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Man nehme unsere bayrische Haus- und Hof Rockband ‚Bonfire’ füge ihnen als kleine delikate Vorspeise die, Gott segne sie, - wieder zusammen gepfiffene Railway-Combo hinzu, und schon entsteht das, nur ach so seltene Münchner Phänomen, dass jede Maus aus ihrem Loch gekrochen kommt. Ich meine damit alles was in der örtlichen Rock’n’Roll, bzw. Musikerszene auch nur annähernd Rang und Namen hat oder hatte, trifft sich heute Abend zum fröhlichen Stell-Dich-ein im feudalen Metropolis Club. Damit sind übrigens u.a. auch Individuen gemeint, die sich sonst das ganze Jahr im jetzigen Dasein biederer Familienväter übt (was bleibt denn auch noch anderes übrig!) um eben nun diese Chance des wieder mal zugegen seins, zu ergreifen. Man ist ja noch immer wer, wenn auch nicht mehr der oder die Jüngste, und will das auch zeigen. Und man hofft natürlich dort seinesgleichen zu treffen, um in vergangenen glorreichen Erinnerungen zu schwelgen. Wer wichtig ist, schafft’s auf die Gästeliste, alle anderen steuern ihr Scherflein dezent mit bei, nach dem Motto: der Gentleman gibt sich keine Blöße, schweigt und genießt. –

Andererseits strampeln sich da oben on stage  zwei Bands der easy go lucky Rock’n’Roll Fraktion für alle Anwesenden mächtig einen ab. Und sie sollen schließlich und endlich auch eine Belohnung für ihre Anstrengungen bekommen, für die Mühe all die Pseudospezialisten unter uns bei Laune zu halten. Ach ja, was die Gästeliste betrifft, weist jene dieses Mal Ausmaße aus, dass es schon fast ein Fall für’s Guiness Buch der Rekorde ist. Aber, und das ist das Wichtigste, das Tanzcafe ist letztendlich gut gefüllt, und das elitäre Publikum harrt wohlgesonnen dem kleinen aber feinen Hors d'oeuvre , welches kurz nach 20 Uhr mit Enrico Caruso in spe, alias’ Walter Wicha und seinen Eisenbahnlern beginnt.


Man stelle fest, dass das eigentlich einmalige Spektakel von neulich, den alten Elan wieder angekurbelt und den Funken frisch entfacht hat. Nach der Devise, wir sind doch noch fit, wir haben’s noch drauf  und jawohl ja, für Rock’n’Roll ist man bekanntlich nie zu alt. Was die Rolling Stones können, können wir allemal. Denn soooo grufti simma  jetzt auch wieder nicht. Ja logisch, wer will der kann immer noch beweisen, dass er alle in Grund und Boden zu rocken vermag. Aber es ist hauptsächlich die Stimme, bei deren hohen C Phasen ich ängstlich mein Bierglas beäuge, ob es auch keinen Sprung erleidet. Denn das kühle Nass ist unerlässlich, um bei den leicht überhöhten Temperaturen hier drinnen von gelinde geschätzten 40 Grad im Schatten das  Rock-Concerto de Aranchuez’ wirklich in vollen Zügen genießen zu können. 
Die Einleitung ‚Lick It, Stick It’ rüttelt denn auch den allerletzten Münchner Szenler aus seiner beginnenden Hitze Lethargie, und schon simma alle putzmunter um mit wissenden Kennermienen, verschränkten Armen und wichtigem Blick die Performance der einstigen Münchner Rocklegende ein zweites Mal zu begutachten. 


