271


Okay, ich gebs gleich zu Beginn zu, ich habe heute Abend nach reiflicher Überlegung Marilyn Manson  allein spielen lassen im Zenith und mich statt für Horror Rock lieber für Fusion in gediegenem Ambiente entschieden. Und ich habs weiß Gott nicht bereut.
Wisst Ihr eigentlich was hochkarätige Weltklasse Musiker ausmacht? – Nein?  - Nun man nehme derer Drei, die sich nur bedingt kennen und noch nie in der Form miteinander gespielt haben. Dann  lässt man sie genau ein Rehearsal machen am Nachmittag mit Musik, die zwei von ihnen noch nie gehört und gespielt haben, und stellt sie dann abends auf eine Bühne, um dort den komplizierten Fusion Sound live um zu setzen. Und siehe da, keine Sau, pardon.... kein Besucher merkt auch nur die Bohne, dass hier quasi ein hochexplosives Experiment durch geführt wird, das jederzeit in die Hose gehen könnte. – Ich sage könnte! Denn das tut es natürlich nicht, und jeder der ca. 200 anwesenden Fans des gepflegten Fusion Jazz zeigt sich begeistert und vermutet, dank der erstklassigen Arrangements ein ausgeklügeltes System dahinter. Wenn die alle nur wüssten.....- tun sie, bzw. ich auch, aber nicht. Und so kommen wir in den Genuss von gleich drei Hochkarätern des Jazzrocks, die da oben ein Set hinlegen, dass sich  nicht nur gewaschen sondern auch in so hohe Sphären geschleudert hat, dass Otto Normalverbraucher  zu zweifeln beginnt, ob Musiker unterhalb dieser Kategorie überhaupt Musiker sind, denn irgendwie erscheint im Moment einer solchen Darbietung alles andere irgendwie ganz klein und nichtig.
Ach ja, der Andrang im Nightclub heute Abend ist so riesig, dass ich geschlagene 20 Minuten warte, um überhaupt rein zu kommen. Das hab' ich noch nie so erlebt hier. 

Kurz und gut - Jazz Police, das sind David Gilmore, -

http://www.myspace.com/davidgilmoregroup

nein, nicht der von Pink Floyd, aber er heißt nun mal genauso, und in Jazzkreisen weiß man sofort, von wem die Rede ist. Denn ihn findet man auf über 50 Fremdproduktionen vertreten, und seine Mitarbeit erstreckte sich von  Bozz Scaggs, Isaac Hayes über Wayne Shorter, Bil Evans, bis hin zu Joan Osbourne, Madonna oder jetzt Joss Stone.  Seit 2001 wandelt er auch auf Solopfaden. Und mit seinen erst 43 Jahren hat Gilmore bereits mehr erreicht als manch anderer. Ich für meinen Teil sehe und höre selten einen so brillanten Gitarristen  wie ihn. Er bestimmt auch den Tenor heute Abend, und die meisten Stücke, die wir hier zu hören bekommen, stammen aus seiner Feder.

Zu Will Calhoun muss ich, glaube ich, nicht viel sagen....

http://www.willcalhoun.com/

http://www.myspace.com/nativelands

Der Drummer gilt als der komplexeste Schlagzeuger weltweit, er ist das “grooving heart” der Heavy Metal-Band Living Colour. Er arbeitete mit Ron Wood von den Rolling Stones, ist Bandmitglied des Rap-Idols Mos Def, war Musical Director von Harry Belafontes und Herb Alperts Band, tourte mit der Jazzlegende Pharoah Sanders und arbeitete mit den afrikanischen Legenden Salif Keita und Sheik Tidiane.
Will arbeitete im Studio u.a. mit Jeff Beck, bildet das elektronische Duo Headfake zusammen mit dem fantastischen Bassisten Doug Wimbish, der mit ihm zusammen auch bei Living Colour fungiert. Er leitet seine eigene Jazzband mit Greg Osby und Jean-Paul Bourelly und tourt mit diversen Solo-Projekten. Keiner kann so viele Stile kombinieren und so brillant mit den elektronischen Percussion-Istrumenten hantieren wie Will Calhoun. Für mich zählt Will eindeutig zu den besten Drummern überhaupt. Und am meisten imponiert mir, dass sich seine Liebe  zur Musik vom harten Rock, über Worldmusic bis hin zum Fusion erstreckt und einfach alles spielen kann, und das auch noch einzigartig gut.
Und last but not least hamma da den Dritten im Bunde, und auch der ist kein Unbekannter im Genre und auf meiner Website.


