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Alles Gute kommt von oben.... in dem Fall ist es allerdings das Nasse, und ob das so gut ist, bezweifle ich mal aufs Äußerste. Denn das süße Nass besteht aus Wasser mit Lebensmittelfarbe versetzt, und zwar solcher, die sich ums verrecken nicht mehr abwaschen lässt – zumindest für geraume Zeit. Dazu gibt’s noch jede Menge Variationen in giftgrün bis blutrot.
Es sei darauf hingewiesen, heißt es im Vorfeld, dass bei diesem Konzert mit Flüssigkeit gearbeitet wird, mit der man bis in einen Bühnenabstand von etwa 5 Metern in Berührung käme. – Tatsache ist allerdings dann, dass ich auch in 10 Meter Entfernung noch die eine oder andere Dusche abbekomme während dieses Spektakels. Panikartig versuche ich zumindest mein Baby zu beschützen, während ich gleichzeitig diese Verrücktheit im Bild festhalten will. Deshalb entschuldigt bitte auch die manchmal etwas verwischte Qualität des einen oder anderen Fotos, denn sehr oft muss ich sekundenschnell nach dem auslösen, die Kamera wieder in Sicherheit bringen, bevor ein weiterer Erguss auf mich nieder prasselt. Knipsen unter fatal erschwerten Umständen nennt man so was. Aber Hauptsache der Apparat bleibt unbeschädigt. Ich trockne dann schon wieder, wenngleich auch mit etlichen farblichen Nuancen.

Gwar sind Amis, genauer gesagt aus Richmond, Virginia, und existieren tun sie auch schon seit 1986. Und wehe, ein einziger Naivling wagt es jetzt zu behaupten, sie hätten Lordi kopiert. Denn wie schon die Existenz beweist, sind unsere US-Monster bereits wesentlich länger unterwegs als die Finnen, welche wohl in umgekehrten Sinn GWAR als Vorbild hatten als sie sich gründeten. Sicher ist jedenfalls, GWAR könnten nie und nimmer bei so einer Art von  Contest teilnehmen, wie es Lordi getan haben. Denn dazu ist ihre Musik nicht kommerziell genug. Kein eingängiger Poprock, sondern Hardcore Heavy Metal neben provokanten Texten war und ist das Fahrwasser, in dem sich GWAR befinden. Der Name GWAR soll übrigens für ‚God What An Awful Racket’ stehen. (Gott,was für ein schrecklicher Haufen) Und die Monsterlis bestehen nach wie vor aus Oderus Urungus (Dave Brockie), Balsac the Jaws of Death (Mike Derks), Flattus Maximus (Cory Smoot), Beefcake the Mighty (Todd Evans) und Jizmak Da Gusha (Brad Roberts) – alles ehemalige Studenten der Virginia Commonwealth University, für die das Ganze anfangs lediglich ein Experiment war. 
Inzwischen sind GWAR fast nicht mehr weg zu denken aus den Annalen des Heavy Metals, und sie können auf sieben Alben, einer EP und eine Single zurück blicken, und sie wurden 1993 sogar schon mal für einen Grammy nominiert. Für einige Zeit haben sich die Splatter-Brüder ziemlich rar gemacht hierzulande. Und bei mir ist es noch mehr Jahre her, dass ich sie zum letzten Mal live erlebt habe. ‚Beyond Hell’ nennt sich das bis dato jüngste Album, dass sie nach wie vor promoten, und sie haben im Vorfeld eine wüstere Show als jemals zuvor versprochen – eben beyond Hell.
Und auweia.... sie haben nicht zuviel versprochen.....

