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... Wenn ich das Wort Schelm höre, dann muss ich unweigerlich an Heinz Erhardt denken, der diesen Ausdruck so oft auf andere, aber vor allem auf sich selbst bezog in seinen Sketchen und dabei auch noch den Nagel auf den Kopf getroffen hat.
Nun, man muss dazu sagen, dass Heinz Erhardt mit unseren Schelmen hier in etwa soviel gemein hat wie Kokosnüsse mit Spreewald Gurken. Aber dennoch gibt’s eine Parallele. Denn unsere Witzbolde hier haben ebenfalls einen ganz eigenwilligen und individuellen Humor, der sich im Spectaculum Mundi in München bereits zum vierten Mal über uns ergießt. Für mich ist es allerdings erst der Einstand. Und ich muss gestehen, die Rheinländer haben das gewisse Etwas, ungeheuren Charme und die Lust auf Leben und Entertainment. Das wiederum  kommt weniger vom Karneval feiern als vielmehr von Innovation, Ehrgeiz zum einen, Chaotentum zum anderen, und vor allem viel Spielfreude.... eben absolut schelmisch. 

Das Fast-Familienunternehmen geistert jetzt seit acht Jahren durch die Mittelalter-Rockszene und ergötzt ihre Anhänger mit erfrischenden Geistesblitzen, viel Unsinn und eigenwilligen, musikalischen Verquickungen verschiedenster Stilrichtungen. Vor allem aber geht es bei einer Schelmish-Show sehr unkonventionell zu. Nichts wirkt einstudiert oder gekünstelt, auch wenn ich mal schwer annehme, dass Einlagen wie der Striptease des Wichtelmanns links außen zum Standardrepertoire gehören. Kein Auftritt gleicht dem nächsten heißt es allgemein. Dies kann ich allerdings nicht beurteilen, da ich keinerlei Vergleich zu früheren Auftritten besitze.
Fest steht, eine Show von Schelmish ist nicht nur ein Konzert sondern auch eine spritzige Comedy Persiflage, die die Truppe zu einer festen Institution im Gaukler- und Dudelsack Genre verankert haben. -
Der Startschuss wird vom Big Boss selbst gegeben, noch in Alltagsbekleidung des Jahres 2007 gewandet... oder die von ein paar Jährchen früher...- auch egal.- Jedenfalls ist der Grund hierfür die kleine Bonus-Voreinlage von den ‚Männern, die Liebe machen’. 

                                          
Die beiden Paradiesvögel lassen sich das nicht zwei Mal sagen. Somit gibt Walter von der Vogelweide seinen Segen, und der Heiligenschein leuchtet über ihnen. Bestehend aus einem Ex-Schelm und einem Schelm – noch immer – Roadie, ergießt man sich in extrovertierte Kunstgenüsse. Übrigens sind die Beiden der beste Beweis, dass man mit ganz wenig recht viel anfangen kann. Das beginnt bei einer Wolldecke, die dekorativ um die ausladende Hüfte gebunden, umgehend zur Gewandung des späten Mittelalters avanciert und hört beim Hans-im-Glück Hut auf. Wahrscheinlich alles in Eigenkreation designed, - würde Gianni Versace sich jetzt im Grab umdrehen vor Neid, - könnte er das begutachten. So aber bleibt es uns allein vorbehalten, sich an Wein, Mann und Gesang zu erfreuen inklusive Pauke und Dudelsack. – Einstand gelungen, Patient tot vor lachen samt Liebe, Lust und Kuchenblech.

                                      


..... und wird fast umgehend abgelöst von Daddy Dextro (nicht Energen) -
Sackpfeifen, Bouzouki, Flöten, Drehleier, Bombarde, Schalmei, Gesang, E-Gitarre), Mama DesDemonia – (Sa
ckpfeifen, Schalmei, Bouzouki, Gesang) Sprössling Rimsbold von Tiefentann – (Gesang, Sackpfeifen, Schalmei, Flöten, Harfe, Percussion), Luzi das L an (Sackpfeifen, Schalmei,Bouzouki), Dschieses (Drums, Schlagwerk, Percussion, Geige), Marquis DeGuis -(E-Gitarre, Gitarre, 12-Saiter, Bouzouki), Johannes der Säufer (Bass), Picus von Corvin -(Davul, Percussion, Sampling, E-percussion) und finally Fragor der Schlagfertige (Schlagwerk, Percussion, Sampling, Key´s). 
Wauw – das war jetzt Schwerarbeit. Und ich wette mit mir selbst, spätestens übermorgen, weiß ich nicht mehr wer jetzt was und überhaupt für eine Geige spielt. Aber auch das tut nichts zur Sache, denn die Kell.... äh sorry, die Schelmish Family wechselt ohnehin ihre instrumentale Betätigung
ständig und immer wieder durch. Flexibel, vielseitig und vor allem äußerst abwechslungsreich  gestalten die rheinländischen Spielleute ihren Reigen. 


