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Oh Gott, ans letzte Mal – ‚Satriani live’ - kann ich mich kaum noch erinnern, solange ist das schon her. Genauer gesagt, war das 1989 in London im Marquee, als er, noch mit Haaren, aber dafür damals schon mit Stu Hamm am Bass, gerade mal ‚Flyin’ In A Blue Dream’ promotet hat. Zu jener Zeit versuchte er sich zusätzlich auch am Gesang.


Stu Hamm & Satch 1989 in London im Holiday Inn
promoting 'Flyin' On A Blue Dream'

Na ja, - sagen wir mal – mehr schlecht als recht. Und ich denke, das hat er später dann auch eingesehen und sich wieder ‚nur’ auf die Musik konzentriert. – Und genau da liegt der springende Punkt. Denn Satrianis Musik benötigt gar keine Stimme. Hier spielt die Gitarre die erste Geige und übernimmt zugleich den Vocal Part. Und Klein-Joe und seine Musik sind verdammt gut, wenn nicht sozusagen brillant. Allseits bekannt ist ja auch der Umstand, dass er so einigen Kollegen der zupfenden Kunst bei deren Fingerfertigkeit unter die Arme gegriffen hat im Laufe der Jahre. Und genau jene sind nunmehr Koriphäen für sich selbst.

However, Mr. Satriani – Solo  hat sich rar gemacht und selten genug blicken lassen in Europa in den letzten 15 Jahren. Viel lieber ist er mit G3 durch die Weltgeschichte gebummelt und hat sich mit Busenfreund Steve Vai, Eric Johnson, Y.Malmsteen etc. gegenseitig hoch geschaukelt. – Warum er gerade jetzt und mit dem neuen Teil: ‚Professor Satchafunkilus And The Musterion Of Rock’ unsere Breiten beehrt.... – who knows! Aber es war fürwahr eine weise Entscheidung, denn die Leute sind neugierig geworden, diesen, inzwischen 52jährigen, Wunderknaben wieder, - oder einmal überhaupt, live zu erleben. Und somit sind die Stätten des Geschehens in Germany knüppelvoll. – Ohne Übertreibung, aber ich habe unser Backstage Werk selten so vollgepackt gesehen. Und es sind mitnichten nur Musiker oder Pseudoprofis, die mit kritisch-selbstherrlicher Gestik versuchen die magischen Satriani Riffs zu analysieren, um dann hinterher ihren neunmalklugen Senf auszutauschen. Sondern auch Kuno –Normalkonsument und so mancher wissbegierige Sprössling der next Generation will hier einfach nur gute Musik genießen. -

Wie gesagt, nach dem Motto: noch voller geht’s eigentlich gar nimmer hier drinnen, beginnt ein Konzertabend der besonderen Art, und das buchstäblich knapp unterm Siedepunkt. Was auch immer das heute Abend ist... Aber eines ist es hundertprozentig, nämlich das heißeste Event des Jahres bisher, -  im wahrsten Sinn des Wortes.
 
It’s Showtime um Schlag 20 Uhr,........

..... und der erste Programmpunkt heißt Steve Fister und Band, die für 45 Minuten die Atmosphäre schmackhaft anwürzen sollen für den großen Meistro. (Anm.: anheizen wäre wohl der falsche Ausdruck. Denn noch mehr Temperatur, und die Gefahr für einen Hitzschlag verträgt hier ohnehin keiner mehr.) Steve war mal Gitarrist bei Lita Ford, irgendwann in den Achtziger Jahren. Und leider ist das so ziemlich das einzige, was mir im ersten Moment zu diesem Namen eingefallen ist. Inzwischen bin ich aber schlauer und habe mich über die Solokarriere dieses Musikers kundig gemacht. Und nein, er ist eigentlich keiner dieser typischen Ami-Mainstream Gitarristen, denn dazu fließt viel zu viel Blues in die Musik. Sein neuestes und insgesamt viertes Studioalbum heißt deshalb tiefsinnigerweise  auch ‚Deeper Than The Blues’. Steve war in der Vergangenheit schon einige Male in Deutschland zu Gast, leider aber nie in südlichen Breiten. Und somit können die meisten Zuschauer heute Abend wenig anfangen mit dem Namen. Dafür gibt’s zwei andere bekannte Gesichter da oben auf der Bühne, nämlich die Rhythmus Section der holländischen Rockband Vengeance – Barend Courbois am Bass und Hans in ‚tZandt am Schlagzeug. – Tja, ein zweites Standbein ist immer gut und bringt zusätzlich Zaster. – Anyway, hier stehen die beiden Kassköpp eher im Hintergrund, denn der Name ist Programm, und der lautet nun mal momentan ‚Steve Fister’.




