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Ehrlich gestanden, bis gestern konnte ich mit dieser Band nicht so viel anfangen, Nein, nicht weil ich sie nicht kenne. Im Gegenteil, ich habe die Erfolgsstory und die, damit einhergehenden Hits stets registriert, schon rein aus beruflichen Gründen. Aber persönliche Geschmäcker sind nun mal verschieden, und so ganz mein Ding war der Tenor von Alterbridge von Beginn weg nicht. Andererseits predige ich aber auch schon von je her, dass man eine Band immer erst live on stage gesehen haben muss, um sie tatsächlich einschätzen zu können. Wie oft habe ich es schon erlebt, dass mir ein Künstler auf CD ausnehmend gut gefallen hat, und live ist die Illusion dann wie eine Seifenblase zerplatzt. Oder andersherum genommen, dass ich mit den Scheiben nichts anfangen konnte, und live fiel ich dann aus allen Cumuluswolken vor lauter Begeisterung. Deshalb predige ich auch stets, - immer erst die Realität testen und dann zum Zapfenstreich oder zum Triumphmarsch der eigenen Selbstüberzeugung blasen. – Und genau  damit wären wir wieder beim ersten Satz hier, und den ergänze ich mit den Worten: - aber dafür kann ich heute mit dieser Band umso mehr anfangen. Bei sämtlichen Alternative – Depri-Trauerweiden, aber wenn Alter Bridge eines nicht ist, dann der gerade zitierte Begriff. Und alle anwesenden Genussspechte des sogenannten New Rocks (ca. 1.100) wissen diese Tatsache nicht erst seit gestern zu schätzen und haben dafür gesorgt, dass die Parole schlichtweg lautet: - ausverkauft und nix geht mehr!

Support kommt von einer jungen Band aus Great Britain, genauer gesagt, aus Hampshire mit dem klischeehaften Namen ‚Enjoy Destroy’.

Und jung sind sie im wahrsten Sinn des Wortes. Mein erster Gedanke ist: mein Gott, das sind ja noch Kinder! – Sind sie, na ja.... nicht mehr so ganz, aber die Volljährigkeit, wenn überhaupt, genießen Freddie, Eddie, Tabs und Tommy mit Sicherheit noch nicht allzu lange. Das Debütalbum ‚Little Dreams’ ist zwar noch nicht flügge. Dafür erscheint die gleichnamige Single vorab in zwei Wochen. Es ist die erste Stipvisite von Enjoy Destroy in good old Germany, und die vier Kiddies geben sich alle Mühe, die Alterbridge Fans vorab etwas aus den Angeln zu heben. Hoch lebe der jugendliche Enthusiasmus und der Tatendrang, der hoffentlich noch lange nicht nachlassen möge. Denn mit jenem, etlichen weiteren Erfahrungswerten und vielleicht ein bisschen Glück, könnten die Boys irgendwann noch einen Lotto Sechser landen.  Könnten – wohlgemerkt!
http://www.enjoydestroy.com/



.... Und dann kommen sie, sehen und siegen. -

.....Ach ja, und spielen tun sie dann auch noch. Denn jenes frenetische Gebrüll, das Alter Bridge hier bei ihrem bloßen Erscheinen entgegen wummert, das bekommen so manche andere bestenfalls zur Zugabe. It’s Showtime, und die Bude steht augenblicklich Kopf.
Ich gehe mal davon aus, dass die meisten unter Euch wissen, dass diese Band aus dem Skelett von Creed entstanden ist. Und deshalb rolle ich die Story andersrum auf.  1997 veröffentlicht eine Band namens
The Mayfield Four, aus Spokane im Bundesstaat Washington/USA ihre Debütscheibe ‚Fallout’. Deutliche Led Zeppelin Einflüsse geben das Hauptaugenmerkmal. Und die Stimme des Sänger dieser Formation namens Myles Kennedy ist fast schon eine  Mischung aus Robert Plant und Chris Cornell. Mann supportet mehrere Male Creed und wirft 2001 das 2te Album namens ‚Second Skin’ auf den Markt. Und dann ist auch schon Feierabend dank persönlicher Differenzen und fehlendem Erfolg. Endzeitstatus hat fast gleichzeitig auch Creed erreicht, die bis dato auf 30 Mill. verkaufte Scheiben zurück blicken können. Der Rest ist History. Myles wird von den ehemaligen Creed Mitgliedern Mark Tremonti, Brian Marshall und Scott Phillips kontaktiert, und schwupps – here we go – mit dem Resultat, dass sich da Alter Bridge nennt. Im Gegensatz zu Creed, die deutlich den Grunge der frühen Neunziger  praktiziert hatten, konzentrieren sich unsere Helden hier vielmehr auf den Hardrock und Metal der Achtziger. Kein Bariton beherrscht mehr den Vibe, sondern vielmehr ein zackiger, glasklarer Tenor. Und der, so bin ich seit heute Abend sicher, schafft wahrscheinlich mit Leichtigkeit 2 ½ Oktaven Minimum inklusive doppeltem Rittberger. Luciano Pavarotti posted seinen Spirit von oben und Myles unschuldiger Augenaufschlag macht das fotografieren noch amüsanter da vorne im Graben. 







Für’s Songmaterial müssen vor allem die zwei, bisher erschienen Alben herhalten – ‚One Day Remains’ (2004) und ‚Blackbird’ (2007) Aber das genügt auch vollkommen, und Myles & Co. blasen die Bude im Hurrikan aus den Grundmauer-Ziegelsteinen. Das hier ist eine gelungene Mischung aus den eben genannten Stilistiken, und das mit viel Chilly in den Allerwertesten gepfeffert.  Nicht nur ich bin äußerst angetan von dieser stromgeladenen Darbietung von Alter Bridge. Kein Grunge und kein Depri Sound beherrscht hier die Szenerie, sondern straighter Rock. Die erste Zugabe wird von Myles  allein bestritten. Und man höre und staune, er präsentiert uns einen waschechten Mississippi Blues inklusiver Slidegitarre. Jau, ist das schön, wie das größtenteils junge Publikum ausflippt bei jenen Melodien, die aus einer Zeit stammen, als noch nicht mal ihre Eltern geboren waren. Andererseits bin ich mir fast sicher, Miles hätte  auch ‚Alle Meine Entchen’ anstimmen können, und der Bär würde genauso toben. – Ergo - was beweist uns das wieder einmal? Musik ist Musik, egal welche, Hauptsache sie ist-, und sie kommt - gut an. Und das tut sie in unserem Fall hier mindestens 5x rot unterstrichen. 

Alter Bridge gehören hier in Deutschland nach wie vor zur Gattung Insider Bands, hat doch das aktuelle Album lediglich Platz 55 in den hiesigen Charts erzielt. Aber dieser Auftritt heute Abend hat nicht nur mir das Gefühl vermittelt, dass dieser Truppe (hoffentlich) noch großes beschieden ist. Und ab heute bin ich Alter Bridge Fan, - ob mit oder ohne Tinnitus.  http://www.alterbridge.com/


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