Komplett überarbeitete neue 
Official Website in Kürze

 http://www.myspace.com/victorbailey  

So habe ich Victor (kurz Vic) Bailey schon mehrmals gefeatured und werde es auch immer wieder tun.- Kurz zur Erinnerung: Victor Bailey, die Bass-Legende, ist auf mehr als 600 Alben zu hören, sei es im JazzRock- oder im Poprock.. Er ersetzte damals Jaco Pastorius in der Mega-Band Weather Report, war Bandmitglied der Groover Washington Band und der LL Cool J`s Group sowie der Tourbands von Superstars Madonna und Sting. Außerdem arbeitet er mit Mike Stern, Bill Evans und Michael Brecker jeder für sich eine Koriphäe im Genre. Ihn muss ich eigentlich am meisten bewundern, denn der, inzwischen 47jährige New Yorker (Anm. der älteste im Bunde hier) ist auch noch schwerstbehindert, dank einer erblich bedingten Muskeldystrophie, auf deutsch – Muskelschwund. Zeitenweise geht er schwer am Stock und muss auch während eines Auftritts sitzen. Er ist erschreckend dünn und wirkt fast schon zerbrechlich. Aber das behindert keineswegs sein Talent und seine Ausdruckskraft am Bass. Manchmal könnte ich weinen vor Rührung, wenn ich ihn da so sitzen sehe und beobachte, wie er fast schon locker vom Hocker sein Instrument liebkost. – Ich hab’ den guten Vic inzwischen schon richtig ins Herz geschlossen, ob das auf seine Person zutrifft, als auch auf sein immenses Können.
Und damit wären wir wieder am Anfang unseres Reigens. Und es steht fest, wenn man solche Ausnahmemusiker auf einen Haufen wirft, dann kann eigentlich fast nichts schief gehen.

Das Ganze steht übrigens unter dem Motto: „Jimi Hendrix 65ster Geburtstag“, und einige Gäste scheinen das wohl auch etwas missverstanden zu haben in Bezug auf die Darbietung, die keinesfalls Hendrix Melodien enthält. Nur einmal im zweiten Teil des Sets, wird dem Rockidol von einst Tribut gezollt mit einer instrumental dargebotenen Version von „Hey Joe“. That’s it! – Ansonsten ist es vor allem, wie eingangs erwähnt, David Gilmores Fusion Jazz Rock, der eindeutig überwiegt, und den die anderen Beiden – Will und Vic mit fast schon spielerischer Leichtigkeit adoptieren. Nach ca.  2x knapp über einer Stunde Spielzeit ist Feierabend hier im Club. Und weit nach Mitternacht gibt ein eher nachdenklicher Victor Bailey bei einem Glas Rotwein an der Bar zu bedenken: „das einzige was mir noch fehlt, ist ein Hit Record, aber....“ fügt er weiters hinzu... „zumindest geht die Arbeit und die Lust am spielen und am ...... leben nie aus.... und das ist schließlich die Hauptsache". -  Das ist mit Sicherheit der schönste Spruch des Abends.... und ich glaub ihm jedes Wort.

PS: ach ja, ein kleines bisschen Manson krieg’ ich dann letztendlich doch noch ab um halb zwei Uhr morgens. Nämlich als ich durch die Lobby des Hotels nach draußen gehe....... schnell und unauffällig.... – aber gut, das tut hier nichts mehr zur Sache....

Einige Aftershow Schnappschüsse gibts noch im
Diary