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So Leute, seit heute Abend bin ich zu einer neuen Erkenntnis gekommen... Ich kann singen! Jawohl ja, ich traue mir jetzt tatsächlich zu, auf eine Bühne zu steigen und mit schönstem Nachtigall Gezwitscher los zu legen. Denn seit heute Abend weiß ich auch, dass es Leute gibt, die wahrscheinlich nicht so gut singen können als ich. Also brauche ich mich ergo nicht verstecken. Ich sollte wirklich überlegen, ob ich nicht eine neue Karriere ins Auge fasse.-
Mein lieber Herr Gesangsverein, - die Operette hier im Spektrum gleicht eher einer komischen Oper in zwei Akten, deren Hauptdarsteller ohnehin zur Kategorie: „Bands die die Welt nicht mehr braucht“ – gehören. Ich meine, Gruppen jener Gattung akzeptiert man ja tatsächlich noch, wenn sie zumindest gute Unterhaltung bieten. Aber unser Entertainment heute Abend kann man gerade mal als jenseits von mittelprächtig und 100% Spiritius... sorry Jacky pur, - bezeichnen, bei welchem die Stimmbänder sich für die Frührente entschieden haben. Ich beschreibe hierbei vor allem den komischen Akt Nummer 2.
Double-Headliner-Set nennt sich der Versuch, den 80er Jahre Rock wieder aufleben zu lassen  ?!  Aufflackern wäre wohl der passendere Ausdruck. Und wo bitte sind da zwei Headliner?

Lenny Wolf, - (Anm. In diesem dunklen Ambiente vermute ich zumindest, dass er es ist) legt um Punkt halb neun los. Spätestens beim ertönen des typischen Meckerorgans, kommt die Gewissheit, dass er es tatsächlich ist. – Der Rest vom Gerüst sind no Names, die zwar ihr Handwerk einigermaßen verstehen, aber die Schönheit beileibe nicht mit dem Löffel gefressen haben. Ja klar, auf das kommt’s letztendlich nicht an. Aber ehrlich gestanden, wäre da Mr. Wolf nicht, dann würde man dem Rest vom Königreich kaum Beachtung schenken.
Ist auch nicht notwendig, denn bei Kingdom Come waren und sind wahrscheinlich immer noch, sämtliche Musiker austauschbar. Hauptsache der Stamm steht noch, und das ist nun mal unser Fischkopf Lenny Wolf, ganze 28 Jahre jung und ein paar zerquetschte drauf. (Anm.hat er selbst gesagt) -   Nun, sagen wir mal so, was diese Band unter dem Pseudonym Kingdom Come hier bietet wäre in seinen Grundfassetten gar nicht mal so übel, Gesang passt in dem Fall, Gitarre und Bass auch, aber dank verheerender Pfeiforgien aus dem Fegefeuer links hinten und einer fehlenden Präsenz, auf Grunde von verhaltener Kerzenbeleuchtung geht die Magie buchstäblich flöten. Außerdem treten die Brüder in verminderter Anzahl auf, ist doch gerade ein Gitarrenzupfer baden gegangen aus was immer für welchen Gründen. Lenny Wolf springt ein und versieht für diese Tour quasi eine Doppeljob. Gelingt ihm auch, allerdings mit dem Abstrich, dass der allgemeine Schwung in der Performance an Energie verliert.  Logisch, - muss er sich doch nunmehr auf zwei Dinge konzentrieren und nicht nur rein auf die Lyrics.  Außerdem wirkt der visuelle Aspekt des Geschwaders da oben eher wie eine Zechbrüder Runde, die nach getanem Tagwerk in Jogginghose und Sweatshirt mal eben um die Ecke in die Bierkneipe zum Feierabendbier aufbricht. – Nun denn und wie auch immer, zumindest bergen einige der dargebotenen Songs einen gewissen Wiedererkennungswert, auf den die ca. 150 anwesenden Seelen anspringen.
  

Und somit bekommen Lenny und Kollegen doch noch ein paar Bonuspunkte geschenkt inklusive der Bitte nach einer Zugabe. Die bekommen wir denn auch mit einem letzten Amen in Form von, wie sollte es anders sein.... „Do You Like It“ , dem einzigen Charterfolg, den Kingdom Come jemals hatten in ihrer Karriere und last but not least 'Always'. Fazit ist ein - so so la la..... – und es war ganz okay.... aber die große Begeisterung bleibt definitiv aus... – dafür aber mit der Erwartung auf  - was immer da auch kommen würde anschließend....  und mit der Hoffnung nach besserem...
http://www.kingdomcome.de/


Nun,  ich habe mir zwar nicht zuviel erhofft. Aber das was nun folgt übertrifft sogar meine kühnsten Erwartungen. – Und da wären wir wieder beim Anfang dieser Geschichte, nämlich bzgl. meiner neuen Hoffnung auf eine Karriere als Figaro. Drei Kilogramm Eiswürfel, frisch gefroren aus Augsburger Quellwasser stehen bereit samt Cola, Sprudel und einer ‚vollen’ Flasche Jack Daniels pur. Imagepflege paart sich mit menschlichen Bedürfnissen ganz im Stil von Rock’n’Roll. 

