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Ihr habt das doch sicher auch schon alle mal erlebt, dass man hin und her gerissen ist, ob man nun heute Abend zu dem oder dem Konzert gehen soll oder nicht. Denn eigentlich wäre es daheim auf der Couch viel gemütlicher. Und außerdem ist man etwas wankelmütig bezüglich der Musik, die jene Entertainer zum Besten geben. 
Nun, mir ist es gerade eben so ergangen heute Abend auch noch im Anbedacht, dass Birthcontrol und Guru Gurus Musik sehr strange ist. Beides sind Vertreter des sogenannten Krautrocks der ersten Stunde – back in den glory Sixties. -Und hinzu kommt noch die Tatsache, dass ich bereits sechs Konzerte an den vergangenen sechs Tagen hinter mir habe und etwas ausgelaugt bin.
Letztendlich hat aber doch die Neugier gesiegt. Und ich wollte sowohl die eine als auch die andere Band zumindest einmal im Leben live gesehen haben. Gut so! Denn glaubt es oder glaubt es nicht..... Aber im Ernst, dieses Konzert hier sollte sich zum Allerbesten entwickeln, was ich in diesem Jahr bisher gesehen habe live on stage.

Im Metropolis haben sich ca. 200 Althippies, Krautrockfreaks von anno dazumal, und einige jüngere Zaunspechte eingefunden, um sich von Birthcontrol und Guru Guru 2008 überzeugen zu lassen, dass es ihn immer noch gibt, den wahren, den echten Krautrock.

Ich treffe ca. 20 Minuten zu spät ein. Aber keine Bange, Birthcontrol haben sich eben erst warm gespielt. 

Wenn man es ganz genau nimmt, dann ist von der Urbesetzung keiner mehr mit von der Partie. Ein gewissern Hugo Egon Balder saß in der Anfangsphase noch am Schlagzeug. Aber er strich bereits im Gründungsjahr 1968 wieder die Segel, ohne auch nur eine Platte eingespielt zu haben Für ihn kam Bernd Noske. – Und eben jener Bernd Noske, liebevoll ‚Nossi’ genannt, der ist nach wie vor mit dabei und hält das Flagschiff, bzw. dessen Nachruf in Ehren. Abgesehen davon gabs in der Historie von Birthcontrol zahlreiche Line up Wechsel und sogar einen Break zwischen 1983 und 1993.  Heute besteht die Band außer aus Nossi, noch aus Gitarrist Peter Engelhardt, Keyboard Sascha Kühn  und  Bassist Hans Vesper.


Die Songs stimmen, nur die Reihenfolge ist etwas verdreht.

Man merkt sofort, dass hier äußerst versierte Musiker am Werk sind, die sich gegenseitig nichts schenken. Nossi aber ist der Held des Abends und der Band. Immer wieder kommt er  hinter seinem Schlagzeug hervor, und greift sich einmal sogar nur das Mikro an der Front für ein Soloständchen.  Ansonsten versteht er es vorzüglich, Gesang und Schlagzeugspiel zu vereinen. Und das meine Freunde, ist alles andere als einfach.  Die neueren Stücke von BC sind nicht mehr ganz so psychodelisch und verworren wie die Klassiker. Aber auch jene klingen heute viel straighter und moderner in ihrer Interpretation als auf den alten Platten. Auf alle Fälle sitzt Nossi noch immer der Schalk im Nacken und vor allem die, nach wie vor ungebrochene, Spielfreude. Wauw, ich bin beeindruckt von so viel Können und dem Krautrock Vibe der Gegenwart. Und – klar doch, ‚Gamma Ray’ darf natürlich auf keinen Fall fehlen.......

http://www.birth-control.de/


Interessant ist, dass sich Guru Guru selbst nie zur Gattung Krautrockbands zählten, sondern liebe dem Underground zugeordnet werden wollten. 

Trotzdem entwickelten sie sich in den Sechzigern zu den Protagonisten dieser Stilrichtung. Die Konstellation der Band veränderte sich im Laufe der 40 Jahre ihres Bestehens unzählige Male, was durch die zentrale Rolle von Mani Neumeier bedingt ist, der einst sinngemäß in einem Interview gesagt hatte, dass er nicht Schlagzeug spiele, sondern Orchesterchef sei, und damit Musiker auswechsele, wie er es wolle.
Aber im Grunde genommen sind auch seine jetzigen Mitstreiter mit ihm aus den Siebzigern rüber gebeamt ins neue Jahrtausend. Da wäre z.B. Roland Schaeffer (Git./Sax) Hans Reffert (Git/voc) und Peter Kühmstedt (Bass/voc). Genau wie bei Birth Control wäre es jetzt zuviel des Guten, die komplette Biographie runter zu ratteln. Bei beiden Bands gab es zu viele Einschnitte und Veränderungen.  Aber back to the Action hier und heute Abend. Gleich zu Beginn erklimmt zusammen mit Guru Guru, Amon Düül Legende Chris Karrer die Bühne und legt ein gediegenes Violinen Ständchen aufs Parkett. 

Heissa..... Ramses der III ist aus seiner Pyramide wieder auferstanden und zelebriert den egyptian Reggae. Aber eines muss man ihm lassen, er hats immer noch drauf.... Alle Achtung.
Die Show von Guru Guru ist ein abwechslungsreiches
Potpourri aus Alt und Neu, versetzt mit lustigen Ansagen in tiefstem Bayrisch von Mani dem Großen, so dass man meinen könnte, er wäre einer der unseren hier unterm Weißwurscht Äquator. Aber nicht nur das, sondern auch die urkomischen Verrenkungen und die Einlagen sind schlicht und ergreifend zum brüllen. Hier paart sich exzellente Instrumentierung mit Situationskomik. Es ist für’s Ohr genauso viel wie fürs Auge geboten. Ich denke, hierfür sprechen die Fotos am besten für sich selbst. 






Mei is des eine Gaudi ‚Rastavari in Bajuvari’ zu hören oder ‚In The Woods’, Tribes In The Vibes, Ooga Booga und natürlich darf in der Zugabe eine Nummer auf keinen Fall fehlen. Was für Birthcontrol – Gamma Ray ist, das ist für Guru Guru der Electro Lurch. 

Dafür kommt auch Pharao Chris von Amon Düül noch mal auf die Bühne, um das Finale der, - nun ja was denn.... wenn nicht Krautrock....- nun sagen wir -   Psychodelic Schockrock Band Guru Guru  mit zu feiern. Scheeeennnn war’s, und crazy war's. Und wie gesagt, glaubt’s oder glaubt’s nicht.... Aber so eine ausgeflippte und exzellente Geisterstunde würde man den Golden Boys da oben gar nicht zutrauen, wenn man sie nicht selbst gesehen hat.....  Aber wie heißt’s so schön.....? Je länger alter Wein reift, desto besser wird er.... Und das ist hier ist mindestens ein Baron de’ Rothschild, Jahrgang 1865.
http://www.mani-neumeier.de/guruguru/

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