Samples vom neuen Album gibts
hier

Und auch wenn dessen Musik in eine etwas andere Richtung geht, als die von Joe Satriani, so ist sie dennoch nicht zu verachten. Feiner Rock mit einer gehörigen Prise Blues, vorgetragen von einem tatsächlich guten Musiker, - der, um es zu betonen, auch gesanglich sein Scherflein mit bei steuert. Auf alle Fälle sollte man sich den Namen merken und auch mal in seine Scheiben rein hören. Wer auf soliden Bluesrock steht, der ist hier bestens bedient.
http://www.stevefister.com/

Der bekannteste Gitarren-Professor im Genre lässt sich dann auch nicht lange bitten und nimmt ca. eine knappe halbe Stunde später das Schlachtfeld im Sturm.

Ihm zur Seite steht, wie schon oben erwähnt, Bass-Genius Stuart Hamm, des weiteren Jeff Campitelli am Drumkit und Galen Hansen bedient die zusätzliche Gitarre und ist quasi obendrein der Boss des Geschehens hier. Klarer ausgedrückt, er ist auch noch Tourmanager von Beruf.

Aber im Prinzip ist es vor allem Satch (Joes Nickname)  der hier der Star ist und die Richtung bestimmt. Die Hitze hat inzwischen fast unerträgliche Ausmaße angenommen. Und der Fotograben fühlt sich an wie das äquatoriale Kongo Becken im Hochsommer, hervorragend gespeist von einer überdimensionalen Lichterflut, für die lediglich meine Kamera dankbar ist. Aber nur die Harten kommen durch, der wir lediglich zwei Bildberichterstatter sind, und ackern uns buchstäblich im Schweiße unseres Angesichts durch die Länge von den ersten drei Arien. Satrianis Stoff ist, wie soll man es am besten beschreiben? – gehaltvoll und voluminös. Die sechs Saiten tönen, schweben und singen gleichzeitig. Um es beim Schopf zu packen, zusätzlicher Gesang wäre hier komplett überflüssig und des Guten zuviel. – Und nein, Satch gibt sich on Stage nicht als überperfektionierter Endlos-Frickler, der sich in verworrene Soundstrukturen verstrickt. Im Gegenteil, die Melodien sind straight, gehen  ins Ohr und laden zum mitswingen ein. Seine Kunst ist es, eben diese schwierigen Gitarrenparts in unterhaltsame Ohrwürmer zu verpacken.

Er selbst gibt sich locker und bewegungsfreudig und hat fast konstant ein sympathisches Smile auf den Lippen. Nur seine Augen bleiben uns, dank der spacigen Sonnenbrille leider verwehrt. – Macht nix, die Ausstrahlung ist auch so immens und die Performance schlicht und ergreifend sagenhaft gut. Abgesehen vom aktuellen Longplayer, ackert man sich auch durch ältere Hymnen, allen voran natürlich .... One Big Rush und Surfin’ With An Alien’. Mein persönlicher Lieblingssong wird leider vernachlässigt – ‚Big Bad Moon’, übrigens einer der wenigen Tracks wo Satch auch singt.


Videoclip zu 'Big Bad Moon'


Im letzten Drittel der Show bekommt Stu Hamm noch seine Soloeinlage, um zu beweisen, das er mit Joe locker mithalten kann, nur in der tiefer tönenden Variante der Saitenkunst. Nun, eigentlich muss er das gar nicht, denn wer sich im Genre auskennt, der weiß ganz genau, wie perfekt dieser Mann an seinem Gerät ist. Nicht umsonst heißt es, er gehöre zu den weltbesten Bassisten.

Stuart Hamm

Das Set schließt inklusive Zugabe nach sage und schreibe 2 ½ Stunden ab. Und auch wenn es eine durchwegs instrumentale Angelegenheit war, so muss man doch zugeben, dass sich nicht eine einzige Sekunde langweilig oder überstrapaziös gestaltet hat. – Lediglich die fast unerträgliche Affenhitze hat den Gesamtgenuss etwas geschmälert und der Bierkonsum hier drin, hat wahrscheinlich einen neuen Rekord erzielt. – Tja, es hat doch alles seine guten Seiten....- und die haben heute Abend eindeutig die Schlacht gewonnen.
http://www.satriani.com/  


                                                                                 
Diary klicken für einige Aftershow Schnappschüsse


Für noch mehr Live Bilder von Satriani aufs Foto drunter klicken


Surfin' With The Alien - live