „Groovin’ Sexplosion“ zum Besten dudeln.- Dudeln im wahrsten Sinn des Wortes. Des Sängers Stimme ist das Einzige, das mich etwas aufhören lässt. Aber im Endeffekt ist niemand traurig, als der Schlusston erklingt.
http://www.midnitesun.it/


                                     


Nummer 2 ist Oliver Hartmann, der im Vorjahr bereits als Support von Toto unterwegs war und eben sein zweites Album „Home“ veröffentlicht hat. Man muss dazu sagen, dass sich dieser Musiker in der Vergangenheit als Sänger einen Namen in der deutschen Rockszene gemacht hat. Irgendwann war’s ihm dann anscheinend zu blöd immer nur für andere stramm zu stehen, und er gründete sein Projekt Hartmann. Das Debüt „Out In The Cold“ erschien 2005. Doch, man merkt beim Set von Hartmann, dass hier ein gewisses Potential vorhanden ist, und solider Gitarrenrock, unterstrichen von Olivers kraftvoller Stimme  tatsächlich im Ohr stecken bleibt. Bravo, das hier ist ein nahezu perfekter Stint an den man sich gern erinnert. Aber der gute Mann sollte nächstes Mal zusehen, dass er als Support für ein kräftigeres Zugpferd fungiert, so wie damals für Toto. Denn hier geht sonst wirklich ein Juwel im Sand der unendlichen Musiklandschaft verloren. Für mich ist Hartmann jedenfalls das tatsächliche Highlight dieses Abends.
http://www.oliverhartmann.com/



                                                     



                                       


Und last but not least beginnen „House Of Lords“ ihren Einstand mit einem Donnerschlag, der während der gesamten Spielzeit nicht abzuebben scheint. Auf gut deutsch, - nächstes Mal sind Ohrstöpsel angesagt, besonders wenn es sich um so eine kleine Stube wie diese hier handelt. Denn der große Meister James Christian hat es wohl etwas zu gut gemeint was die Dezibelzahl betrifft. Aber Lautstärke allein macht noch keine Impression für sich allein, das steht fest. Vor zwei Jahren noch im Original Line up auf dem Firefest, hat James Christian, der übrigens der Ehemann von Robin Beck ist, eine komplett neue Version von House of Lords um sich geschart. Die Gründe für diese einschneidende Maßnahme seien dahin gestellt. Aber bezeichnen wir sie mal als ‚persönliche, bzw. musikalische Differenzen’ – ein neutraler und sehr weitschichtiger Begriff. Man merkt allerdings schnell, wer bei dieser Band die Hosen an hat.  Meister Christian lässt auch keine Gelegenheit aus, dies anhand von ausgeprägter Körpersprache zu unterstreichen. Und im Grunde genommen hat er ja recht. Er war und ist in erster Linie House Of Lords, seit vielen Jahren und fünf Alben. Und ja, der Bandname ist unbestritten etabliert in dieser kleinen Szene. Nur der Nachhall ist etwas bitter. Genauso wie im Laufe der Jahre die Silhouette von Big Boss gelitten hat, genauso ist auch die Reputation nicht mehr das was sie einmal war. Die Zeiten haben sich halt geändert. – Songs wie  ‚Love Don’t Lie’ haben zwar bei einigen Spezialisten nach wie vor einen hohen Wiedererkennungswert, machen das Fett aber auch nicht mehr wett. Und auch überlange Soli der einzelnen Instrumentalisten, die eher dazu dienen, damit Mr.Christian seinen physischen Konditionsmangel wieder ausgleichen kann, sind gerade bei so einer Kleinveranstaltung fehl am Platz.
Nun, nehmen wir den Auftritt von House Of Lords lieber mal  als nostalgisches Memorial-Intermezzo, das viel zu laut, wie schon beschrieben, ohne Ecken und Kanten  und etwas öde auf uns nieder prasselt. Vielleicht sollte sich diese Truppe wirklich lieber vorrangig auf Festivals, wie z.B. das bevorstehende Z-Rock am 27.Juni in Wigan,England, beschränken. Für alles andere ist weder die nötige Fanbase vorhanden noch der momentane Zeitgeist.
Traurig aber wahr.
http://www.jameschristianmusic.com/