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Die biblische Geschichte des Sündenfalls, der Versuchung von Adam und Eva durch Satan und ihre Vertreibung aus dem Garten Eden, wurde als episches Gedicht in sogenannten Blankversen  von dem englischen Dichter John Milton im Jahr 1667 des Herrn verfasst. Soviel zur Allgemeinbildung....
                                                        
Nun unser verlorenes Paradies hier gibt es zwar noch nicht ganz so lange, aber Fakt ist, dass sie ihren Namen von jenem Epos gepachtet haben und natürlich ebenfalls aus Großbritannien, genauer gesagt, aus Yorkshire stammen. – Und für eine Heavy Metal Band, die sich innerhalb ihrer Karriere vom Deathmetal zum Gothic Metal gewendet hat, besitzen Nick Holmes, Greg MacIntosh und Co. fürwahr ein biblisches Alter. 20jähriges Jubiläum gilt es im kommenden Jahr zu feiern, und 12 Studioalben, 1 Livealbum, 16 Singles, 2 Compilations, 3 Videos und 2 DVDs sind das bisherige Resümee’  einer Band, die gerne als die Erfinder des Gothic Metals bezeichnet werden. Image hin oder her, aber ganz so düster, wie es der Musikstil gebietet und die Melodien teilweise klingen, sind die Brüder gar nicht. Und ich muss jedes Mal schmunzeln, wenn ich vor einem Konzert backstage in unserem guten alten Backstage zugange bin. Denn dank Internet Präsenz und verfügbarem wireless Lan ist das Bild, dass sich einem in der Garderobe bietet, jedes Mal das gleiche, egal ob da nun eine Heavy Metal – oder eine Reggaeband zu Gast ist.
Da sitzen sie nämlich  in Reih und Glied, wie die Hühner auf der Stange, hochkonzentriert und hämmern auf ihre Laptops ein als ob es gilt, den Ironman auf Hawaii zu gewinnen – Störung höchst unerwünscht. Denn eben diesen Luxus erhält man nur alle Jubeljahre mal an einem Venue selbst. Und wir sprechen hier nicht von Superstars die in 5-Stern Hotels nächtigen sondern von Künstlern, die die meiste Zeit on tour in ihrem Bus verbringen – ohne Internet versteht sich . -
Wie auch immer, das ist jedenfalls mit ein Grund, warum unser Backstage bei den meisten Gruppen so beliebt ist, und sie immer wieder gerne zurück kommen. Und Paradise Lost sind da keine Ausnahme. Fest steht die Backstage Party wird heute Abend mit Sicherheit in der Gesellschaft von fünf Laptops gefeiert.
Seit 1990 und dem Londoner Marquee Club habe ich diese Band bereits etliche Male live erlebt. Und keine andere Gruppe hat so intensiv mit Stilbrüchen gepokert, als eben Paradise Lost. Ein großes Risiko –zugegeben, und mit dem 99er Album ‚Host’ sind mit Sicherheit auch so einige Hardcore Fans abgesprunge
n. Seitdem sind sie wieder härter geworden, nicht wirklich back to the Roots, und nach wie vor dem Gothic Stil folgend, aber doch deutlich dem Metal zurück zugewandt. Das springt auch eindeutig aus dem aktuellen Teil ‚In Requiem’ hervor.

Zwei Zugpferde hamma auch hier wieder, die sich durch ihren Einstand einen Popularitätsanstieg erhoffen. Zum ersten – die Kanadier Neurosonic, die seit 2006 unterwegs sind, und welche mir entgangen sind. Und zum zweiten sind da die Deutschen Eyes Of Eden, die 2004 von Waldemar Sorychta gegründet wurden, der bereits bei Grip Inc spielte. Hmmmmm..... nun, mal abgesehen davon, dass die Dortmunder nicht nur mit immensen Soundproblemen zu kämpfen hatten, sie wirken, ehrlich gestanden, auch genauso, wie eine Band eben klingt, die gerade mal drei Jahre existiert und just in diesen Tagen ihr erstes Album namens ‚Faith’ veröffentlicht. Und was auf Platte noch realtiv gut rüber kommt, dank moderner Technik, lässt leider live on Stage etwas zu wünschen übrig. Und dafür sind nicht nur die unglücklichen Soundconditions verantwortlich.

Ein professioneller Gitarrist, eine fotogene Sängerin als Blickfang, deren Stimme aber nicht durchdringend und etwas zögerlich tönt, ein akzeptabler Schlagzeuger und eine mittelmäßige Bassistin, das ist Eyes Of Eden, die mich noch dazu schwer an Bands wie Within Temptation erinnern. Die Frontfau wirkt zudem etwas unsicher, zögerlich eben, wie vorhin erwähnt. Hier fehlt das nötige Selbstbewusstsein und die Stagepräsenz, sprich die Dominanz, um die Fans voll zu vereinnahmen. Aber gut, bei Künstlern, die noch in den Kinderschuhen stecken, ist so einiges nachzusehen, und man darf gespannt sein, in welche Richtung sich Eyes of Eden noch weiter entwickeln, - wenn sie es tun!

And there we go – in schwarz gekleidet, samt düsterem Ambiente und mit finsteren Mienen, genauso wie es die Stilistik gebietet, beginnen Paradise Lost ihren Monolog mit ‚The Enemy’. Gott sei’s getrommelt und gepfiffen bleibt zu meiner großen Erleichterung der, von Fotografen so gefürchtete, Trockeneisnebel aus.  Dafür beleben einige interessante Licht- und Schattenspiele die Szenerie, die für uns Knipser nicht uninteressant und wieder mal eine echte Herausforderung sind. Nick Holmes war noch nie ein Mann großer Emotionen auf der Bühne. Aber mit seiner durchdringenden Stimme und einem beschwörenden Blick, nach dem Motto: - ihr hört mir jetzt zu, oder es setzt was – gelingt es ihm unschwer die schätzungsweise  650 Fans für gotische Metal-Mythologie zu begeistern. Und da wäre natürlich Gitarrist Greg Macintosh, welcher sich selbstvergessen in wahre Gitarrenakrobatik rein steigert. Und während Bassist Steve Edmondson, Gitarrist Aaron Aedy und Schlagzeuger Jeff Singer nicht wirklich zur Geltung kommen, liefern sich die beiden Egos Holmes und Macintosh ein wahres Duell in Sachen Aura und Aussagekraft. – Hier braucht es keine großartige Show oder irgendwelche Extraeinlagen. Hier wird genau das rüber transferiert, was die Band suggeriert, nämlich schwerer, düsterer Heavy Metal, dessen Depression sich in kompromissloser Härte ausdrückt. Auffallend ist auch, dass auf das aktuelle Album ‚In Requiem’ ein spezieller Schwerpunkt gelegt wird. –



Eines ist sicher, was auch immer für welche Stilbrüche Paradise Lost in der Vergangenheit begangen haben, sie sind sich trotzdem stets ihrer individuellen Linie treu geblieben. Vielleicht ist jener Umstand auch das Patentrezept für ihre Langlebigkeit und einem, zwar kleinen, aber soliden Fankreis.
Mentor und Vorbild Andrew Eldritch hält seine Hand zum Segen über Euch. Und wo wir, bzw. Ihr in zehn Jahren steht... who knows, - wir denken immer nur 24 Stunden voraus, keine Sekunde länger,-  lt. Greg verschwendete Zeit.....
Und jetzt noch schnell eine Mail nach Hause.... Wer weiß, wann wir nächstes Mal wieder ‚nen Internetzugang bekommen, gelle ?!.... 
  
http://paradiselost.co.uk/