300 Liter des unvermeidlichem Saft stehen bereit, ohne welchen eine GWAR Show keine GWAR Show wäre, um umgehend und kontinuierlich auf die ca. 450 Fans vergossen zu werden während der gesamten Sitzung. Und manche der GWAR –Anhänger scheinens richtig drauf angelegt zu haben, ordentlich getauft zu werden. In auffallend weißer Kleidung haben sie sich ganz vorne aneinander gereiht und sind richtig heiß darauf, dass jenes Weiß in rot oder grün eingefärbt wird. –  Diese Shirts werden logischerweise nicht mehr gewaschen hinterher, sondern avancieren für jeden Fan zum heiligen Relikt.

Mein erster Fehlgedanke ist, dass der Platzregen nicht gleich zum Intro stattfindet, und somit befinde ich mich im vorderen Mittelfeld, um ja das Intro optimal vor die Linse zu bekommen. Peng, und innerhalb 3 Sekunden flüchte ich um mindestens 5 Meter nach hinten. – Ein Monsun in Hinterindien ist ein feiner Sprühregen, verglichen mit der gwarischen Sintflut, die sich fast nonstop über unseren Häuptern ergießt.
Man muss dazu sagen, dass ein GWAR Auftritt eigentlich kein Konzert in dem Sinn ist, als vielmehr eine musikalische Comedy Show, die kunterbunt, abwechslungsreich und fotogen  und manchmal jenseits jeglichen guten Geschmacks ist. Das Motto diesmal: die Vernichtung aller Bösewichte und Weltverbesserer dieser Welt. –
Wenigstens ist die Kunstblut Traufe einigermaßen absehbar. Denn die erfolgt immer dann, wenn entweder eine Figur enthauptet oder aufgeschlitzt wird, sich ein weierer erbricht oder einen Pseudo-Orgasmus erlebt. Und wie schon vorhin erwähnt, ist das alles eine Ansichtssache des schlechten Tastsinns.
Ehrlich gestanden kann ich mich nur teilweise auf die Musik konzentrieren auf Grund meines verzweifelten Kampfes auch nur ein paar Fotos trocken und sicher zu ergattern. Das neue Album hat zwar Priorität, trotzdem wurschteln sich die Vorbilder von Lordi durch ihre Gesamt-Biographie. Sorry, diesmal gibt’s keine Setlist. Denn 1) habe ich nirgendwo eine erspäht, und 2) hätte doch eine existiert, dann wäre diese hinterher allenfalls noch unlesbarer Faserbrei.

Fazit dieses Heavy Metal – Splatter Intermezzos nach ca. 2 Stunden, - übrigens ohne Supportact hier in München.... sind viele glückliche, buntgefärbte Gesichter, ein, unter Wasser stehendes Backstage,  meine Jacke die  jetzt einen dezenten Rotstich hat und meine Stiefel die im A.... sind.  Und die Erkenntnis -  Lordi sind Chorknaben verglichen mit den Urvätern des Horror-Kabinetts, die ihren Zauber im Gegensatz zu den EC Gewinnern nach wie vor und ausschließlich live und nicht etwas vom Band präsentieren.
Aber und das ist die Hauptsache, mein Canon Baby hat keinen Kratzer bzw. Tropfen abbekommen, dank Cellophan Verkleidung und mütterlichem Beschützerinstinkt meinerseits. GWAR sind  abgefahren wie Sandmännchen in Transylvania.....und werden wieder einmal sicher allen hier Anwesenden  noch für lange Zeit im Gedächtnis bleiben.... – die Grünschattierungen im Gesicht übrigens auch.....
Beyond Hell – im wahrsten Sinn des Wortes.-
http://www.gwar.net/




Gruppenfoto mit Oderus Urungus in d.Mitte. Die Shirts waren mal weiß,
die Gesichter sind grün


Ich übernehme keinerlei Verantwortung beim Anschauen
der folgenden Live Pics und der daraus resultierenden Auswirkungen.
Nicht geeignet für Kinder, sensible Seelen, erzkonservative
Spießer und Freunde des gehobenen Anstands.

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Das hier ist nur ein Bruchteil des Ausmaßes der Bescherung und nur zu erahnen...