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Was....???? 27 Jahre soll es diese Band mit dem unmöglichen Namen bereits geben!?! Nein, das glaub ich einfach nicht. Oder doch? Ach entschuldigt bitte, ich spreche hier von Napalm Death. Für Freunde des gepflegten Grindcores mit Sicherheit ein Begriff und wahrscheinlich sogar das Flagschiff für diese Musikrichtung. Ein britisches noch dazu, was auch nicht zu verleugnen ist, wenn Frontmann Mark Greenway seine geistreichen Zwischenansagen zum Besten gibt. Denn gesungen, verliert sich der Cockney Slang irgendwo in den Tiefen psychoanalytischer, und vor allem wütendendster Paroli über die Zerstörung des eigenen Egos. Dabei sieht Mark eher aus wie ein wohlerzogener Sohn aus gutem Haus mit properem Haarschnitt und dem leichten Ansatz zur Fülligkeit was davon zeugt, dass er gegen gutes Futter anscheinend nicht abgeneigt ist. Dabei verausgabt er sich bei so einer Show dermaßen, dass er schätzungsweise jedes Mal mindestens 5.000 Kalorien verlieren müsste. Klar doch, das muss wieder eingeholt werden.)) Und vor allem machen wir hier keine volkstümliche Schlagerunterhaltung sondern extremen Hardcore Heavy Metal.

Anyway, ich habe jetzt in dieser Review etwas vorgegriffen, will es aber nicht verabsäumt haben, zu erklären, um was es sich bei diesem Event überhaupt handelt. Das Ungewitter nennt sich „No Mercy Festival“, das sich da gerade durch Europa wälzt. Mit von der Partie sind Moonspell aus Portugal, Napalm Death von England, Behemoth kommen aus Polen, Dew-Scented sind Deutsche und last but not least Root die ihren Stammsitz in Tschechien haben. Heiliger BimBam, das Paket hier kann man getrost als internationale Vereinigung aller Thrashkulturen Europas bezeichnen, na ja fast alle! – 
                                                                                              
Tatsache ist aber leider Gottes, dass auch fünf auf einen Schlag nicht unbedingt die Massen anziehen müssen. Ob das jetzt daran liegt, dass dieser Musikstil momentan nicht so angesagt, München ein schlechtes Pflaster dafür ist, oder ob ein anderweitiges, gleichzeitig stattfindendes Happening die Fans und Genießer schöner Künste fern hält, entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Fakt ist auch, dass mir fünf Kapitel der Hardcore Philosophie schlicht und ergreifend zuviel sind. Nicht, dass ich nicht interessiert wäre immer wieder neue Bands jeglichen guten Geschmacks auszukundschaften, aber so einen fünf Stunden Konzert-Marathon so mal eben, würden mir meine Beine schwerst übel nehmen. Also verzichte ich auf die ersten drei Vertreter schwingender Headbanger Frühlingsgesänge und finde mich kurz vor Napalm Deaths Weltuntergang ein, um die Erfinder des Grindcores und die Dark-Metaller von Moonspell auszukundschaften. Wobei ich beide Fraktionen in der Vergangenheit schon mehrmals live on stage gesehen habe.
Allerdings ist das gerade bei Napalm Death schon einige Jährchen her, genauer gesagt, 15 Lenze, und mein Erinnerungsvermögen ist etwas verblasst. Aber trotz des Vierteljahrhunderts und ein paar Zerquetschte, das die Brüder aus Great Britain jetzt auf dem Buckel tragen, haben sie von ihrem Wahnsinn nichts, aber auch gar nichts eingebüßt.

Der Druck ist nach wie vor enorm, und Jack Nicholson in Shining oder ‚Einer Flog Über’s Kuckucksnest’  könnte sich gut und gern vom Napalm Death Fronttenor ersetzen lassen. Denn der steht jenem in nichts nach in Sachen angeblich geistiger Umnachtungs-Explosion. Na ja, man heißt ja nicht umsonst Napalm Death und muss schließlich seinem Namen, seiner musikalischen Kunstform und Ausdrucksweise gerecht werden. Und die ca. 200 Fans lieben ihn bis zur, fast völligen Selbstaufgabe. Himmel noch mal, man könnte fast meinen, der liebe Gott steht persönlich da oben und segnet seine Schäflein. Smear Campaign” heißt das aktuelle Werk der Hardcore Giftgas-Spezialisten, und das wird auch gehörig in die Mangel genommen, nicht zu vergessen mit dem Hinweis, dass es selbstverständlich am Merch käuflich zu erwerben sei. Und noch etwas beweist die Tanzkapelle mit ihrem Kammerkonzert für Harfe, Flö.... ach Schmarrn mit Nutella, - mit ihrer Stage Präsenz und dem Album... nämlich dass auch nach über 20 Jahren, zügellose Provokation und Kompromisslosigkeit  den komplexen Grundstein für ihre Existenz bilden.  Zugegeben, Napalm Death haben etwas,- wie soll ich sagen? – das gewisse Etwas, dass einen aufmerksam die Klangorgie verfolgen lässt, sowie die Psycho-Party on stage. Bloß keine zu intensive Konzentration bitte, sonst läuft man Gefahr selbst noch abzudrehen.  (Sorry, keine Setlist vorhanden).
www.napalmdeath.org

