Oh wie hart habe ich auf diesen Moment gewartet. Auf jenen Augenblick wo
ich endlich einmal in meinem Leben die, lt Fachwelt, beste Band der Welt
live sehen würde. Wahrscheinlich deshalb, um mich zu überzeugen, dass
dem wirklich und tatsächlich so ist. In 25 Jahren, also einem Viertel
Jahrhundert, habe ich sehr viel gesehen und gehört. Und um eine solche
hochtrabende Ansage zu bewahrheiten, braucht es Millionen von
Lichtjahren und etwas darüber hinaus. Wobei der Begriff – beste oder
bester immer relativ ist. Also lasse ich mir die Gelegenheit diesmal
nicht entgehen und pilgere nach Stuttgart auf den Pariser Platz, V.I.P.
Tribüne samt Speis und Trank inbegriffen. Leider gabs keine
Fotoakkreditierung, deshalb an dieser Stelle auch nur einige bescheidene
Eyecatcher mittels kleiner Kompaktkamera, wieder mal nach dem Motto -
besser das als gar nichts.

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Steely Dan, das sind Walter Becker und
Donald Fagan, die sich Ende der 60er Jahre am College kennengelernt, -
und alsbald ein Duo der Superlative gebildet hatten. Sie entwickelten
einen sehr eigenen, anspruchsvollen Stil mit Elementen aus Rock, Funk
und Blues und auch der Jazz kam nicht zu kurz. Steely Dan begann 1972
mit folgender Besetzung: Donald Fagen (Gesang und Keyboards), Walter
Becker (Bass), Denny Dias (Gitarre), Jeff "Skunk" Baxter
(Gitarre), Jim Hodder (Schlagzeug) und David Palmer (Gesang). Auf ihrem
ersten Album Can’t Buy A Thrill brillierte als Gastgitarrist Elliott
Randall. Live wurde Steely Dan von Michael McDonald (Gesang, Keyboards)
und Jeff Porcaro (Schlagzeug) verstärkt. Nach dem abrupten Stop der
Live Auftritte, wechselte McDonald zu den Doobie Brothers und Porcaro gründete
Toto. Obwohl Becker und Fagan keine Konzerte mehr spielten, so
produzierten sie doch weiterhin geniale Longplayer wie ‚Countdown To
Ecstacy’, ‚Pretzel Logic’, Katy Lied
‚The Rojal Scam’, ‚Aja’ und ‚Gaucho’. Der Split der
Beiden wurde durch einen Streit mit dem bisherigen Label eingeleitet, führte
über den Drogentod von Beckers Freundin, der ihm angelastet wurde, dem
ein schwerer Autounfall folgte, bei dem er sich gleich mehrmals das Bein
brach. Außerdem kämpfte er auch noch mit seiner Heroinabhängigkeit.
Er zog sich nach Hawaii zurück, um wieder Herr über sich selbst zu
werden. Und auf der Insel Maui am Fuße des Haleakula Vukans lebt er
auch heute noch. Ich war selbst dort vor einigen Jahren.
Donald Fagan hingegen begann daraufhin seine Solokarriere zu
intensivieren. Zwischenzeitlich erschienen auch Becker Soloalben und
Steely Dan Anthologies und Best of’s.... Erst 1993 war es dann wieder
soweit. Steely Dan fanden erneut zusammen und tourten ‚Alive in
America’. 1996 folgte die Welttournee, und im Jahr 2000 erschien das
erste gemeinsame Album nach über 20 Jahren ‚Two Against Nature’.
2001 folgte die Aufnahme in die Rock’n’Roll Hall of Fame und 2003
das nächste und bislang letzte Album ‚ Everything Must Go’. Als sie
vor zwei Jahren den Lifetime Grammy Award erhielten ging dies nicht nur
über CNN, sondern durch die gesamten World News.

then......
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..... & now
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Und jetzt sind sie wieder hier auf der
sogenannten ‚Heavy Rollers’ Tour.
Heavy Roller ist übrigens jemand, der spielsüchtig ist, und große
Summen von Geld im Casino einsetzt.
Steely Dan live in Concert –
Ach ja, den Namen haben die Beiden übrigens
William S. Burroughs’ Naked Lunch entliehen, in welchem Steely
Dan ein eiserner Dildo ist.

