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Ich kann mich noch gut erinnern, als ich Korn das erste Mal live on Stage gesehen habe. Das war vor ca. 13 Jahren im alten Backstage hier in München vor 200 Fans. Und es liegt eine halbe Ewigkeit zwischen jenem Event und dem heutigen Abend. Der Unterschied zu damals sind schlicht und ergreifend 4.800 Fans mehr und ein Repertoire von 10 Alben inkl. Best of’s... und Unplugged und der aktuellen Scheibe ‚Untitled’, sowie unzähligen Soundtrack-Beiträgen, Singles und Videoclips. Korn werden übrigens auch gern als die Begründer des sogenannten Nu Metal bezeichnet. Aber ehrlich gestanden, sehe ich keinen gravierenden Unterschied bei so einer postmodernen Beschreibung zum herkömmlichen Heavy Metal. Deshalb lassen wir lieber dieses Schubladendenken und das kleinkarierte auseinander fitzeln von Pseudo-Nischen.
Fest steht, dass sich dieses Quartet einer ständig wachsenden Beliebtheit erfreut. Waren sie anfangs nur ein Insidertipp hierzulande, so gehören sie jetzt fast schon zur festen Institution im deutschen Metal-Basiswissen.
Nun denn, unser ungeliebtes Zenith ist rammelvoll. Und soll sich einer noch mal über zu hohe Ticketpreise oder Rauchverbot beschweren. Wer seine Heroes unbedingt sehen will, der nimmt auch diese Unannehmlichkeiten in Kauf. Und fast schon passend dazu nennt sich diese Tour:

                                                                                           "Bitch We Got A Problem - Tour 2008"




Take off ist um 20 Uhr mit den Deathstars aus Schweden. 

Kenn’ ma schon... werden jetzt viele sagen. Waren doch die Brüder in der jüngsten Vergangenheit schon einige Male hier in München zu Gast für diverse Clubkonzerte. Getauft wurden sie im Jahr 2000, und seitdem sind 2 Alben erschienen. 2003: Synthetic Generation und 2006: Termination Bliss. Die Merkmale sind vor allem die tiefe Stimme von Sänger Andreas „Whiplasher Bernadotte“ Bergh, wobei er des öfteren Special Effects verwendet, um seinen Vocal noch das gewisse Timbre zu verleihen und natürlich der schneidende Gitarrensound. Selbst sieht die Band ihre Wurzeln im Death Metal. Aber für meinen Geschmackssinn sind sie dafür nicht unmelodiös genug. Abgesehen von der extravaganten Erscheinung der Nachtgespenster und ihrer Bühnenshow, sind die Deathstars definitiv in einem Club besser aufgehoben, als hier in dieser Riesenhalle, wo der individuelle Vibe  untertaucht. Dazu noch die undankbare Aufgabe des Openers mit wenig Licht und Energie, und schon ist Zapfenstreich für die eigentlich recht passable Qualität dieser Band. Aber es ist nun mal so, dass man nur auf diese Art und Weise, also in der Rolle des Supports für große Acts, auch die breite Masse erreicht. – Sie geben sich  jedenfalls alle erdenkliche Mühe ihren Düstersound an den Mann, bzw. Frau zu bringen. Lediglich im Line up gibt’s eine kitzekleine Veränderung. Den Job von Drummer Bone, der wegen persönlicher Probleme kürzer treten muss, hat für diese vier Deutschland Dates mit Korn,  Snowy Shaw (Therion, Dream Evil, King Diamon und Mercyful Fate die Felle übernommen. Aber sonst gibt es seit dem letzten Stell Dich keine gravierenden Veränderungen. Ich muss gestehen, ich habe eine kleine Schwäche für die Schweden und kann Euch da draußen nur empfehlen, sich die Combo einmal konzentriert in kleinerem Rahmen  an zu tun. Eine gute Unterhaltung für Ohren und Augen sind sie allemal. http://www.deathstars.net/ 


’Flyleaf’ heißt der zweite Streich, der vor allem durch ihren weiblichen Front Derwisch  namens Lacey Mosley auffällt.

Stammen tut der Fünfer aus Belton Texas, und sieben Jahre haben sie inzwischen auf dem Buckel. Das Line up ist von Beginn weg das gleiche geblieben. Neben Lacey sind da noch Jared Hartmann und Sameer Bhattacharya an den Gitarren, James Culpepper am Schlagzeug und 2002 kam noch Bassist Pat Seals dazu.  Acht Singles, 13 Eps, 1 DVD und ein Album haben die Texaner im Gepäck. Sie selbst bezeichnen sich als Post-Grunge Band, die mit ihren persönlichen Botschaften  die Leere füllen wollen. Dehalb auch der Name ‚Flyleaf’. Bezeichnet doch jener die allererste leere Seite in einem Buch, die, auf der man die berühmte persönliche Widmung hinterlässt. Eine Europa Tour mit Stone Sour und Auftritte beim Rock im Park und - am Ring Festival 2006  haben sie hierzulande zumindest  zu einem Begriff werden lassen. In Amerika hingegen scheint die Band hingegen mächtig Lorbeeren  abzukassieren inzwischen.

