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... und Phönix stieg wieder aus der Asche und verstreute seinen Segen über ca. 50.000 Jünger, die gekommen waren, um ihre Helden einmal mehr, oder sollte ich besser sagen, - wieder neu zu zelebrieren. Nach dem Motto, sie kommen, sehen und siegen auf voller Linie. Mit Genesis reiht sich eine weitere Rocklegende in die Kette all der Wiedervereinigungen der letzten zwei Jahre. Nun, Wiedervereinigung ist vielleicht das falsche Wort, denn genauso wie bei The Who oder The Police gab es auch bei Genesis nie eine offizielle Trennung. Die Bands wurden nur schlicht und simpel auf Eis gelegt, wie man so schön formuliert. Immer mit der offenen Perspektive, irgendwann wieder mal was zu machen. Die Gründe, die zu einer Wiederauflebung von Genesis geführt haben, dürften, wie bei den anderen Gruppen, nicht von finanzieller Natur sein. Denn, dass jeder einzelne Musikus hier mehrfacher Millionär ist, das liegt selbstredend auf der Hand. Eigentlich hätte auch Peter Gabriel mit von der Partie sein sollen. Aber jener wiederum entschied sich für’s erste doch ausschließlich für seine Solokarriere, über deren Erfolg wir nicht zu diskutieren brauchen. Aber zumindest hat er sich die Option offen gehalten, jederzeit auf den Zug aufzuspringen für das eine oder andere Konzert. –

In München hier müssen wir allerdings mit dem Trio der zweiten und erfolgreicheren Genesis Ära vorlieb nehmen, nämlich mit Phil Collins, Mike Rutherford und Tony Banks. Erfolgreich  - was Chartpositionen und Verkaufszahlen betrifft, denn dass die vorhergehende Gabriel Ära in den 60ern und 70ern musikalisch eindeutig hochwertiger war, darüber brauchen wir ebenfalls nicht streiten. Aber Otto Normalverbraucher der breiten Masse hat schon immer die eingängige Anspruchslosigkeit simpler Popliedchen mit Mitsing Faktor ala’ Phil Collins bevorzugt. Für Gabriel Stücke wie ‚Supper’s Ready’ , ‚Selling England By The Pound’ oder ‚The Lamb Lies Down On Broadway’ benötigt man einen gewissen Intellekt und Musikverständnis. Und das ist vielen unter uns eine Nummer zu hoch.Also bleiben wir bei ‚Tonight’, ‚Land Of Confusion’ und ‚Invisible Touch’, denn diese Melodien kennt Mama, Papa, Großvater und Enkel fast schon in- und auswendig. Die Zahlen sprechen für sich: Mit über 159 Mio. weltweit verkauften Alben zählen Genesis zu den dreißig Bands mit den meisten Plattenverkäufen aller Zeiten.
Ach ja, und da gab es ja noch das Zwischenintermezzo mit Ray Wilson am Gesang und dem Album ‚Congo’. Kein schlechtes Teil – zugegeben. Aber mit Genesis hatte das nicht mehr viel zu tun. Entsprechend wenig verkaufte sich das Teil, und die Band wurde einmal mehr auf Eis gelegt. Best of’s.... erschienen und gingen wieder, bis.... ja bis – sich eben Phil Collins, der Erfolgsgarant bereit erklärte wieder das Zepter in die Hand zu nehmen.
And here we are again……
Oh, unser berühmtes Trio hat dann doch noch jemanden aus der Vergangenheit ausgegraben und mitgebracht, nämlich Schlagzeuger Chester Thompson, der heute hauptsächlich als  1998 Dozent für Schlagzeug und Leiter des Jazzensembles der Belmont University in Nashville, Tennessee tätig ist und ab und zu auch noch Soloalben veröffentlicht.

Und last but not least ist da  Daryl Stuermer (Git./Bass) der bereits seit Jahrzehnten an der Seite von Phil Collins und eben Genesis wirkt.
Punkt 20.15 Uhr beginnt der Zauber auf einer spektakulären Bühne vor, wie oben erwähnt, 50.000 Besuchern, und das im strömenden Regen. Die Ärmsten sind wir Fotografen, die sich einerseits abmühen  unter erschwerten Bedingungen halbwegs akzeptable Bilder zu ergattern, andererseits nonstop versuchen, ihr Equipment nicht zu nass werden zu lassen.

Die Bühne ist hoch, und es darf nur von links außen geknipst werden, dank örtlicher Verhältnisse. Es ist nicht einfach, aber wir arrangieren uns. So aufwendig der Aufbau und später die Scheinwerfer sind, so schlicht macht sich die Band da oben aus. Unscheinbar wäre eigentlich die passende Beschreibung. Aber hier haben wir tatsächlich das beste Beispiel für den Slogan – der Ton macht die Musik und die Atmosphäre. Phil Collins ist der, immer noch äußerst beliebte, Fokus, der das Set, hinterm zweiten Schlagzeug mit dem Instrumental ‚Duke’ beginnt um dann umgehend an die Front zu stürmen für ‚Turn It On Again’.

Für die Begrüßung hat er sich sorgsam eine deutsche Übersetzung zurecht gezimmert. Jawohl, so was kommt bei den Leuten an, und sie danken es ihm – again – mit viel Applaus. Allerdings sind seine Sprachkenntnisse nicht unbedingt das non plus ultra, trotz einer jahrelangen Beziehung zu einer Schweizerin. Aber gut, das sei dahin gestellt und nicht weiter relevant für den Verlauf dieses Events. Vielmehr hilft Collins der Umstand, sich stets mit einer gewissen Humoreske zu präsentieren. Englischer trockener Humor gepaart mit einer gestellten Naivität, was sich wiederum in einem liebenswerten, etwas tollpatschigen Charme äußert. Das hat er u.a. auch schon bei mehreren Besuchen in Wetten dass.... hervor gekehrt. Und letzteres tut enorm dazu, den individuellen Popularitätslevel zu steigern.
Ein Hit wird vom nächsten gejagt. Zu regnen hat’s auch aufgehört. Mama Else tanzt mit Onkel Otto. Und Opa Heinrich jodelt zu ‚I can’t dance’ – welches übrigens in der Zugabe enthalten ist. (siehe Setlist wie immer). Aber die Impulsivität hält sich in Grenzen, und die beiden Wellenbrecher in der Arena wären an und für sich unnötig gewesen. Aber wie heißt es so treffend? – Lieber vorbeugen als nachsehen.

Mit fast drei Stunden Showtime ist auf alle Fälle jedermann gut bedient worden hier drinnen. Sogar der Regen hat Gnade gezeigt . Übrig bleibt eine durchschnittliche Akustik, ein leuchtender, visueller Allgemein-Aspekt, eine puristische Band, jede Menge wohlbekannter Hitsingles und ein enthusiastisches Publikum. Und genau  letztere  beiden Umstände sind der Trumpf, mit denen die Schlacht gewonnen wird.
Wohl denn, in jeder Hinsicht ein Erfolg, abgesehen vom individuellen Geschmack. Und der tendiert bei mir eindeutig in Richtung P.Gabriel..... Aber Gott sei Dank ist das in dem Fall, und was die allgemeine Begeisterung betrifft, nicht weiter wichtig....   
http://www.genesis-music.com/

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