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.... also wenn er für jedes Mal, wo er gefragt wird, ob er wüsste, was sein Nachname in deutsch bedeutet, einen Dollar erhielte, dann könnte er sich locker auf den Bahamas nieder lassen und alle Viere von sich strecken. – Tut er aber nicht, und kann er auch gar nicht. Dazu ist der, inzwischen 38jährige Sunnyboy viel zu umtriebig. Und was seinen Namen betrifft, - nun ja, damit hat er sich abgefunden... –  mit der deutschen Übersetzung, meine ich.
Fakt ist, dass Mr. Kotzen in der Musikerszene zur Gattung unterbewerteter Genies gehört. Den Namen kennt man in Insiderkreisen, und im Rockgenre allenfalls dank seiner zwischen-zeitweiligen Zugehörigkeit zur Glamrockband Poison und zu Mr.Big. Dabei hatte er bereits mit jungen 18 Jahren begonnen, Soloalben zu veröffentlichen.
Ja, er war schon früher in Europa, aber eben nur als Mitglied der vorhin genannten Bands, nie aber als Solokünstler. Und das wird hiermit in kleinem Rahmen endlich nachgeholt. Zeit ist es geworden fürwahr, auch wenn die Nachfrage nicht unbedingt überschäumend ist. Gerade mal ganze zwei Termine für Germany sind drin in der Tourneeplanung. Und die gebuchten Venues besitzen nicht unbedingt Olympiahallen Ausmaße. Aber egal, Hauptsache, das amerikanische Ausnahme-Wunderkind an der Gitarre hat überhaupt den Weg von Amerika hier er gefunden. Es gibt da allerdings noch ein kleines Problem. So assoziieren  viele Liebhaber der gepflegten Rockmusik Richie Kotzen doch nach wie vor mit Poison oder eben Mr.Big. Und da, meine Freunde, liegt ihr  im komplett verkehrten Planquadrat. Denn der gute Mann ist ein Allrounder und findet seine Erfüllung und Offenbarung vor allem im Fusion, Blues und Soul. Und ich gehe jede Wette ein, dass ein gewisser Prozentanteil der Besucher seiner momentanen Europa Konzerte etwas vor die Großhirnrinde gestoßen sind, in der Erkenntnis, dass die musikalischen Dinge nun mal nicht so sind, wie sie es sich vorgestellt hatten. Andererseits finde ich, dass es genau jener Umstand ist, der den Gitarrist zu einer Ausnahmeerscheinung, und zu etwas besonderem  macht.

Nach einem ca. 8 Stunden Drive von Budapest und zusätzlicher 2stündiger Wartezeit an der österreichisch-ungarischen Grenze, ist der Tross schließlich und endlich in Habach im Village eingelaufen. Eine einzigartige Stätte im wahrsten Sinn des Wortes, und im allerersten Augenblick entsteht der berühmte Eindruck der Phrase: dort wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Eigentlich nur eine halbe Autostunde von München entfernt, und doch so einsam gelegen, dass der Eindruck entsteht, man befindet sich am äußersten Zipfel der bajuvarischen Landschaftsskala. Aber, wie schon in früheren Reviews beschrieben, ist dem beileibe nicht so, denn das Village hat seine Reputation, und etliche Musiker geben sich dort die Klinke in die Hand. Auch Mr.Kotzen ist es nicht anders ergangen,, als sich der Van dem Ort der heutigen Action näherte. Aber später, - so meinte er nach dem Auftritt, entwickelte sich bei ihm das Gefühl, dass dies ein wirklich guter Abend werden könnte.
Und das meine Herrschaften, tut es denn auch, zumindest für all diejenigen, die sich hier keinen Glam-, Melodicrock oder sogenannten Hairmetal erwartet haben. Das Village ist ausverkauft. Und von all den Zaungästen sind mindestens die Hälfte aus München angereist. Viele Gesichter kenne ich.

Los geht’s um ca. 21.30 Uhr mit einem, fast exakt 90 minütigen Set, das, zumindest in meinen Augen keinerlei Wünsche offen lässt. Ach ja, unserem Gitarrero stehen noch Ex-Mr.Big Schlagzeuger Pat Thorpey und Bassist Johnny Griparic
(ehemals bei Slash’s Snakepit) zur Seite. 

Und bereits nach wenigen Takten wird klar, dass hier drei Handwerker allererster Sahne am Werk sind in diesem bescheidenen Rahmen. Und nein, es wird nicht ge-glamrockt (Anm. Martin, was hast Du Dir da eigentlich erwartet???) sondern vielmehr gebluesrockt, und etwas gefunkt. Früher beschränkte sich Richie Kotzen lediglich aufs Gitarre spielen. Aber irgendwann muss er wohl eingesehen haben, dass sich reine Instrumentalmusik nicht so gut verkauft, wie solche, die mit  Vocals unterlegt ist. Ja, warum nicht? Stimme hat er allemal, auch wenn mich jene fast schon banal an die von Black Crowes Sänger Chris Robinson erinnert. Das Programm führt durch seine gesammelten Solowerke und Co-Produktionen mit diversen anderen Künstlern (siehe Setliste) Bei ‚Shine’ wird das Publikum zum mitjubilieren aufgefordert, dem es, wenn auch etwas zögerlich, letztendlich doch noch nachkommt. Persönlich gefällt mir der Track ‚I’m Loosing You’, oder besser gesagt, die Version dieses Songs, ausnehmend gut - stammt er doch ursprünglich von den Temptations  und ist einer der ganz großen Soulklassiker. Nun, alles in allem handelt es sich bei dieser Performance um ein kleines, verstecktes Juwel, einem, das selten ist, und das man mit der Lupe suchen muss. Aber hat man es erst gefunden, dann kommt man ganz schnell auf den Geschmack. Und diejenigen, denen dieser Gig hier wirklich gefallen hat, sind weder Glamrock noch Melodicrock Befürworter, sondern einfach nur Freunde guter, und vor allem hochwertiger Musik, die sie besser nicht sein könnte. Das Problem das Richie Kotzen im Reigen und Fahrwasser von all diesen Gitarrenhelden wie Steve Vai, Joe Satriani, Yngwie Malmsteen usw. besitzt, ist schlicht und ergreifend die Tatsache, dass er einfach um 10 Jahre zu spät geboren wurde zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber gut, wäre er nicht Musiker geworden, dann wäre er heute Profi-Basketball Spieler, denn dies und seine Tochter August, sind die einzigen Hobbies, die er neben der Musik noch besitzt.

Danke jedenfalls für einen unterhaltsamen Abend mittels einer, vom Understatement gerahmten, brillanten Performance inklusive Jack Daniels on Ice, an die wir uns gerne erinnern werden. Und good luck for the future… wie und wohin die auch immer  hin führt..... 
http://www.richiekotzen.com/

                                                                                                            
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