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In Amerika ist es schon lange Gang und Gebe, dass sich mehrere Rockbands zu einem Paket zusammen schließen, um miteinander den Kontinent zu betouren. Und ich spreche hier von Gruppen der oberen bis mittleren Kategorie und nicht von kleinen unbekannten Heavy Metal Acts, die oft zu fünft allabendlich, auch hier in Germany einen Marathon abliefern. Nun, die Bands, die innerhalb dieser sogenannten Black Crusade Tour unterwegs sind, sind beileibe keine unbekannten mehr im Genre und haben sich bereits individuell mehr oder weniger einen Namen gemacht. Was aber in Amerika noch so erfolgreich  gelaufen ist, das erweist sich hier in Deutschland, dem Land des Heavy Metals, als eher laue Angelegenheit. Denn die Hallen sind mitnichten so gut gefüllt wie drüben, hab ich mir zumindest sagen lassen. Woran das liegt, vermag man nicht genau zu sagen. Aber vielleicht liegts einfach am Überangebot der unzähligen Veranstaltungen, die da gerade auf uns herein prasseln. Und Tickets sind bekanntlich nicht billig. Im Falle der Black Crusade Tour, deren Mitwirkende sich aus Shadows Fall, Arch Enemy, Dragon Force, Trivium und Machine Head zusammensetzt, alles Bands der neueren Generation, ist unser gutes altes, verhasstes Zenith gerade mal zur Hälfte gefüllt, sprich in etwa mit 3.000 relativ jungen Fans. Und diese wiederum bestehen, deutlich erkennbar zu 99 Prozent aus Machine Head Fans. Mein Gott ist das lange her, dass sich diese Band in London im Miniclub vor 150 Seelen den Arsch aufgerissen hat. Aber ich erinnere mich noch gut daran. Zu einem Zeitpunkt, wo sie tatsächlich nur in Insiderkreisen ein Begriff waren. Aber das ist eigentlich nichts ungewöhnliches, denn die meisten Künstler fangen nun mal klein an. Nur bin ich eventuell heute Abend eine der wenigen, die diese Band schon so lange kennt, wenn ich in all die jugendlichen Gesichter im Publikum schaue.


Diesen Pass habe ich gar nicht richtig ausgenützt


Diesen  hier, dafür umso mehr....


In  einem kurzen Interview mit ‚Dragon Force’, gab das chinesische Gitarrenwunderkind Herman (Anm. im Chinesischen heißt er eigentlich Homung, und da hat er einfach Herman draus gemacht)  zu  bedenken, dass Deutschland noch der schlechteste Boden für die Band sei. Leider Gottes erweist sich die Aussage von Herman dann als wahre Tatsache.- Aber dazu später, denn los geht’s sehr früh um 19 Uhr mit Shadows Fall, die ihr 30 minütiges Set schnell und schmerzlos durch ziehen. Überhaupt ist das heute Abend eine,- bis auf die Schweden von Arch Enemy,- rein amerikanische Partie.



Im Fall vom Startschuss Shadows Fall haben wir es hier mit Landsleuten aus Massachusetts zu tun, die immerhin auch schon seit 12 Jahren ihr Unwesen in der HM Landschaft treiben. Sänger Brian Fair ist zwar erst seit 2000 im Boot, aber er kann nicht nur stimmlich gut mithalten, sondern hat seine wunderbar, unendlich  langen Dreatlocks zu einer Art Markenzeichen der Band gemacht. Der Stil der Truppe bewegt sich zwischen melodischen Deathmetal und Thrash. ‚Threads Of Life’ erschien im März dieses Jahres und ist immerhin schon das 10te Release.- Wie auch immer, die undankbare Aufgabe des Openers lässt es nicht wirklich zu, sich ein objektives Urteil zu bilden, dank der begleitenden Umstände, wie zu wenig Licht und Sound und vor allem noch etliche fehlende Gäste, die erst später eintreffen.
http://www.shadowsfall.com/

Eines muss ich generell noch hinzufügen. Leider ist es mir in drei von fünf Fällen nicht möglich, an eine Setliste zu kommen.

Okay, weiter geht’s mit Schweden Thrash.....ala’ Arch Enemy. Und man spürt sofort, diese Herrschaften sind tatsächlich ziemlich angesagt bei all den Machine Head Fans. Ob sich das nun zum Teil auf Frontfrau Angela Gossows ansprechendes Äußeres bezieht, oder lediglich auf  die akustische Darbietung ist mir nicht ganz lupenrein. 