                                                                                                                                                                

                       
Der napalmsche Urknall hat sich gerade mal verdünnisiert, und Moonspell beginnen ihr Headliner Intro mit schaurigem Licht und etwas künstlich erzeugten Nebel, da wird einem die bittere Tatsache bewusst, das von den, vorhin erwähnten 200 Freaks, schätzungsweise vielleicht grad mal erbärmliche 30 übrig geblieben sind. Ich nehme mal mitnichten an, dass dieser Umstand mit etwaigen Ermüdungserscheinungen innerhalb eines Marathon-Events zu tun hat, als vielmehr mit der traurigen Tatsache, dass die meisten Headshaker hier schlicht und ergreifend ausschließlich wegen Napalm Death gekommen sind, und jetzt völlig befriedigt keinen weiteren Bedarf  mehr an musikalischen Kunstergüssen haben.                                             

Gerade in diesem Musikbereich stelle ich immer wieder fest, wie enorm die Engstirnigkeit  und Nichtakzeptanz von bestimmten Dingen ist. In diesem Fall hier fühlt es sich so an wie: Napalm Death ist Gott, und der Rest kann abbrausen wo der Pfeffer wächst. Und – Freunde der Nacht,.... das ist schade, sehr schade sogar. Denn Moonspell sind eine interessante Variation aus Gothic Metal vermischt mit vielen weiteren unterschiedlichsten zeitgenössischen Stilistiken. Die Portugiesen verkörpern eine eher düstere Seite mit melancholischem Touch unserer Psyche und Existenz, um diese  in effizienter, erschreckender Form wider zu spiegeln. Mit der richtigen Bühnen Atmosphäre gelingt es ihnen auch, das beschriebene Gefühl auf ihr Publikum zu übertragen. Besonders Band Chef Fernando Ribeiro strahlt diese mystische Aura in intensives Schattenspiel durch getauchtes Licht aus.

Um’s beim Namen zu nennen, Heavy Metal ist zwar Heavy Metal, aber trotzdem sind Moonspell um einiges melodiöser als ihre Kollegen von vorhin. Wenn man das, was sie machen überhaupt so beschreiben kann.  Leider können sie hier und heute ihrem Ruf als Portugals Metal Helden Nummer Eins nicht gerecht werden, was weniger mit ihrem Können zu tun hat, als vielmehr mit dem erbärmlich geschrumpften Umfeld. Mal ehrlich, ich habe so was selten so extrem erlebt wie hier. Und man sollte sich nächstes Mal wirklich überlegen, ob man die Brüder wieder in so ein Package verquickt. Und wenn, dann lasst sie bitte vor Napalm Death spielen. Denn dann sind sämtliche Grindcore Konsumenten gezwungen, sich auch diese wirklich gute Band anzusehen, bevor ihre Götter für den absoluten Supergau und Exodus sorgen. Vielleicht findet durch diese Maßnahme bedingt, dann doch so manches Schäflein auch ein wenig Gefallen am Rest der musikalischen Weltkultur und überwindet die eigene Ignoranz. Kurz und gut, es gibt eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Sowohl Napalm Death als auch Moonspell besitzen ein gehöriges Potential an Unterhaltungswert in unterschiedlichster Form, wie sie krasser nicht sein könnte. Und sicher ist auch, die wirklichen Kings of the Road, sorry the Night, das waren nun mal Napalm Death. Da gibt’s absolut keinen Deut dran zu rütteln.

Und jetzt erst mal den Tinnitus wieder in den Griff bekommen...... Ähhh.... habt Ihr grad was gesagt??????

www.moonspell.com


after Napalm Death


after Napalm Death

Kaum zu glauben aber wahr... Mark Greenway- der Sänger einer der härtestens Metal Bands überhaupt.
Was beweist - es hängt nicht immer von Äußerlichkeiten und Imagepflege ab. - Hut ab! I luv' it.....

Hey Baby, this is Rock'n'Roll....
und jetzt auf's Foto klicken um dem Wahnsinn ins Auge zu sehen.... äh zu hören....