Man nehme einen Hollywood Schauspieler, eine Rockband und produziert zwei
Alben. Und schwups haben wir die neuen Alternative Rockstars gebacken. –
Es geht doch nichts über einen soliden Background und eine noch bessere
Reputation, die voraus eilt.
Jared Leto heißt der gute Mann, ist grad mal 36 Jahre jung und hat
bereits in über 20 Hollywood Streifen mit gewirkt, darunter Fight Club,
American Psycho, Panic Room, Alexander und Lords Of War.
Sein Bandbaby gründete er zusammen mit Bruder Shannon in jungen Jahren
und erhielt 1998 erste Aufmerksamkeit der Medien und Plattenfirmen. Der Bandname
ist nach eigener Aussage einer Kapitelüberschrift aus dem Thesenpapier
eines früheren Harvard-Professors entnommen.
Anyway, - 30 Seconds To Mars frönen dem Alternativ Rock, und Jared legt
äußersten Wert auf den Umstand, dass das Band Projekt wegen seiner
Qualitäten - Resonanzen erhält und nicht wegen seines Schauspieler
Namens. So hatte er kurzfristig schon Auftritte abgesagt, weil diese eben
nur unter seinem Namen beworben wurden. -
Das zweite und aktuelle Album ‚A Beautiful Lie’ wurde in vier Ländern
aufgenommen und ging bisher über 1 Mill. Mal über den Ladentisch. -
Soviel zu den Band Fakten, die, wie ich glaube, mit Sicherheit nicht nur
auf die reine Qualität der Musik ansich zurück zu führen sind. Hierbei
kann sich Jared Leto noch so wehren. Aber als Stern im Moviebusiness, und
noch dazu als gutaussehender, kann man den Fokus auf sich selbst nun
wirklich nicht komplett auf die Band ablenken.
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Fakt ist auch, 30 Seconds
To Mars waren in der Vergangenheit schon in München, zuletzt für die jüngsten
MTV Awards. Und heute Abend treten sie im Rahmen ihrer Minitour durch
Germany (insgesamt 3 Dates) zu allerletzt im Zenith auf. Der Schlauch hier
ist nur etwas mehr als die Hälfte gefüllt. Der hintere Teil der Halle
ist mit einem Vorhang abgehängt. Schätzungsweise sind das nicht ganz
3.000 Besucher, die Jared Leto einmal von der Nähe sehen wollten.
Allerdings haben es unsere Organisatoren wieder mal allzu gut gemeint, und
einen Wellenbrecher mit, fast schon einer Prachtallee dazwischen,
eingebaut nach dem ersten Viertel der lokalen Räumlichkeiten. Eine
Vorsichtsmaßnahme, die so krass, nicht mal bei Hardcore Metalbands zu
finden ist. Dies bleibt übrigens auch von unserem rockenden Mimen da oben
nicht unbemerkt, der sich im Verlauf des Abends noch ordentlich über
unsere örtlichen Schutzengel hermacht. Aber dazu später.
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Eines merkt man sofort da oben on stage, nachdem die Boys um 21.30 Uhr mit
viel Bombast und einem fallenden Vorhang nach einer 60minütigen Wartezeit ihr Intermezzo
beginnen. - Nämlich, dass da oben vor allem einer regiert im Vordergrund,
und trotz seiner Spargeltarzan Figur
mindestens drei Viertel der Bühne einnimmt. Das coole Lederoutfit
lässt einen beim Hinschauen schon schwitzen und ist wohl eher für
Minusgrade in der Tiefkühltruhe gedacht als wie für die satten
Sauna-Spotlights hier. Scheint ihm aber nicht die Kaffeebohne auszumachen.
Also was soll’s. Hauptsache es sieht eben – cool aus. Jared Letos
Bewegungsdrang grenzt fast schon an Hochleistungssport. Da nimmt sich der
letztjährige Gewinner des hawaiianischen Ironmans wie ein Animateur für
Seniorengymnastik aus. Und wir Knipser fluchen uns im Graben das
Abendessen wieder hoch, weil der Suppenkaspar einfach nicht eine Sekunde
still stehen will. – Letztendlich ist er dann aber doch gezwungen seinen
Chickenlegs Gewehr bei Fuß stehen zu lassen. Singen und gleichzeitig eine
Triathlon da oben absolvieren, das is’ dann doch nicht so ganz.
Gott sei’s getrommelt und gepfiffen. -
Apropo, - Stimme hat er, das muss man ihm lassen. Und wenn man ihn genau
beobachtet, dann bestätigt seine physische Theatralik zudem, dass er tatsächlich
ursprünglich aus der schauspielerischen Nische kommt. Die
flourisierende
Kriegsbemalung macht die Erscheinung komplett.