Und wer hat eigentlich behauptet, sie wären fett und asozial? Oberhäuptling Schelmi ziert allenfalls eine dezente Rundung, die aber durchaus zur Latest Mittelalter-Phantasy-Fashion Line und ins gediegene Ambiente passt. Und wie der Vater so der Sohn, heißt es ja obendrein im üblichen Sinne. Gratuliere, die Evolution hat gefruchtet und fürs Erbe ist gesorgt. Klein, dick und gemütlich heißt es im Umlaut, wobei das klein wohl eher auf Rumpelstitzchen zutrifft. Der wiederum trägts mit Fassung, lässt sich foppen und als Lustsklave verkastrieren und serviert uns dafür einen Striptease, der Pamela Anderson Leichenblässe ins Brustimplantat treiben würde.


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Heiliger Strohsack samt Inhalt, Klein Luzi L. entpuppt sich als wahrer Profi. Er sollte sich vielleicht mal zusätzlich bei den Chippendales bewerben, - so als kleiner Nebenjob, versteht sich. Denn als eines der Highlights bei Schelmish möchte man ihn hier sicherlich nie missen. Und again..... zwischen all den lieblichen Melodeien und Weisen, unterhält uns weiterhin vor allem Papa Dextro mit kleinen, liebevoll aneckenden Anekdoten, seiner zärtlichen Vorliebe für Presse – Legastheniker, die Niveau mit einem o und sorry mit einem r buchstabieren, dem der passende Song ‚Pank’ folgt. (Anm.: Schande über meine Kollegen der schreibenden Zunft) Oder die Tatsache, dass er und DesDemonia es jetzt schon auf fast ein Vierteljahrhundert Gemeinsamkeiten gebracht haben. Alle Achtung, das hat in der heutigen Zeit wahrhaftig Seltenheitswert. Die Antwort ist ‚22 Jahre’. Und das Publikum dankt es ihm mit konzentrierter Hingabe, dafür gibt’s wiederum Komplimente wie: ‚ich kann mich zwar an den Namen von deinem Pferd, aber nicht an deinen erinnern...’. Oder eine vor Jahren abgeschlossene Wette, wo es um das ausschlürfen von vier Maß Bier ging und der Belohnung – 3 Tage mit dem Clan zu verleben, - wird heute abgegolten.

Nein, mit asozial hat das hier nix zu tun, sondern vielmehr mit niveauvoll-derben Humor, der alltägliche Dinge leicht sarkastisch auseinander dividiert. Lediglich mit der Einstellung zu Amerika bin ich nicht ganz einverstanden. Was kann Land und Leute dafür, dass sie diese Führung haben. Und vor allem haben sie jene ja auch zum wiederholten Male gewählt. Ergo – sie wollten es ja gar nicht anders da drüben. Aber mal ganz abgesehen von allem. – Lassen wir die Politik bei der Politik bleiben und ‚nur’ das Entertainment on stage regieren.
It’s as easy as that.- Ich für meinen Teil flieg’ deshalb auch noch weiterhin nach Hawaii’. Die Folge des Anti-Bush Slogans samt US-Tour-Blockade ist jedenfalls, dass jetzt auch noch neben  angerappten, voll gerockten, angepunkten und gedudelten Stücken, letztendlich  noch der US-Country Slang vergenusswutzelt wird in Form einer amüsanten Version von June Carter-Cashs Hymne ‚Ring Of Fire’. Jener Song, der ihrem Angetrauten Johnny Cash zu Ruhm und Furore verhalf. Gott hab'  die Beiden selig. Es ist die zweite von drei versprochenen Zugaben, und ‚Kalifenzorn’ mit dem Outro ‚So Allein’ geben das Grand Finale zu einem wirklich unterhaltsam-musikalischen Abend in mittelalterlicher Atmosphäre und Papa Dextros Feststellung: ‚so viel gelabert wie heute, hab ich noch nie’.

Und jetzt erst mal eine schmauchen......
PS: das bayrisches Bierchen scheint unseren rheinländischen Minnesängern übrigens auch vorzüglich zu munden.
Kein Wunder bei Augustiner Edelstoff...
Aus, Schluß.... wir wollen ja schließlich keine Werbung hier machen, gelle...?! - Außer für Schelmish natürlich !

http://www.schelmish.de/


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