Hasi 1


Hasi 2

Denn auch wenn’s einige nicht laut zugeben, aber beim ersten Reunion Intermezzo vor ca. einem halben Jahr waren wir selbstverständlich ebenfalls vor Ort.- Und grad g’fallen hat’s uns. Aber das wiederum schmettern wir nicht zu laut durch die Gegend, denn man könnte ja schief angeschaut werden, bzw. unsere Freunde da oben, kriegen zum Schluss noch einen Höhenkoller. 
Tun sie aber, denk’ ich, nicht. Denn eigentlich sind’s alle miteinander, genau wie viele im Publikum, und schon vorhin erwähnt, brave Familienväter, die halt noch mal das wilde Rock’n’Roll Feeling von anno dazumal erleben wollen. Und das Freunde der Nacht, zeigen Hasi 1 und Hasi 2 und der Rest der Panzerknacker auch gar nicht mal so schlecht. Apropo, ich habe den Eindruck, Hasi 2 ist seit dem Grillfest am vergangenen Sonntag etwas geschrumpft. Jedenfalls wirkt er da oben wesentlich kleiner als in Natura. Aber gut, das macht wohl die, an jenem vergangenen, denkwürden Sonntag, beschlossene Diät, bestehend aus Salatblättern und im wahrsten Sinn des Wortes, - Hasenfutter, die er sich selbst bis zum heutigen großen Tag auferlegt hat. Keine Angst Kleiner, das wird schon wieder dank,  Augustiner Edelstoff und gutem Futter.

Aber zurück zum allgemeinen Vibe, der lediglich die jüngeren Zaungäste, die Railway grad mal vom Namen her kennen, wahre Euphorie zeigen lässt. Sie supporten Waldi und Co mit viel Bewegung  und noch mehr Geklatsche. Applaus, der auch aus den hinteren Reihen, wenn auch etwas verhalten, dringt. Aber Mr. Wichtig will sich schließlich keine Blöße geben, auch wenn’s ihm noch so gut gefällt. 
Last but not least, ist eine Zugabe erlaubt, und die heißt passend ‚Heavy Metal Fever’. Fieber hamma sicherlich. Nur ist die Frage, ob jenes von der bisherigen Performance herrührt, oder von den herrschenden Amazonas   Plus-Celsius-Graden, samt 100% Luftfeuchtigkeit inbegriffen. Jedenfalls bin ich mir ziemlich sicher, dass die Railway Sitcom auch noch Teil 3 in absehbarer Zukunft vorsieht. Und dann wird die Münchner High Society wiederum aneiern um die Lage erneut zu inspizieren um erneut selbstverständlich wieder gesehen zu werden und sich anschließend once again in Fachsimpeleien zu verlieren. Logisch - und stolz simma auf unsere Non-Looser in Ewigkeit Amen!

 

 

Die eigentlichen Stars des Abends tun sich da schon etwas leichter, da sie  alt eingesessen, und mehr oder weniger seit 20 Jahren zugegen, doch so etwas wie das bayrische Export-Markenzeichen  Nr.1 darstellen. Und noch ein Phänomen stelle ich bei jedem Auftritt von Bonfire immer wieder aufs Neue fest.- Über keine andere deutsche Rockband wird einerseits so häufig und oft abgelästert wie unsere Ingolstädter Buam, aber kaum haben sie sich live wieder einmal ein Stell Dich ein gegeben, loben genau diese Tratschmäuler sich wieder den Klee über’s Mundwerk. Ja was denn nun?! Mögen wir sie nun oder tun wir’s nicht. Klar tun wir’s, aber niemand von all den selbsternannten Rockexperten gibt das freiwillig zu. Schande über Euch, denn man kann sagen was man will über die Brüder, live spielen sie sich immer noch jedes Mal den A... auf und zwar sakrisch guat. Und spätestens dann vergisst auch  Zipfl Hinterhuber seine Selbstbeherrschung und wippt dezent 
mit dem großen Zeh im Takt vor lauter Begeisterung. Ergo, wir Bayern mögen zwar rechte Streithansln und Besserwisser sein, aber im Endeffekt halten wir dann doch wieder z’amm, wenn’s um die Verteidigung des hauseigenen Brauchtums geht. Und das sind Bonfire allemal, auch wenn einer von ihnen a Saupreiß is’.Aber erstens braucht man das nicht an die große Glocke hängen, und 2) ist der Stritzi eh schon eingebürgert und akzeptiert samt ‚Fluch der Karibik 3’ – Kopfschmuck!  – Johnny Depp lässt grüßen samt Filmdaddy Keith. Keep smiling und lass Dir keine Kokosnuss auf die Rübe ballern. Nutzt alles nix. Den bavarian Slang lernen ma in diesem Leben nimmermehr. Dafür nutzt diesen der Big Boss umso mehr aus nach dem Motto: ‚Ei äm praud of mei kantri’. Lang lebe der Patriotismus.- Jetzt fällt’s mir ein... wo ist eigentlich heute die übliche Südstaatenflagge abgeblieben? Oder sind wir gar der Confederation Flag Romantik untreu geworden?! Egal, der Stadl  der Begegnung erbebt spätestens bei ‚American Nights’ in seinen Zentrifugen und steigert sich noch um einige Nuancen bis hin zum größten Wurf, den Bonfire je hatten – ‚Sweet Obsession’. Long live the Eighties und alle guten Geister. Nicht zu vergessen, ein imposantes Drumsolo, dass Bam Bam (nein nicht der von den Flintstones) zum Besten gibt. Was der eine mit der Keule kann, kann der andere mit den Schlagstöcken umso besser, die er dermaßen malträtiert, als ob es um die Qualifikation zum Iron Man auf Hawaii ginge. Bravo, Härtetest bestanden, und klar doch, der Platz in Münchens Schlagzeuger Riege Nr.1 ist weiterhin gesichert.

