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Chaos regiert die Welt, beziehungsweise heute Abend München. Gleich vier Rock Konzerte sind angesagt. Beim einen ist man eingeladen – ‚Fish’, das nächste würde einen privat interessieren – Siouxie (& The Banchees),  beim dritten Event gabs keinen Fotopass, und wenn, dann nur mit horrenden Knebelverträgen –die Foo Fighters, und last but not least spielt Subway To Sally vor ausverkauftem Haus in der Muffathalle. Mein Dank geht gleich vorweg an meine lieben Medienpartnerin Ina, die mir in einer Eilaktion noch einen Fotopass organisiert, der dann allerdings vor Ort durch Abwesenheit glänzt. – Aber... es gibt sie noch die glücklichen Zufälle, und just taucht der rettende Engel auf, um simsalabim doch noch  ein As aus dem Ärmel zu schütteln. Aber die nächste Hürde lässt nicht lange auf sich warten. Wie rein kommen, wenn der Eingang mit Besuchern verstopft ist, die sich noch in  einer 200m lange Schlange von hinten nachschieben. Ein Durchkommen – unmöglich! Und der größte Mist ist, - Supportact Coppelius hat bereits pünktlich um 20 Uhr mit ihrem Kammerkonzert begonnen. Die Zeit drängt also, wenn man noch ein bisschen was von dem fantasievollen Zauber visuell festhalten will, - und natürlich auch fürs Ohr versteht sich. Maia sei Dank, ihrerseits Chefin dieser Halle, - dass das Hintertürchen nicht verschlossen ist. Und last but not least, lande ich doch noch erschöpft aber happy – und völlig sprachlos in einem riesengroßen Fotograben wieder – allein! Sprachlos übrigens deshalb, weil es in unserer Muffathalle so gut wie nie den Luxus eines Grabens gibt.

Nun, was soll ich sagen.....?! E.T.A. Hoffmann sei Dank und seiner Erzählung ‘Der Sandmann’, denn sonst würden Coppelius nicht Coppelius heißen. 

Laut ihrer Website stapfen die musikalischen Zombies  seit über 200 Jahren auf den Spuren von Mozart meets Iron Maiden oder gar Motörhead in spee. Ihre Novellen erzählen vom Menschen des Atomzeitalters im Stil der sehr frühen Neuzeit. Mit Frack, Zylinder und CoCo Chanel Make up werden metal-exotische Instrumente wie Klarinette und Contrabass stilgerecht vergewaltigt. Auweia,  der Wolferl Amadeus würd’ ganz schön drein schauen, könnte er die Weiterentwicklung seines musikalischen Erbes live miterleben. Nach den Etüden ‚Coppelius’ von 2003, - ‚1803’ von 2004 und ‚To My Creator’ – 2005, sowie zusammenfassend die Frühen Werke (Box mit allen drei EPs)  ebenfalls erschienen im Jahr des Herrn 2005, ist nunmehr 2007 der volle Opus ‚Time-Zeit’ geboren. –  Halleluja, Figaros Hochzeit erlebt ein Dejavu da oben in feinstem Hardcore.... pardon Kammer-Core Flair  nach dem Opus: Number of the Beast im Biedermeier Stil. Und genauso außergewöhnlich wie das Auftreten und die Musik sind, so abstrakt sind auch ihre Namen. Graf Lindorf (Gesang,Cello), Comte Caspar (Gesang, Klarinette), Max Coppella (ebenfalls Gesang, Klarinette), Sissy Voss (Contrabass) und Bastille (Gesang, Diener). Ein Hoch dem Absinth und allen Wohlgelüsten des – Back To The Future, frisch gebeamt und durch den melodiösen Fleischwolf gedreht, aber das mit sehr viel coppelisch-chaotischem Charme. Genau das ist es, was das Menuett des Biedermeier-Metals zu etwas individuell-persönlichem machen, etwas, das unter Garantie die Sinnesorgane des Genießers zu einer musikalischen Zeitreise stimulieren. Und Wolferl schickt seinen Segen von oben, dem wahren und einzigen Heavy Metaller  jener Epoche.