Beim Konzert in Stuttgart, das im Rahmen
der Jazztage 2007 stattfindet, handelt es sich um ein Double Headliner
Set. Den Start machen Blood Sweat & Tears, die ebenfalls schon in
den 60er Jahren ihre Karriere begannen, allen voran David Clayton
Thomas, der ein Jahr nach Gründung der Band 1968 dazu stieß. Das
gleichnamige Album von 1969 erzielte einen Grammy und war von großem
Erfolg gekrönt, dank 3,8 Mill. verkaufter Alben. Jedes Kind kennt den
wohl größten Hit der Band ‚ Spinning Wheel’. –
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Nun, mit jenen Blood Sweat & Tears
von damals hat die heutige Band nicht mehr viel gemein außer der
Umsetzung alter Hits. Von den Originalmitgliedern ist kein Einziger mehr
mit von der Partie. Besonders Clayton Thomas fehlt, ohne den diese
Band in etwa wirkt, als ob die Stones ohne Mick Jagger spielen
würden.
Hier sind ebenfalls erstklassige Musiker am Werk, die sich durch etliche
Soli auszeichnen. Allerdings bekommt gerade dadurch, das 90 minütige
Set ab und an langatmige Durchhänger. Nichts desto trotz ist die Präsentation
dieser Band überdurchschnittlich gut, und sie trägt das Erbe von
Spinning Wheel gekonnt weiter in die Zukunft.
Blood
Sweat & Tears Website
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’Hi
Kids’ begrüßt ein, etwas überdreht wirkender Donald Fagen...- nein,
nicht das Publikum, sondern seine Kollegen da oben auf der Bühne. Er trägt
eine Lässigkeit und Coolness zur Schau, die einem alternden Gigolo alle
Ehre gemacht hätte. – Jesus, Maria Muttergottes, da oben stehen die
weltbesten aller Musiker überhaupt und trotzdem wirken sie wie eine etwas
abgehalfterte Jazz-Fusion Combo, die heilfroh ist, dass sie überhaupt
hier auftreten darf. Dabei ist es aller Wahrscheinlichkeit genau
andersrum. Die Veranstalter der Stuttgarter Jazztage haben sich vermutlich
alle 10 Finger abgeschleckt, damit sie diesen 250 karätigen Diamanten an
Land ziehen durften. Das ist wie ein Sechser im Lotto. – Zumal der
Pariser Platz hier genau das richtige Ambiente für ein Konzert von Steely
Dan bietet. Zur einen Seite den hypermoderne verglaste Banken Komplex zur
anderen, unbebautes Ödland. Kontraste ziehen sich bekanntlich an, und
Becker und Fagan sind ein einziger großer Kontrast, der Gigolo und der
liebe Onkel Herbert... pardon Walter, von nebenan, die dennoch so
hervorragend harmonieren. Auch der Rest der Truppe besteht nur aus Hochkarätern
wie Drummer Keith Carlock, Bassist FreddieWashington , John Harrington (Git.),
Michael Leonhard (Trompete) und Jeff Young am Keyboard, sowie die beiden
Backgroundsängerinnen Ann Excoffery und Cyndie Mizelle. Nein,
hier braucht es keine großartigen Soli um vorzuführen wie gut
jeder von ihnen an seinem Instrument ist. 20 Sekunden Intros zur
Vorstellung jedes Einzelnen, - that’s it.
Das Fantastische an einem Konzert von Steely Dan ist, dass kein einziger
Song so wie auf der Platte klingt und auch von Konzert zu Konzert
verschieden improvisiert ist. Allerdings unterliegt diese Improvisation
nicht dem Zufall sondern ist exakt ausgeklügelt. Hier sitzt jeder Ton,
jeder Akkord bis ins kleinste Detail. Und trotzdem wirkt es alles andere
als steril. Eine weitere Tatsache, was die Musik von Fagan und Becker so
einzigartig macht, ist die Tatsache, dass ihre Musik so klingt, als ob sie
eben erst geschrieben worden wäre. Und was die Texte betrifft,
versuch erst gar nicht sie zu verstehen, denn dafür braucht man,
lt eines Rolling Stone Redakteurs fast schon ein Literaturstudium.
Und trotzdem wirkt alles so easy und leicht wie eine Feder und keinesfalls
verworren oder zu kompliziert. Ja, anspruchsvoll sind Steely Dan allemal,
aber das mit Konzept. Die teuren, und wahrscheinlich besten Instrumente überhaupt
wirken zum Teil wie Sammlerteile vom Flohmarkt. Onkel Walter wirkt sehr
selbstzufrieden und relaxed im Gegensatz zu Donald Mecky Messer – Fagan,
dessen lustige Verrenkungen fast schon denen von, - Gott hab ihn selig –
Mighty Ray Charles ähneln Sonnenbrille
inbegriffen. Allerdings ist Fagan mitnichten blind noch gehandicapt. Und
zudem kommt diese rauchige Stimme, die von Anfang an zu einem
Markenzeichen der Band geworden war. Nein, sie ist nicht sehr
gut, aber sie ist einzigartig und so speziell, dass wenn man sie hört,
sofort weiß, hier ist entweder Steely Dan oder Donald Fagan solo am Werk.
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Leider wissen das nicht alle
Leute hier und heute Abend zu schätzen. Und man hat den Eindruck, dass so und
so viele Ehrengäste die Zutritt zur V.I.P. Tribüne haben, ihren
Aufenthalt dort eher nutzen um sich auf das reichhaltige Gratis Büffet zu stürzen
und jenes konstant belagern inklusive lästiger Geräuschkulisse,
die so manchen wirklichen Fan wie mich massiv stört. Wir sind hier nicht
bei einem Heavy Metal Konzert, wo jegliche Nebengeräusche im Zuge der
musikalischen Klangwolke untergehen. -
Neben diesem negativen Aspekt gibt es dann doch noch einen, nämlich den
Umstand, dass, obwohl Steely Dans Set ebenso eine 90 Minuten Dauer
aufweist, es trotzdem um Längen zu kurz wirkt. Nicht nur, dass sie mit ihrem
Repertoire locker das Dreifache an Zeit füllen könnten, sondern weil man
es irgendwie von einem Künstler auf diesem Level einfach erwartet. Aber
dem ist leider nicht so. Um 22.30 Uhr ist Feierabend und mit Carolyn
verabschiedet sich – tatsächlich die brillanteste Band der Welt –
sang- und klanglos, ohne großes Brimborium und rigoros – so wie es eben
dem Stil entspricht.
Fazit ist, auch wenn im heutigen Set die eher noch banalen Hitnummern wie
‚Rikky Don’t Lose That Number’ und ‚Do It Again’ gefehlt haben,
so hat es sich bei diesem Auftritt ohne Übertreibung um das wohl
perfekteste und musikalisch beste
Konzert gehandelt, dass ich in all den 30 Jahren je erlebt habe. -
Überirdisch und nicht von dieser Welt, und das mal ganz bescheiden und so nebenbei erwähnt...
PS:..... ich meine, welche Band bekommt schon eine einseitige Konzert Live
Review in der Süddeutschen Zeitung?! – Ich kenne keine andere sonst.-
Und Ihr?.....
http://www.steelydan.com/
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