298

Eines ist hier wieder mal gut und deutlich festzustellen. Progrocker brauchen keinen Glam und Glitter und Hairspray, keine Special Effects und Show, sondern lediglich ein paar Instrumente und die eine oder andere Trainingsanzugsjacke, um ihr Können per hochkonzentrierter Performance unter Beweis zu stellen. Das Ganze wird uns als fortgeschrittene akustische Kunstform präsentiert. Nennt es Rockmusik für Fortgeschrittene oder für Akrobaten, für Anspruchsvolle, Verwöhnte und Genießer der etwas anderen symphonischen Muse. Progressive Rock ist im Prinzip nichts anderes als Rockmusik durchsetzt von vielen melodischen Breaks mit schwieriger Tonfolge, und das bombastisch serviert. Aber ich vermute, so schwierig sich das Thema beschreiben lässt, so schwer ist es auch umzusetzen.
Heute Abend haben wir gleich drei Vertreter dieses Genres zu Gast, wobei die erste Band – Dreamscape aus heimischen Gefilden stammen, Circus Maximus aus Norwegen und Symphony X aus Amiland. Und wieder treffe ich aus unerklärlichen Gründen zu spät ein, obwohl ich pünktlich um 20 Uhr auf der Matte stehe. –

Deshalb bekomme ich auch wieder mal nur den kläglichen Rest des Schützenfests von Dreamscape mit und kann gerade noch einige wenige visuelle Impressionen einfangen.

Aber der generelle Eindruck von diesen drei Songs, in deren Genuss ich noch gerate, ist nicht der schlechteste. Man möchte es gar nicht glauben, dass es die Formation unter dem Synonym Dreamscape bereits seit 1986 gibt. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Weg über all die Jahre nicht unbedingt der einfachste war. Etliche Line up Wechsel dazu gezählt, aber immer noch angeführt von Gitarrist Wolfgang Kerinnis. Aber es ist vor allem die Stimme von Frontmann Mischa Mang, die positiv hervor sticht. Er schafft es auch locker mit hohem C und einem Siegersmile, die Schäflein aufzupolieren. Alle Achtung, so eine Publikumsreaktion als Opener zu erzielen, ist ansich fast schon ein Kunststück. Nun, vielleicht spielt da auch noch ein kleines bisschen Münchner Heimvorteil mit. Wer weiß......
http://www.dreamscape.de/


Die zweite Truppe Circux Maximus stammt aus Norwegen, hat ein dänischen Management und produziert ihre Scheiben in Deutschland. 

Vielleicht spricht Sänger Michael Erikson deshalb so gut unsere Sprache ?! Geben tuts den Fünfer seit 2004, und im vergangenen Jahr erschien die zweite Scheibe ‚Isolate’. Ferner dabei: Gitarrist Mats Haugen, Bassist Glen Mollen und Drummer Lasse Finbra´ten. Sie selbst bezeichnen sich als semi-progressiv Metal mit sehr zugänglichen gesungenen Melodien. Dem kann ich nur teilweise zustimmen. Mit der Zugänglichkeit bin ich nicht so ganz einverstanden. Aber gut, das ist eventuell auch Ansichtssache, bzw. Gehörsache.
AOR trifft auch 70er Jahre Rock mit einer Prise Death Metal mit tiefster Inbrunst vorgetragen. Verglichen mit den Einsteigern dieses Abends, schneiden sie aber nicht ganz so gut ab, vor allem was die Fan Reaktion betrifft. – Also doch der berühmte Heimvorteil bei ersteren.... Trotzdem ziehen sie ihr Ding auch straight durch mit Hang zur Theatralik. Einziges Manko: ich hab’ selten so schlecht sitzende Jeans gesehen wie die von Michael Erikson.  Gott sei Dank spielt das keine Rolle.....
http://www.circusmaximussite.com/




Und dann beginnt die amerikanische Progrock Invasion namens Symphony X, die man hierzulande erst vor kurzem als Support von Dream Theater bewundern konnte. Damals hatten sie wenig Zeit und spielten im Halbdunkel vor einem Publikum, dass fast ausschließlich auf den Star des Abends fixiert war. – Heute spielen sie die erste Geige und das bei sehr viel mehr Licht, Energie und ohne Einschränkungen. Allen voran Russel Allen, der mit seiner Brummbär Mentalität und Onkel Fridolin Aussehen sofort die Sympathien für sich einheimst. Er besitzt nicht jene Aura des toternsten, hochkonzentrierten Musikers, der sich mit Hang zur 110%iger Perfektion in eine Art Trance singt. Sondern er bringt das alles eher nach dem Motto: take it easy und let’s rock’n’roll.... 

Tun wir auch alle  hier. Und Symphony X werden umgehend auf rosaroten Samtkissen getragen. Seit 1994 haben die Herrschaften aus New Jersey insgesamt 10 Scheiben veröffentlicht und sich einen festen Platz im Genre erarbeitet. Das jüngste Kapitel ‚Paradise Lost’ ist vor allem Sinn und Zweck dieser neuerlichen Konzertreise, und damit man hierzulande auch ja nicht vergessen wird. Mr.Allen ist überwältigt von so viel Münchner Gegenliebe und bedankt sich ein Dutzend Mal. Die Frage: shall we come back? hätte er sich eigentlich sparen können. Oder die Phrase ‚we luv you Germany’. Klar liebt Ihr uns... es gibt ja sonst leider nicht mehr so viele die Euch, bzw. diesen Musikstil lieben, schon gar nicht in Eurer Heimat Amerika. 


nette Einladung.......

Dass die Band einen hohen Qualitätsstandard besitzt, steht außer Frage. Das trifft u.a. auch auf Gitarrist Michael Romeo zu, der, wenn ich jetzt mal ganz ehrlich bin, fast schon ein verjüngter Klon von Meister Malmsteen sein könnte. Rein visuell gesehen, versteht sich....  Bassist Michael LaPond ähnelt dafür eher einem Verwandten von Geezer Butler. Aber abgesehen von all diesen eher nebensächlichen Äußerlichkeiten, funktioniert die musikalische Harmonie und das Zusammenspiel einfach hervorragend.
Keiner in der Band ist der absolute Star, aber es wird auch niemand benachteiligt. Es stimmt einfach alles bis hin zur Kommunikation zu den Fans und unserem bayerischen Bier. Einzig allein die politische Anspielung hätte sich Russel Allen sparen können. (Anm.ich bin nach wie vor der Meinung: Politik sollte in der Politik bleiben und nicht auf eine Konzertbühne wandern, vor allem nicht hier in Europa.  Um da meinerseits jetzt doch auch noch einen kleinen Kommentar abzugeben: sollte aus irgendeinem Grund der Republikaner McCain  die US-Präsidentschaftswahlen gewinnen, dann wird dessen Führung wahrscheinlich Hardcore verglichen mit der jetzigen. Ihr werdet Euch noch wundern.) Deshalb erstmal Prost und wohl bekomm's. Wir sind heut' hier in Bayern, und alles was wir momentan wollen, is' a sauguater Rack'n'Roll....sappalot noch amal......

Aber back to the action hier..... und wie auch immer... den Auftritt von Symphony X kann man mit gutem Gewissen als soliden Erfolg werten, und das auf -, um mich zu wiederholen, hohem musikalischen Niveau. Ich bin mir totsicher, dass uns die Amis bald wieder beehren. Klar doch..... hier sitzen schließlich ihre Förderer und Apostel.... huhuhuuu wir warten geduldig und spendieren das nächste Bier.....
http://www.symphonyx.com/