Fakt ist jedenfalls, so zierlich und hübsch die Dame als Aushängeschild agiert, so Urschrei-ähnelnd ist ihr Gesang. Meine Herren, da bleibt Knecht Ruprecht der Knödel im Hals stecken. Vor zwei Monaten erschien der bislang letzte Longplayer ‚Rise Of The Tyrant’, den man hiermit live on stage vorstellt. Und jawohl... ein zu Null für Miss Gossow. Das funkt, auch wenn’s mir persönlich eine Gänsehaut aufzieht bei diesem ziemlich bemerkenswerten Stimmorgan. http://www.archenemy.net/

Dritter im Bunde sind Dragon Force. Und damit wären wir bei dem eingangs erwähnten Problem, das Gitarrero Herman im Interview angesprochen hat. Wobei diese Nichtakzeptanz heute Abend eigentlich relativ offensichtlich ist. Denn während alle anderen Vertreter hier, mehr oder weniger der gleichen Linie folgen, fallen Dragon Force mit ihrem melodiösen Metal deutlich aus dem Rahmen. Ich habe diese Band schon einmal live on stage hier im Backstage gesehen, und ich war ziemlich beeindruckt vom Können dieser Youngsters, wo keiner über 25 ist. 


 

Eigentlich, ums klar auszudrücken, machen die Brüder nichts anderes als Melodicrock, diesen aber mit 10facher Speedgeschwindigkeit runter gerasselt. Deshalb klingt das Ganze auch nicht so sentimental, sumsig und symphonisch wie eben bei den üblichen Musikern in jenem Bereich. Und die beiden Gitarristen schenken sich nichts in Sachen Highspeed-Gefrickel. Was live noch schwer beeindruckend wirkt, nervt allerdings auf CD im Laufe der Zeit. However, den meisten anwesenden Thrashmetalfans gefällt das Ganze leider nicht besonders, und man hört etliche Buh Rufe.- Das ist wieder mal typische deutsche Engstirnigkeit, denn für mich spielen Dragon Force besser und mehr Noten als jede andere Band heute Abend. Aber der deutsche Metalfan ist eher seine bierernsten, alten Schwermetaller gewöhnt, die da oben mit finsterster Miene ihren Schmonsens runter eiern. Das hier sind aber junge Kerle, die alles nach dem Motto: take it easy – nehmen. Sie lachen on stage, sie albern rum da oben und spielen trotzdem wie ein junge Götter. Zudem sehen sie auch noch sehr gut aus. Mal ehrlich, verglichen mit all den Prügelknaben hier, könnte jeder einzelne von Dragon Force für den Titel Mr. Universum kandidieren.


Gitarrist Herman

Die größere Mehrheit der darstellenden Akteure aber, mal abgesehen von Miss Gossow, ... na ja... Ein Grund mehr, warum sich im Publikum nur eine Minderheit an weiblichen Zaungästen befindet.
http://www.dragonforce.com/

Nun, Nr.4 – Trivium gehören eigentlich auch in diese Kategorie – New Generation Metal Band, und jene wiederum werden auch wieder ganz gut aufgenommen beim Publikum. 

Auch diese Band habe ich erst vor kurzem live in der Elserhalle gesehen mit Support Annihilator und Sancity, und sie kamen damals schon sehr gut beim deutschen Publikum an. Ihre Masche ist sogenannter Metalcore und natürlich die jugendliche Frische, die einmal mehr ein junges Publikum zieht, die sich mit ihresgleichen verbunden fühlen.  Sieben Jahre on the Road mit 2 Alben im Gepäck, so sieht die Bilanz von Trivium aus.  Und ich könnte mir vorstellen, dass schon bald ein neues Teil daher schwimmt, den der letzte Streich erschien bereits im vergangenen Jahr. Trivium haben Pfeffer im Arsch und schenken sich nichts da oben. Und die Fans danken es ihnen. http://www.trivium.org/

And now, Ladies and Gentlemen,
here they are – the mighty Machine Head,  one of the best Metalbands ever.... – so jedenfalls verkündet Triviumsänger Matthew Kiichi Heafy den Headliner… 

Nun, vielleicht bin nur ich es, die jenes nicht ganz nachvollziehen kann. Aber das rührt wiederum daher, dass ich diese Band einfach schon zu lange kenne, und sie bereits ganz klein, eben -  im Miniclub in Great Britain erlebt habe. Nun, zugegeben, so ganz mein Bier war und ist Machine Head nicht. Aber das ist eine persönliche Frage des Gechmacks.
http://www.machinehead1.com/

 Und mittlerweile bin ich auch, zugegebenermaßen am Rande meiner physischen Kräfte, hänge ich doch seit fast 7 Stunden in dem Laden hier und versuche die Action visuell festzuhalten.

Deshalb muss ich auch gestehen, dass ich nach dem knipsen von 3 Machine Head Songs ziemlich bald den Hut ziehe. Meine Energie ist ausgeschöpft worden. Der Hexenkessel ist perfekt, die Leiber fliegen, und die Eurphorie kennt keine Grenzen. Was will das Machine Head Herz mehr. Jeder hier drin ist zufrieden gestellt, nur Dragon Force sollten nächstes Mal entweder allein oder mit ihresgleichen Poker spielen. Dann gewinnen sie vielleicht auch ihren Royal Flash. Vergönnen würd’ ich’s ihnen jedenfalls.....
Solong.....   Ach ja, meinen kleinen Smalltalk mit Herman Lee kann man in der Interview Section nochmal anhören.