Musikalisch jonglieren Flyleaf irgendwo zwischen Soundgarden und Nirvana. Und lyrisch bekennen sie sich mit aller Vehemenz zum Christentum.  Zugegeben das Mädel ist tatsächlich ein Blickfang da oben in mitten dieser Männerdomäne. Und sie fegt wie eine wild gewordene Hummel über die Bretter. So klein an Körpergröße sie eigentlich ist, aber übersehen und überhören tut man sie definitiv nicht. Zur heutigen Setliste gehören auch die beiden Singles I’m So Sick und Fully Alive und ein Cover des Nine Inch Nails Songs „Something I Can Never Have“. Wobei 'I'm So Sick' übrigens im Film ‚Stirb Langsam 4’ enthalten ist, nur ums zu erwähnen. Und  genau das hat Flyleaf zu einem gewaltigen Popularitätsschub in Amiland verholfen. – Wie auch immer, für meinen Teil schlägt sich der durchdringende schrille Gesang etwas aufs Nervenkostüm im Verlauf des Sets. Aber auch dieser zweite Streich wird ganz okay, wenn auch nicht überwältigend bei all den Korn Apostel im Publikum aufgenommen. http://www.flyleafmusic.com/ 


Mein erster Gedanke, als Korn die Bühne betreten, ist: Jonathan Davis sieht richtig fit  aus, und er strotzt nur so vor lauter Energie. (Anm. verglichen mit früheren Szenarien des Herrn) Sein Kostüm scheint auch schon zum Standard Fashion Accessoire geworden zu sein. Denn ich erspähe im Publikum so manchen Nachahmer, der da in Schottenrock gekleidet und mit den typischen Davis Dreadlocks einher eiert. - Und yep, er hat seine Schäflein augenblicklich im Griff. 
Der Sound von Korn ist, wie soll ich’s beschreiben, ziemlich individuell. Von schrillen Gitarrenriffs auf sieben Saiten und verzerrten Basslinien auf fünf Strings bis hin zum breitgefächerten stimmlichen Spektrum des Frontmannes, der übrigens ursprünglich aus der Klassik stammt. (Anm. ein weiterer Ex-Job des Herrn war einmal Leichenbestatter). Aber bei allen thrashigen Elementen, so ist in Korns Musik doch ein gewisser melodischer Touch, der dem Ganzen die berühmte spezielle Note gibt. Die Kids sind nicht mehr zu halten und quetschen sich halbtot da vorne in den ersten Reihen. Ein Körper nach dem anderen wird raus gezogen, und so mancher übergibt sich gar – on the Spot wegen Dehydrierung. – Dabei wird bei Konzerten dieser Größenordnung ohnehin schon ein Wellenbrecher eingebaut im Publikum. Scheint aber eindeutig zu wenig zu sein. – Nun, andererseits – wie heißt es so schön?! – Wärst du nicht nach vorne gegangen, dann würdest du jetzt nicht im roten Kreuz Raum liegen. Man weiß ja eigentlich wie es bei Events dieser Art zugeht. –  Aber Hardcore Fans nehmen alles in Kauf, auch das Risiko der Selbstkasteiung. 

Jonathan kennt kein Erbarmen und putscht seine Anhänger immer weiter rauf in die Stratosphäre. Und spätestens zu den Klängen von „We Will Rock You“ von Queen, fsetzt auch das allerletzte  Storchenbein zum Bocksprung an. Apropo, um noch mal zur Fashionline von Korn zu kommen. Die weißen Kniestrümpfe und und Nike's kommen  sehr gut an und werden umgehend adoptiert. 
                                                                                                
Es ist ja schließlich Korn, die da oben dominieren, über alles erhaben sind und den Stadel voll und darüber hinaus under control haben. Verschiedene Flashlights und Laserstrahler unterstreichen das gediegene Ambiente, das gerade dabei ist, sich in seine Einzelteile zu zerlegen. (Anm. Gott sei Dank, erst nach dem Photocall) Abgesehen davon wird die Show lediglich durch die Band selbst bestimmt und ohne weitere Showelemente. (Anm. nun, wenn man mal vom weiblichen Harem absieht, der sich im Stage-Hintergrund stolz-tänzelnd im Schatten des Limelights sonnt.)

Yep, und ich kanns nur ständig wiederholen. Die 'new Generation of Metalfans' ist nicht zu stoppen. Jung, stürmisch und ohne Erbarmen toben sie sich aus, als gelte es einen neuen Rekord beim Ironman auf Hawaii auf zu stellen. Und Korn, die im Laufe ihrer Karriere schon durch so einige Höhen und Tiefen und wieder Höhen paddelten, sind somit momentan auch hier in Germany wieder gaaaannnnzzzzzz groß......
Eins zu Null für Jonathan, samt Dreadlocks, Schottenrock und Dudelsack ..... Hat mir zu meiner eigenen Überraschung ausnehmend gut gefallen, der Einstand.
http://www.korn.com