Langer Rede kurzer Sinn: Idomeneo ist seinen Erwartungen gerecht geworden. Die Königinnen der Nacht im Publikum haben mit Koloraturgesang gedankt und Figaro, pardon .... Graf Lindorf beschließt seine fiktive, aber höchst amüsante musikalische Zeitreise mit einem kräftigen Schluck Absinth. Mir hat’s auch gefallen, die kleine Nachtmusik, mein’ ich, - ganz nebenbei bemerkt.......
http://www.coppelius-band.de/

 

 

.... und das Chaos nimmt weiter seinen Lauf. Die Bude ist inzwischen so voll, dass stehen auf einem Storchenbein noch zuviel des Guten ist. Und dann noch eine Pyroshow, - ja wo gibt’s das denn noch, hier in München. Tatsächlich findet der Feuerzauber doch noch ab und zu statt, wenn auch nur in eingeschränktem Maße und unter dem wachenden Auge der städtischen Autorität. Der Photocall muss deshalb auch zwei Songs lang warten, während derer ich mit einer netten Amazone aus dem Publikum angeregt diskutiere, ob der Durchgang zum Graben jetzt blockiert bleibt von ihr, oder sie gnädigerweise den Weg frei gibt. Das Ganze endet fast noch in einem Schlagabtausch. Gott sei Dank beginnt gerade der dritte Song, und wir stürmen die Front, um auch hier noch einige bildliche Impressionen fest zu halten. Wundersamer Weise hat sich die Zahl der Bildberichterstatter nunmehr um ein vielfaches vermehrt was wieder mal die Ignoranz gegenüber, wirklich interessanten Supportacts vor Augen führt. Nun gut, ich darf hier nicht meckern, versäumt meine Wenigkeit doch selbst oft genug den Vorschlaghammer, allerdings eher aus Zeitgründen als weniger wegen, der vorhin erwähnten Ignoranz. Und gerade bei solchen heutigen Startschüssen wie unseren metallischen Mozartjüngern ist ein Versäumnis äußerst bedauernswert. 




Aber zurück zum Star des Abends, der, man höre und staune, die schlechteren Scheinwerferbedingungen genießt, als der Anheizer. Aber ich vermute, ich bin so ziemlich die Einzige, der dieser Umstand auffällt. Ja klar, - ich bin ja auch die Einzige, die Beide Acts geknipst hat. Und wieder Chaos, als Herr Fisch beim dritten Song ‚Eisblume’ eine holde Maid aus der ersten Reihe auf die Bühne zu holen versucht. Die hoffnungsvolle Schöne  schwingt sich über die Absperrung, der Meistro reicht ihr den Arm zur Hilfe, und....... peng, aus der Traum. Denn unsere übereifrige Security verfrachtet die Dame in null komma nix wieder raus aus der heiligen Zone trotz heftigster Gegenwehr. – Das wiederum lässt der Chef nicht auf sich sitzen und wettert nach dem Song eifrig los gegen die vermeintlichen Schutzengel. Die Eisblume überreicht er der Unglücklichen dann noch höchstpersönlich, als kleiner Trost sozusagen.

Was soll man sonst noch groß zu Subway To Sally sagen. Seit dem letzten Mal hat sich nicht verändert, außer eine neue Scheibe namens ‚Bastard’ im Tornister. Es wird nach wie vor fleißig Feuer gespuckt und Frau Schmitt greift in die Stratovari-Saiten... Okay, wir wollen mal bescheiden sein. Eine normale Violine tuts auch ganz gut für Subway To Sallys Zwecke. Die Fans lieben sie mehr denn je, und  solche Nichtigkeiten spielen da wahrhaftig keine Rolle mehr. Erfolg auf der ganzen Linie  wieder einmal, würde ich den Hexentanz bezeichnen. Das Mittelalter lebt, der momentane Kult ebenso, der Rest bleibt Geschmackssache.... 
http://subwaytosally.com/