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Er war Genie und Wahnsinn zugleich. Wobei Wahnsinn etwas zu hoch gegriffen ist. Exaltiert und exzentrisch  das trifft wohl eher zu, auf den Ausnahmemusiker Frank Zappa. Während seiner Karriere veröffentlichte er mehr als 60 Alben, Werke, die teilweise an die Grenzen des annehmbaren Musikgeschmacks stießen und doch so genial waren. – Zu meinem Leidwesen muss ich gestehen, dass ich Frank Zappa nie live on stage erlebt habe. Dafür aber umso öfter seinen Sohn Dweezil, der bereits unter Daddys Fittiche als Kind erste Gehversuche startete. Später veröffentlichte auch er einige Alben, konnte aber nie auch nur annähernd an den Genius seines Vaters heranreichen. Um es genau zu nehmen sind es bis jetzt insgesamt sechs CDs. ‚Go With What You Know’ heißt die aktuelle Scheibe von 2006.
Meine erste Begegnung und den Auftritt von Dweezil und Ahmed Zappa im Londoner Marquee 1991 habe ich noch sehr gut in Erinnerung. Und jenes war auf seine Weise genial.

Der Zappa Family Trust ist ein riesiges Firmenimperium, welches sämtliche Nachlässe des 1993 verstorbenen Frank Zappa verwaltet. – Und weil die eigene Karriere nicht so richtig funken wollte, beschloss Sohnemann wohl, Franks Spirit und Musik wieder aufleben zu lassen. Kein einfaches Unterfangen, denn Zappas Musik ist in etwa so schwierig wie eine chinesische Rechenformel.  Und nur jemand der selbst ein Ausnahmemusiker ist, kann jene tatsächlich umsetzen. Ian Donald Calvin Euclid Zappa, bzw. Dweezil hat jenes Talent von seinem Vater geerbt. Das steht fest. Der 38jährige tourt seit ca. einem Jahr unter dem Pseudonym Zappa Plays Zappa durch die Lande. Und jawohl, das Konzept ist aufgegangen. Die Musik vom Vater lebt mehr denn je, und dank der gravierenden äußerlichen Ähnlichkeit von Vater und Sohn, erlebt man bei diesem Konzert wahrhaftig fast so was wie einen Zeitsprung. Interessant ist auch, dass bei dieser Zappa Plays Zappa Tour immer wieder geniale Gastmusiker mit an Bord springen. So war u.a. schon Steve Vai  und der ehemalige Zappa Drummer Terry Bozzio mit von der Partie. – Leider nicht so hier auf dem Deutschland Abschnitt der Tour. Aber dafür ist Ray White dabei, ebenfalls ein ehemaliger Mitstreiter von Frank der auch auf den Alben "Tinsel Town Rebellion" und "Zappa in New York" mitgewirkt hat. Er übernimmt übrigens fast alle Gesangsparts im Programm. Weiters spielen noch: Joe Travers (Drums), Billy Hulting (Percussion), Scheila Gonzalez (Keyboards, Saxophone, Voc.), Aaron Arntz (Keyboards, Trumpet), Peter Griffin (Bass), Jaime Kime (Rhythm Git), alles erstklassige Instrumentalisten, die zusammen mit Dweezil dieses Konzept aufgehen lassen.


"Ich habe so große Ehrfurcht vor der Leistung meines Vaters und möchte, dass immer mehr Menschen ihn kennen lernen. Ich denke, der beste Weg, seine Musik zu entdecken, ist beim Live Konzert, wo es einen bis ins innerste Mark trifft." Jenes Statement gab der Zappa Spross zu Beginn dieser Aktion zu bedenken. Aber die Absicht, Daddys Musik einem jungen Publikum schmackhaft zu machen, geht nur teilweise auf. Jedenfalls bestehen die ca. 1.000 Besucher hier in München zu 90% aus Oldies, jenseits der Mitte 40, die sich noch sehr gut an Frank Zappa erinnern können und ihn sogar noch live erlebt haben. – Frank ist übrigens auch posthum in diese Show integriert, erscheint er doch insgesamt zwei Mal auf der Großleinwand im Hintergrund der Bühne und singt und spielt von dort mit, - von Tonband versteht sich. Die Truppe hier on stage ergänzt ihn live im Duett. Dies ist so technisch perfekt arrangiert, dass man tatsächlich den Eindruck gewinnt, Frank ist für einen Abstecher mal eben schnell von Wolke 7 zurück gekehrt.
Zugegeben, Zappa Musik ist schwieriger Tobak und nicht jedermann’s Sache. Aber sie ist schlicht und ergreifend genial dank der verschlungenen Harmonien und der abstrakten Stilverquickungen. Beziehungweise sollte man es eher andersrum beschreiben, niemand hat so viele Stilbrüche begangen wie er. Und Dweezil schafft es tatsächlich mit seiner charmanten Selbstsicherheit all das umzusetzen und seine Band zu dirigieren. Beim Duett mit Frank da hinten oben, schaut er durchwegs, fast schon ehrfürchtig und mit viel Respekt zur Leinwand. - Jeder einzelne Musiker wird nacheinander hervor gehoben und bekommt sein Solo, - beeindruckend aber nicht übermäßig in die  Länge gezogen. Gerade richtig. Sogar Flöte und Tuba kommen zum Einsatz neben den herkömmlichen Instrumenten.
Zappa Musik kann man nicht einfach so mal schnell in 90 Minuten konsumieren. Dazu braucht es mehr. Um es exakt auszudrücken wird daraus ein drei Stunden Epos, der so abwechslungsreich und voller verschiedener Fassetten und Improvisationen ist, dass man nicht mal merkt, wie schnell die Zeit vergeht. Apropo – improvisieren.... – Ray White erfindet zu Ehren unseres Oktober Festes mal eben schnell ein paar neue Lyrics zur Musik, die da lauten: “I shouldn’t have had that last beer tonight“. Eins zu Null für White, der die Lacher auf seiner Seite hat damit. Ansonsten hält man sich bis auf eine Ausnahme an die Setliste, allerdings wie schon zuvor erwähnt, mit etlichen Extra-Einlagen.
Bravo, gut gemacht Dweezil. Das war eine nahezu perfekte  Performance mit viel Abwechslung, noch mehr Erinnerungen und der Gewissheit, dass Frank Zappas Musik noch lange leben wird. Dieses Konzert hier gehört mit Sicherheit zu meinen absoluten Highlights in dem Jahr.

http://www.zappaplayszappa.com/                http://www.dweezilzappa.com/               http://www.zappa.com/

PS: aber als ob drei Stunden Konzert nicht genug wären, kommt Dweezil nach ca. 5 Minuten wieder heraus und gibt den Fans noch geduldig über eine Stunde lang Autogramme. – Und ja, er erinnert sich noch ganz genau an jenen Abend im Londoner Marquee Club anno 1991...........


Dweezil 30.Sept. 2007


Ahmed & Dweezil  1991 in London


20 kuriose Tatsachen über Frank Zappa