Abgesehen vom akustischen Kunstgenuss muss auch der visuelle Standpunkt im Klischee gefestigt werden. Aber 0 Problemo würde Alf jetzt sagen, denn die Gitarre links außen namlich unter dem Pseudonym Yps bekannt, sorgt per entblößtem Oberkörper dafür, dass so manche Glücksfee im Publikum glänzende Äuglein bekommt. Auch wenn jener vermutlich seine Blöße unbeabsichtigt und vielmehr wegen der Tropenhitze zur Schau stellt,... oder etwa doch nicht so ganz?!
Vornehme Zurückhaltung übt lediglich unser Hänschen an der Lead... ganz nach der Devise – let the music do the talking. Irgendwann zwischendurch gibt’s dann von Frontmann Claus noch einen Prolog zum Thema: die hiesige Radiolandschaft und ihre Defizite, ein Thema, dass ihn schon seit etlichen Jahren viel, und immer wieder beschäftigt, und nicht nur ihn. Allerdings wird das an den, zugegebenermaßen, katastrophalen Verhältnissen vorerst nichts änderen, zumindest solange, bis Tokio Hotel und Konsorten  der Pupertät entwachsen sind. Und wer weiß, was danach kommt. 

Apropo Tokio Hotel…. Die Aufforderung zum mitjubilieren wird von einigen weiblichen Freaks nur allzu wörtlich genommen, und deren nicht endend wollendes Gekreische ähnelt bereits entfernt den Kehlen der Verehrerinnen von Deutschlands  momentanen Teenie Idolen.  Aber Bonfire stehen da drüber, nehmen’s gelassen und lassen die Puppen buchstäblich weiter tanzen. Eine heiße Blondine on stage, kann dem Image nicht schaden.

However, das Amen in der Kirche heißt einmal mehr ‚Hard On Me’, und Fazit ist, wie schon so viele Male vorher, eine durchaus g’standene Rockshow mit viel Pfeffer im A.... und kein bisschen müde, älter oder gar langweiliger inklusive kleinem aber feinen Pyroeffekt zu Beginn der Show (damit auch ja keiner den Startschuss verschnarcht).  Was letztendlich übrig bleibt, sind großteils zufriedene Gesichter, denen das Wohlgefallen ohne Frage abzulesen ist. Aber zugeben oder gar offen schwärmen dafür tun wir natürlich nicht, denn wie schon zuerst beschrieben, Schwächen liegen uns boarischen Dickschädel hier nun mal weniger. Dabei wär’s grad an uns jetzt, unseren  Rockexport ordentlich zu verteidigen und auch dem hohen Norden schmackhaft zu machen. Wir sind doch schließlich praud auf unser kantri.... oder etwa nicht?! Wehe, auch nur ein Piefke wagt es das zu bestreiten, dann werden wir aber richtig grantig!
Jedenfalls kann ich nur jedem Ostfriesen, Sachsen, Rhein- oder Saarländer bis hin zum Schleswig Holsteiner ans Herz legen, gebt’s auch dem bayrischen Hardrock  eine Chance, für einen schwungvollen Alpenstep. This here is a’ zünftiger Rack’n’Roll only - und sonst gar nixi… , - hast mi?!

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