And there we go, Don Dokken wie er leibt und lebt. Das letzte Mal von mir live erlebt anno 1987 im Vorprogramm von Accept in München. Und ums gleich vorweg zu nehmen, bei Sir Don hat der Zahn der Zeit nicht nur genagt, hier hat er förmlich Rock’n’Roll getanzt mit dreifachem Salto Mortale. Was is’n das, sag mal? Falstaff lässt grüßen. Ihr wisst schon, der aus der komischen Oper von Giuseppe Verdi.  Der, der seine Figur dem Genuss von übermäßigem Weinkonsum zu verdanken hat. Im Falle unseres aufgedunsenen Papagallos, ist wohl eher der Spirit von Jack Daniels verantwortlich für die vollschlanke Silhouette und den limitierten, schrägen,  oralen Oktaven.  Yeah... anfangs gibt man sich cool, ganz im Sinne von Al Capone  mit Sonnenbrillen und falschem Haupthaar. Jawohl, Mr. Dokken trägt Perücke pur aus 100% Echthaar im biederen Pagenschnitt und ohne Verrutschungsgefahr. Das selbige gilt übrigens auch für Orignal-Drummer Mick Brown, dessen dichte Mähne vom Ventilator verwegen über die Kante geblasen wird, wohlweislich den Ansatz verbergend. (Anm. schade, dann hätten wir wenigstens was zu lachen gehabt, so aber ist uns eher um weinen zumute) – 
Um es mal straight beim Punkt zu nehmen, ich habe ohne Übertreibung in den vergangenen zehn Jahren keinen so schlechten Sänger erlebt, wie gerade in diesem Moment Don Dokken. Hier stimmt absolut kein Zwischenton, und die hohen Passagen gehen gnadenlos unter oder werden schlichtweg ignoriert. Christus, wo ist die göttliche Erleuchtung geblieben?! Hier passt alles zusammen, eine visuelle Parodie seiner selbst und ein Organ, dass Caruso im Himmel seinen Heiligenschein verwettet, um ihn zum schweigen zu bringen. (Anm. ein Knopf am Hemd von Al Capone hat sich auch schon verdünnisiert vor lauter Schreck.)





Am meisten tut mir der Rest des Clans leid, denn der ist das einzige was die sinkende Titanic noch vor dem völligen Untergang  bewahrt. Am Schlagzeug wie gesagt, noch ein weiteres Urviech Mick Brown, der zumindest gute Leistung bringt, abgesehen vom Onkel Albert Look. An der Gitarre John Levin. Wer??? –Ein – noch-  No Name, aber wahrscheinlich nicht mehr lange, so exzellent wie er sein Instrument beherrscht. And last but not least – links on stage – Barry Sparks, seines Zeichens Langzeit-Bassist von Ted Nugent, und alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Er greift unterstützend ein was die Background Vocals betrifft. Aber all das nützt nichts, um diesen Supergau zu mildern. Im Gegenteil, der Jacky ist fast vollständig konsumiert vom großen Meister, der inzwischen einer Krähe ähnelt, die an chronischem Keuchhusten leidet. – Und während bei anderen schlechten Konzerten die Fans vorzeitig das Geschehen verlassen, bleibt hier fast jeder bis zum bitteren Ende, weil man es einfach nicht glauben will und kann, dass es so etwas überhaupt gibt. (Anm. ihr hättet mal unsere Rockchicks Gemeinde sehen sollen. Mit Grabesmienen wird inzwischen der Fußboden mit dem Hosenboden gesäubert) Und immer noch kann keiner dieses Disaster so richtig begreifen. -  Das was hier abgeht, ist ein Verbrechen an der Menschheit, bzw. Rock’n’Roll Gemeinde. – Mit ’In My Dreams’ ist die Nightmare on Elmstr....äh... im Spektrum beendet und die Jack Daniels Flasche geleert. Und mir bleibt nur noch zu sagen: mit was hamma das verdient? Lenny Wolf  ist tatsächlich eine Nachtigall, Don Dokken hingegen ein Karikatur. John Levin sollte seine Talente g'scheiter woanders einsetzen, und Barry Sparks  - warum hast Du nicht die Leadvocals gesungen?..... – abgesehen davon, bei Ted Nugent biste besser aufgehoben.
Und jetzt gehen wir lieber heim mit der Gewissheit, dass Dokken irgendwo im Nirvana hängen bleibt.... Bitte tue uns den Gefallen, lieber Don  und schmeiß Dich lieber mit Lichtgeschwindigkeit in die Andromeda Galaxy.... samt Jack Daniels, Zweithaar Toupet und kastrierten Stimmbänder...
http://www.dokken.net/

PS: das war wohl so ziemlich die beschissenste Parodie eines oralen Kraftaktes, die ich, wie vorhin schon einmal erwähnt,  in den letzten, ich weiß nicht wie viel, Jahren erlebt habe....
   Hey, warum simma eigentlich noch immer hier ??? Halleluja..... 'I'm singing in the Rain...I'm sing.......