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Das schottische Hochmoor lässt wieder mal grüßen in all seiner vernebelten Schönheit und Pracht, auch wenn diese schon etwas sehr zerknittert ist, zumindest was Dan McCaffertys Optik betrifft. Hast mi, - wie der Bayer zu pflegen sagt?!
Na ja, die schottische Dreifaltigkeit namens Nazareth ist zumindest das, was man allgemein unter Institution versteht, dank 40-jähriger Präsenz am Rock’n’Roll Himmel. Alle Jubeljahre wieder finden sich die Highlander unter anderem auch hier in unserer bayrischen Landeshauptstadt zum Kaffeekränzchen ein. Und dass sie noch nicht vermod.... sorry, in Vergessenheit geraten sind, das beweist die, immerhin stattliche Zuschauerzahl von ca. 500 Liebhabern klassischer 70er Jahre Rockmusik. Das Durchschnittsalter liegt bei ungefähr 40 plus, wobei man anmerken muss, dass sogar zwischendrin die eine oder andere verlorene Seele im jugendlichen 20er Elan den Weg hier her gefunden hat. Höchstwahrscheinlich inspiriert durch ihre Erzeuger, lauschen die wenigen Jungspunde genauso ehrfürchtig zu den Klängen von Nazareths ehemaligen Hits wie die Alten, bei denen jene allemal nostalgische Gefühle hervor rufen. -

Den Startschuss geben vorher aber noch die Münchner Lokalmatadore „
Xing“ (sprich Crossing) die sich freuen, hiermit wieder einmal die Gelegenheit zu erhalten, sich einem etwas breiterem Publikum zu präsentieren.

                                                   

Großteils eine Generation jünger als die Stars des Abends, dynamisch und  mit viel Eifer bei der Sache, versuchen sie den anwesenden Nazareth-Fans ihre Musik näher zu bringen. Das Engagement ist riesig und die Motivation sich von seiner besten Seite zu zeigen, überträgt sich unwillkürlich aufs Publikum, die dies wiederum mit vermehrter Aufmerksamkeit belohnen. Allerdings auch mit etwas Skepsis, denn  Xings Musik ist, wie soll man es bezeichnen.... ?... sagen mir mal so – etwas gewöhnungsbedürftig. Und man merkt, dass die Praxis fehlt, was wiederum eine leichte Unsicherheit spüren lässt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Der Tipp wäre deshalb, live spielen was die Klampfe aushält, dann wird das, vorhin erwähnte Engagement auch wirklich belohnt. Immerhin, der Anfang ist gemacht.-

                                             


Nazareth selbst gehen wie immer gelassen an die Sache heran. Das Gespenst von Canterville gibt seinen Segen und der Dunstkreis schließt sich einmal mehr mit all den alten Gassenhauern, wie Razamanaz, This Flight Tonight oder Love Hurts, den größten Klassikern der Band. Wobei ich gleich wieder zur Allgemeinbildung mit beitragen will, indem ich immer wieder betone, dass ‚Love Hurts’ zwar ein Riesenhit für die Band war, aber mitnichten von jenen im Original stammt. Und ich gehe jede Wette ein, dass keine zwei Fans hier in der Halle wissen, wem Nazareth dieses gute Stück zu verdanken haben. Komponiert wurde das Lied von einem gewissen Boudleaux und Felice Bryant, einem amerikanischen Ehepaar, das gemeinsam als Songwriter vor allem Country- und Rock’n’Roll Musik Ende der 50er und Anfang der 60er bekannt wurden. Den Song schrieben sie für die Everly Brothers, die diesen 1960 erstmalig aufnahmen. Später, ebenfalls in den 60ern,  gabs eine Version von Roy Orbison, aber erst Jim Capaldi, den wir älteren Semester von der legendären Band Traffic her kennen, hat die Nummer zum Hit gemacht . Das Ganze ist auf Capaldis Soloalbum „Short Cut Draw Blood“ von 1975 zu finden. Es ging in die englischen Charts auf Platz 4. Die Adoption von Nazareth war dann die allerletzte. 
Das wieder mal zur allgemeinen Weiterbildung Eures Musikwissens.

Tatsache ist, seit ich die Band das letzte Mal live gesehen habe, was ungefähr zwei Jahre zurück liegt, haben sie einige Federn gelassen in Sachen Drive und Motivation. Zumindest wirkt die heutige Vorstellung etwas kraftlos und herunter geleiert. Vielleicht liegt das aber lediglich auch an überlanger Tournee Müdigkeit oder momentaner Unpässlichkeit.  Die Phrasen zwischen den Stücken scheint Mr.Mc Cafferty gut einstudiert zu haben. Denn Kommentare bzgl. 120 Jahre alter Songs etc. hatte er just erst drei Tage zuvor bei einem weiteren von vielen Dates zum Besten gegeben. So erlebt von Kollege Sackermann, der das Vergnügen bereits hatte und ebenfalls die allgemeine Stimmung hier und heute als wesentlich lauer empfindet als eben vorvorgestern. Zumindest hat sich Nazareths Aushängeschild den guten Geist aus der Flasche diesmal für hinterher aufgehoben, und es erübrigen sich etwaige peinliche Zwischenfälle, wie bereits in der Vergangeneheit erlebt.

Nazareth haben wieder mal eine Routineshow abgeliefert, - nicht unbedingt hervorragend, aber dennoch solide und bodenständig. Abgesehen vielleicht von einem   Gitarristen, der im Slayer T-Shirt  und mit ständigem Pommesfinger-Zeichen den Heavy Metal glorifiziert, locker McCaffertys Sprössling sein könnte, und.... was eigentlich den Ausschlag gibt, exzellent sein Instrument beherrscht. Ansonsten wars schlicht und einfach einmal mehr Nazareth zur Auffrischung unserer grauen Nostalgiezellen. Denn seien wir mal ehrlich, die Schotten können auch in Zukunft noch so viel neue  Musik auf den Markt werfen. Im Grunde genommen, will man bei einem Konzert ja doch immer wieder nur die oben genannten All Time Smash Hits hören. – Die Nebel verziehen sich, der, für 2 Minuten aktivierte Patrioten Dudelsack verschwindet wieder in der großen Box, und Nessi sagt bye bye bis zur nächsten Hochmoor-Schwaden Party.
Und jetzt einen guten Highland Scotch mit viel Eis – Prost!

                                                                                            
Aftershow Schnappschüsse