Der Rest der Truppe, der u.a. auch Jareds Bruderherz Shannon angehört,
verschwindet im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Blickpunkt des
allgemeinen Interesses und degradiert zu bedeutungslosen Statisten im
Schatten von Wunderkind Leto. Der wiederum lässt nichts aus, um die Fans
immer höher in Rage zu bringen.
„Are you ready to loose your fucking mind?“,
wird aus zahlreichen Kehlen bejahend erwidert. Aber ich bin mir nicht
sicher, ob das wegen der Musik geschieht, oder wegen seiner Person.
Die ersten Reihen bestehen ohnehin nur aus weiblicher Klientee, die die 25
noch nicht überschritten haben.
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Jeder Klischee Spruch
zwischen den Songs geht runter wie Honig bei den Mädels. Und die Ansage:
„I heard, the Munich audience is the wildest one“, wird sofort anhand
von exstatischer Gestik bestätigt, zumindest ganz vorne. Die allgemeine
Stimmung ist unterschiedlich. Beginnen tut der Zauber etwas zäh, mit
Tendenz zum gähnen, kriegt aber dann zunehmend Brennstoff in die
Turbinen. Die Klangverhältnisse wie immer – bescheiden, wenngleich dann
doch um einiges besser als bei anderen Acts. Aber solche Defizite sind wir in dem
Laden hier ja schon gewöhnt, um mich zum,
ich weiß nicht wievielsten Male, zu wiederholen. Weiters fordert
Feldwebel Leto die Fans auf, sich gegenseitig auf die Schultern zu nehmen, damit
gerade die Kleinen mal etwas freie Sicht hätten. Dem Befehl wird umgehend
Folge geleistet.
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Eine Solo-Akustikeinlage
von unserem Star bringt den Siedpunkt wieder etwas zum abkühlen. Und
genau da zeigt Letos Stimme bewusst seine Schwächen, auch wenn
wahrscheinlich, jenes Kapitel das Beste am ganzen Konzert ist.
Vielleicht sind es aber auch nur Ermüdungserscheinungen, - who knows.
Anschließend gehts aber wieder ab wie Fidibus, vor allem nachdem unser
Paradiesvogel die Menge mit den Worten:
„This
is a fucking rock concert!“ aufmöbelt.
Ungefähr zu diesem Zeitpunkt
gibts dann auch, die eingangs erwähnte Rüge an die lokale Security bezüglich
des Wellenbrechers. „Fuck the Security“, ertönts von oben, und das
gleich 10x hintereinander. Keine Sekunde später springt der aufgebrachte
Gockel von der Bühne, rennt mich fast um und an mir vorbei aus dem Graben raus (Anm.
Dabei bemerke ich, dass er doch nicht so klein ist, wie angenommen) und
saust schnurstracks in den Wellenbrecher Gang. Ihm wiederum stürzen
umgehend fünf Securitys hinterher, holen ihn aber nicht ein. Ich
bedauere, dass ich meine große Kamera nicht mehr bei der Hand habe. Das
Bild wäre ein Jahrhundertfoto geworden.Mitten
drin, erklimmt er jene Barriere, stellt sich auf dessen Geländer und präsentiert
sich so dem hinteren Teil der Kathedrale. Und der wiederum zeigt sich begeistert
obgleich dieser Aktion. Dann geht das Donnerwetter auf die widrige Örtlichkeit weiter. Die Fans
danken es ihm, und er sammelt damit mächtig Pluspunkte ein…. Heiland
Sakra, - mir tun unsere Aufpasser schon richtig leid, tun sie doch auch
nur, die ihnen angeordnete, Pflicht. Wie auch immer, die Einlage ist
absolut….. wie soll ich es beschreiben?….. filmreif!
Das normale Set geht
nahtlos in die Zugabe über, und das war’s dann. Mein persönliches
Fazit: etwas gewöhnungsbedürftig, nicht ganz my cup of tea, aber alles
in allem inkl. der kleinen Schwächen ganz passabel.
Etwas später punktet Jared Leto noch einmal. Er lässt sich nicht lumpen
und schreibt noch stundenlang geduldigst Autogramme am Merchstand.
Nein, nicht als Hollywood Schauspieler,
das will er gar nicht hören… Heute is’ er ‚nur’ der Sänger
einer ganz normalen Alternative Rockband und das ohne jegliche Starallüren….
1 : 0 für Leto.
Wetten, dass sein nächster Kinostreifen ein Kassenrenner wird ???!!!!
Andererseits seien wir mal ehrlich, gäbe es denn Schauspieler Leto nicht,
dann würde diese Band wahrscheinlich nicht mal unser Backstage Werk (ca.
1.000 Kapazität) füllen.
http://www.30secondstomars.de/
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