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Yiippiiieehhh, hier is’ er wieder, unser mexikanischer Speedy Gonzales des Vampir Rock’n’Rolls. Vier Jahre lang war er nicht mehr hier und hat sich zwischenzeitlich rar gemacht. Und das letzte Mal blieb es auch bei einem etwas kargen Auftritt im Miniclub unseres Backstages vor einer sehr kleinen Zuhörerschaft. – Aber die Zeiten ändern sich, und im Falle Titos, nicht unbedingt zu seinen Ungunsten. -
Seien wir mal ehrlich, im Grunde genommen lebt der kleine sympathische Musiker immer noch vom damaligen Erfolg im Rahmen des Kultmovies „From Dusk Till Dawn“. Ihr erinnert Euch sicher an den schummrigen Titty Twister Club mit seinen schrägen Gestalten und mitten drin im Gemetzel steht Tito und seine Band stoisch auf dem Podest und hält ein Plädoyer auf zornige Küchenschaben, während Quentin Tarantino und George Clooney höchstpersönlich sich mit diversen Schattengewächsen rum beißen  . – Geil war’s, und wir schauen uns noch heute die Szenen immer wieder mit größtem Vergnügen an.

Leider, oder besser Gott sei Dank hat sich Europa stets besser an jenen Film erinnert als das Heimatland Amerika. Und so blieb auch Titos Karriere mehr oder weniger hier bei uns hängen, während man ihn in den Staaten schon seit langem ad akta gelebt hat. – Nun, in den letzten Jahren ist Tito Lariva zwar immer wieder in regelmäßigen Abständen über den großen Teich geschwommen. Aber der berühmte Zahn der Zeit hat den Glanz von Dusk ‚Till Dawn verblassen lassen, und das letzte Mal, wo ich ihn live on stage gesehen habe vor vier Jahren, da war das, wie anfangs erwähnt, im Backstage Club vor gerade mal 75 Seelen.

Auf das heutige Stell-Dich-ein habe ich mich schon seit langem gefreut, habe ich doch Tito selbst als Mensch über die Jahre hinweg richtig lieb gewonnen in seiner schrulligen und bescheidenen Art. Und er spielt seine Musik mit so viel Herzblut und Hingabe, dass es eine wahre Freude ist, ihm zuzuhören.
Also pilgere ich wieder mal zum Backstage. Nur ist es dieses Mal nicht der Club, sondern das Werk, die größte Halle des Vereins. Als ich dort ankomme, denke ich erst mal, ich bin im falschen Konzert, denn eine schier endlose Schlange von Leuten zieht sich bis auf die Straße hinaus und wartet, dass sie eingelassen wird. Heilandsakra..., das gibt’s doch gar nicht! -
Doch das’ gibt’s tatsächlich und wir sind hier auch wirklich beim Tito & Tarantula Konzert. 1.200 Leute passen in diese Location, und schätzungsweise hat nicht mehr viel zum Ausverkauf gefehlt. – Ich frage mich sofort, woher dieser plötzliche Hype kommt. Was hat, verdammt noch mal, den Knoten platzen lassen. Ehrlich gestanden, ich weiß es nicht.
Aber ist ja auch egal. Fakt und Freude ist, dass das Wohnzimmer hier gerammelt voll ist mit einem gemischten Publikum aus jung und alt. Und nach dem Warm up der deutschen Rockband Jenson, das ich zum größten Teil verschlafe, legt Tito um halb zehn mit seinen Tarantulas los, denen nach wie vor ein weibliches Exemplar angehört und zwar am Bass.

Tito selbst gibt sich cool im – Pirates of the Caribean – Style samt Sonnenbrille. Tja, Vampire scheuen sich nun mal vor Licht. Und das bekommen vor allem wir Fotografen zu spüren, die im nebelverhangenen Mystic-Ambiente verzweifelt versuchen, einige brauchbare Impressionen zu erhaschen. -

Zugegeben, es beginnt etwas schleppend, und es dauert eine Weile bis das Eis gebrochen ist. Aber dann ist der stetige Anstieg des Vibes auf der Skala nicht mehr aufzuhalten. Das Publikum beginnt mitzugehen. Und irgendwann bildet sich in der vorderen Hälfte sogar ein Moshpit, in dem die Action explodiert. Tito bietet uns diesmal sehr viel neues, ist doch gerade erst sein neues Album ‚Back Into The Darkness’ erschienen. Die Songs sind etwas gewöhnungsbedürftig, wenngleich auch nach wie vor von jenem typisch-schwer-getragenem Stil mit dem mexikanischen Einschlag geprägt. Die Single ‚Monsters’ trifft noch am ehesten den Nerv des aufmerksamen Zuhörers.
Auch was die Band betrifft hat sich einiges geändert. Vom letzten Mal, also seit 2004, ist außer Tito nur noch Gitarrist Steven Medina Hufsteter  übrig. Neu sind Lucy LaLoca am Bass und Schlagzeuger Rafael Gayol. Diesen Beiden  stehe ich etwas wankelmütig gegenüber, denn sie vermögen es bei weitem nicht den Zauber und die Aura früherer Mitglieder nachzuvollziehen. 



Ich persönlich heule heute noch Gitarrist Peter Atanasoff nach, der anno dazumal, genauer definiert war es 1992, zusammen mit Tito die Band gegründet hatte. – Aber das war gestern, und wir sind hier und heute am 30. April im Backstage Werk, und die Stimmung wird immer besser und erreicht einen Höhepunkt bei Titos absolutem Trumpf ‚After Dark’ vom ersten Album ‚Tarantism’. Einige Beauties aus dem Publikum lassen sich nicht zwei Mal bitten, auf die Bühne zu klettern, um dort, wie einst im Horrormovie als Nachtschattengewächse den Tanz der Vampire nach zu vollziehen. Dabei lässt sich bei der einen oder anderen Dame tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit..... Naja lassen wir das lieber....

Die Zugabe, wie sollte es anders sein..... ‚Angry Cockroaches’ – eine Wahnsinnsnummer, in der im Prinzip all das liegt, was Tito ausmacht. Und dieser wird dann anschließend auch noch ein zweites Mal zurück gepfiffen um noch eins drauf zu legen. Tito machts und verlässt dann glücklich und erschöpft endgültig die Bühnenbretter.

Nun, sagen wir mal so, - ich habe unseren Titty Twister Animateur schon um einiges besser erlebt live on stage, was vielleicht gar nicht mal in erster Linie an ihm selbst liegen mag, sondern eventuell eher an den derzeitigen Tarantulas und auch am Jetlag nach einem langen Trans-Atlantik Flug. Aber blickt man aufs allgemeine positive Feeling zurück, das ein enthusiastisches Publikum, dass noch nie so zahlreich war wie heute, mit einem multiplen Echo zurück geworfen hat, dann kann man eigentlich nicht meckern.  Ich für meinen Teil freue mich für Tito, denn soviel Gegenliebe hat er schon lange nicht mehr erhalten.
Viel später dann meint er ganz bescheiden hinter vorgehaltener Hand zu mir: „wir waren echt besch... heute.“ –Hey, aber mal ehrlich, davon hat Otto Normalverbraucher aber so gut wie gar nichts mitgekriegt...  - so what?!

http://www.titoandtarantula.com/
 

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