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..... und da hamma sie wieder unsere Sex Pistols des Mittelalters, so wie jedes Jahr um diese Zeit, und auch wie gehabt in alter Tradition in der guten alten Muffathalle. Und das wird auch noch eine Weile so bleiben, denn genau dieser Kunstpalast bleibt nämlich auch weiterhin ungeschoren erhalten, inmitten des, derzeit stattfindenden Hallensterben hier in München. Gott Sei Dank, denn es wäre wirklich schade um diese Einrichtung, die uns immer wieder mit extravaganter Kunst in Sachen Artrock, Jazz und Worldmusic anlockt. Kurz und gut, ich für meinen Teil möchte diese Einrichtung nicht missen, und der einzige negative Aspekt ist und bleibt das vermaledeite Parkplatzproblem. –
Nun denn, wenn’s weiter nix ist, - dann nichts wie auch diesmal hin zu unseren neo-antiken Paradiesvögeln, die sich zum,... ich weiß nicht, wievielsten Male, die Ehre geben. – Und ja, einmal mehr macht sich Kaltenberg bemerkbar, deren Haus- und Hofkapelle Corvus Corax schon seit langem sind. Die Kaltenberger Ritterspiele sind inzwischen weltberühmt, deren langjährige Partyband aber noch nicht ganz so bekannt, und doch so beliebt, dass auch diesmal die Bude abseits vom Mainfocus  rappelvoll ist. Hoch lebe Kaltenberg, Prinz Luitpold, der alljährliche Haupt-Lebensunterhalts-Verdienst und natürlich der süffige Gerstensaft dieser Stallung. - 
                                                                                                                                             

It’s Showtime again, zur Abwechslung wieder  mit moderner Stromzufuhr, und einiger weiteren technischen Annehmlichkeiten versehen, für die man im 12. Jahrhundert höchstwahrscheinlich als Hexer auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden wäre. – (Anm.- na stimmt nicht so ganz, - begann doch die Inquisition erst ein paar Jahrhunderte später J)) Aber zumindest als Heiliger wäre man verehrt worden. – So aber frönen wir hier im 21.Jahrhundert lediglich der ganz normalen Technik des Atomzeitalters und geben uns als antike Exoten nach dem Motto – back to the future - in den üblichen prunkvollen Fantasieklamotten, die vor allem so manches Frauenherz höher schlagen lassen. Heiland Sakrament nochamal, da wartet man als Frau bei jedem Bocksprung da oben, auf die ultimative Freigabe männlicher Manneskraft und wird dann doch wieder entäuscht. Aber wie heißt es immer so schön, - die Erwartung und die Vorstellung sind immer noch das reizvollste an den eventuellen Tatsachen, die dann vielleicht doch etwas ernüchternd sein könnten. Ich sage – könnten – denn jenes und mehr entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Aber es ist eben genau diese Vorstellung, die einem in allen schillernden Fassetten  das Mittelalter vorspiegelt und deren Wild Boys, die neben ihrer außergewöhnlichen Präsenz und Vorstellung, nix, aber auch gar nix anbrennen haben lassen anno dazumal.(Anm.-wer weiß,vielleicht tun sie's ja immer noch?!)


Da oben wird gedudelt  und geflötet was die opulenten Tattoos halten, und einmal mehr wird betont, dass die Sackpfeife ja eigentlich aus good Old Germany stammt und nicht aus Schottland, wie vielfach vermutet. Der dreifache Paukenschlag unterstreicht das gediegene Ambiente unserer Wild Boys des Mittelalter-Punks. Ob das jetzt die schlanke Silhouette eines Ardor vom Venushügel betrifft, der neben dem Dudelsack noch die Schalmei und das Trumscheit  vergenußwutzelt, und dessen Rastafarilook offensichtlich zur Nachahmung animiert im Publikum. Allerdings bezweifle ich, dass die tatsächlichen Recken  jener Zeitepoche schon wussten, was, bzw. woher jener Multizöpfchen-Look ursprünglich stammt. Auch egal jetzt, aber Fakt ist, dass sich Kollege Teufel da wesentlich leichter tut, was die Haarpflege betrifft, hat er doch nur zwei kleine, dezent- rot- getönte, stilechte Haar-Hörnchen zu pflegen. Was die allgemeine Figürlichkeit angeht, nun denn..... schmackhafter Satansbraten hinterlässt nun mal seine Rundungen. Auch er frönt der Sackpfeife und Schalmei und unterhält uns zudem mit scharfzüngiger Plauderei. Aber der größte Charmeur in der Runde ist Wim, - nein, nicht der vom Wum, sondern Venustus genannt, der vor allem off stage seinen Espirit versprüht. Der schönste Mann im Verein, lt der holden Weiblichkeit, ist Castus Rabensang, der Meister aller mittelalterlichen Saiteninstrumente, das männliche Schneewittchen mit schwarz-gelockten Haar und vornehmer Blässe. Zu seiner Rechten, von uns aus gesehen, der kleine Jordon, Student der Mediävistik (Anm. was zum Geier ist das denn ?) der auf der Bühne zwar dem allgemeinen Tenor entspricht, sich aber abseits dessen, lieber als Al Capones kleiner Bruder präsentiert.

 Klein-Hatz und Jung-Patrick sorgen für den nötigen Pauken-Beat, der von Harmann dem Drescher per tiefem Bariton noch unterstrichen wird. Letzterer groß in Statur, schlank wie Sparg... okay lassen wir das...  mit beeindruckender Hautbemalung, rotem Schopf und noch vielsagenderem Gesichtsausdruck gelingt es ihm, zahlreiche Blicke auf sich zu ziehen, obwohl die meiste Zeit im Hintergrund postiert. –

Alles in allem kann man die Berliner Kolkraben als durchwegs attraktiv in Bild und Ton bezeichnen, auch wenn beides mit Sicherheit eines jeden individuellen Geschmacksnerv entspricht. – Und bei der Zugabe schindet insbesondere Ardors Selbstkasteiung vermehrten Eindruck.

Aber es ist ja gerade die allgemeine Exotik, die den Kick gibt, das Umfeld von Kaltenberg und bayrische Mittelalterkunst - made in Berlin, die Corvus Corax zu etwas Besonderem machen, - etwas, das man sich immer wieder gern zu Gemüte führt – live in action. Auch wenn jene Theatralik sich stets ähnelt ins seinen Grundmauern.  Wie auch immer, frage ich mich langsam, warum die Kameraden ihren Wohnsitz noch nicht zu uns in den Süden verlegt haben. Denn eines ist sicher..... – auch wenn irgendwann einmal dieser ganze musikalische Mittlelalterkult  -Trend  aus und vorbei sein sollte, - und wenn es dann eine Band noch immer geben sollte, dann sind das mit Sicherheit unsere pretty Boys hier.  Denn solange es Kaltenberg und seine Ritterspiele gibt, wird es auch Corvus Corax noch geben.- Und so wie’s ausschaut, wird es Kaltenberg noch seeeehhhhr lange geben - Gott sei Dank Prinz Luitpold.............

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