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.... Abschiedstour ist der Slogan... Klar doch, das darf man sich nicht entgehen lassen, denn man sieht ja die Band wahrscheinlich das allerletzte Mal in dieser Konstellation. – Sagt man jedenfalls jetzt, denn wie wir alle wissen, sind sogenannten Fairwell Tourneen oft noch lange nicht das Ende. Und des öfteren gabs dann in dem einen oder anderen Fall nach kürzester Zeit eine glorreiche Wiedervereinigung. Meist dann, wenn die Nachfolgeprojekte auf Granit gebissen haben und der Rubel sonst wohin rollt nur nicht in die eigene Tasche. – Ob das für Al Jourgenson zutrifft, ist fraglich. Denn der gute Mann war schon immer ein Multitalent und Steh Auf Männchen, der sich Zeit seiner Karriere, die anno 1981 begann, durch sämtliche Klischees, Stilrichtungen und Seitenprojekte gearbeitet hat. – Nein, ich bin eigentlich überzeugt, dass der gute Mann auch ohne Ministry zukünftig ganz gut leben kann. – Also nix wie hin zum Final Countdown ins Backstage Werk, wo erst mal einige Hürden überwindet werden müssen, um unseren üblichen Job des Bildberichterstatters ausüben zu können. Jener Umstand obliegt aber eher der Unwissenheit einiger neuer örtlichen Securities, die anscheinend noch nicht in Kenntnis gesetzt worden sind, dass auch Fotografen bei Veranstaltungen dieser Art zugegen sind, um ihren Job zu verrichten. Erst nach mehrmaliger Erklärung und Auseinandersetzung am Eingang, dass ca. 3 Meter weiter an der Gästeliste eine Fotoakreditierung auf einen warten würde, darf man inkl. Kontrollbegleitung zögerlich bis zu dem Punkt vordringen, um dort den Beweis zu erbringen.

Kaum beim Fotogaben vorne angekommen bekommt man die Frage gestellt, wie lang man eigentlich gedenke, da vorne drin zu bleiben. Dieser gute Mann hat wohl noch nie was von der üblichen Regelung – 3 Songs – ohne Blitz gehört. Und last but not least erfolgt der Rauswurf eines anderen Zeitgenossen dieser Gattung nach nur eineinhalb Songs – ohne weitere Begründung. Ich muss dazu allerdings noch folgendes festhalten. Die Bühne ist buchstäblich vergittert, und Ministry spielen in einer Art Käfig. Da ist ein normales knipsen im Graben vorne ohnehin fast unmöglich. Unsereins knipst später von oben aus der Ferne weiter, um wenigstens ein paar brauchbare Bilder zu erhalten.
Abgesehen davon ist es außerdem unheimlich laut, aber das war’s bei Ministry ja schon immer.

Support kommt von ‚My Uncle The Wolf’, einer relativ neuen Formation aus Brooklyn, NY, die gerade eben mal ihr Debütalbum vorgelegt hat. Hier ist allerdings nichts, was man  nicht schon irgendwo irgendwann mal gehört hat.  Stonerrock im New Orleans Style nennen sie ihre Gangart, wobei sich unsereiner darunter kaum etwas vorstellen kann.  Nun, ich würde es mal eher halb gerappten Heavy Metal bezeichnen, bei dem ein nicht-englisch sprachiger Mensch ohnehin kein Wort versteht bei dem Gesang. Sorry Freunde, aber viel mehr kann ich zu dieser Dreifaltigkeit nicht hinzu fügen, außer das zu dem Zeitpunkt bislang kein Gitter on Stage ist, so dass das Fotografieren ‚noch’ keine Qual ist.
http://www.myspace.com/myunclethewolf

.... Aber jetzt is’ er da, der Raubtierkäfig und er soll Ministrys Image zusätzlich unterstreichen.

It’s Showtime und Al und die Jungs lassen sich nicht lange bitte, den Ampere-Druck um ein vielfaches zu erhöhen. However,  wenn mir einer hier diesmal massiv fehlt, dann ist das Raven am Bass. Aber jener hat es vor einigen Monaten bevorzugt den Löffel abzugeben mit Hilfe von gewissen Pülverchen oder was der Geier was. Schade, denn Raven war dank Killing Joke fast schon zu sowas wie einer Kultfigur geworden. Und als Mensch habe ich ihn außerdem geschätzt. Aber gut, an diesem unfreiwilligen Abgang lässt sich nun mal nichts mehr ändern, und der Bass wird jetzt von Tony Campos bedient. – Fokus bei Ministry ist sowieso in erster Linie Al Jourgenson, der übrigens in exakt dem selben Outfit und Hairstyle die Bühne betritt, wie schon auf der letzten Tour. Am Schlagzeug sitzt nicht mehr Joey Jordison von Slipknot, sondern Aaron Rossi. Dafür ist des weiteren noch Burton C.Bell mit dabei, seines Zeichens Frontmann von Fear Factory, Gitarrist Sin Quirin, Gitarrist Tommy Victor von Prong und John Bechdel am Keyboard. Allerdings kommen all diese Figuren dank des Vogelkäfigs gar nicht wirklich zur Geltung, geschweige denn zur Ansicht.
Die Arie ‚Let’s Go’ macht den Startschuss in doppelter Bedeutung und lässt augenblicklich die imaginären Dachziegel vom Palazzo hier Tango tanzen. Al schenkt sich wieder mal gar nix in seiner Performance und brüllt sich seine Ansichten von Anarchie, Weltuntergang und politscher Unfähigkeit von den Lungenflügel. Eigentlich besitzt der, nicht mehr ganz so taufrische Wicht eine ziemlich beeindruckende Ausstrahlung, die ich schon beim letzten Mal bemerkt habe. Allerdings geht die Aura, um mich zu wiederholen, diesmal ziemlich die Niagara Fälle runter hinter dem unsäglichen Gestänge. Von Fannähe keine Spur, - wie auch? Aber zumindest kann sich unser Exzentriker diesmal überwinden und ein „hello Munich, how are you“  rüber zu wettern.

‚The Last Sucker’ ist natürlich mit im Gepäck und noch etliche weitere tiefsinnige Prologe über die vorhin genannten Themen. Alles natürlich unterlegt mit der typischen Power und dem immensen Druck, den Ministry on Stage schon von jeher vom Stapel gelassen haben. Zwei Mal lässt sich der kleine – große Meister zurück bitten und beendet sein Set mit der exzellenten Version von Louis Armstrongs ‚Wonderful World’. – Dann verschwindet er endgültig ohne sich auch nur ein einziges weiteres Mal umzudrehen, inklusive des 3ten Glases Rotwein, das er während des Spektakels konsumiert hat. Im Gegensatz zum Rest der Band, der last but not least doch noch übers Metall winkt und klettert und den Fans die Hände schüttelt. Aber Al wäre nicht Al ohne diesen Abgang..... 
Nun was soll ich sagen, - das war Ministry zum vorläufig letzten Mal, druckvoll wie immer, wenn auch nicht ganz so beeindruckend wie beim letzen Mal. Aber das, meine Herrschaften und Anhänger des gepflegten Industrial Metals, liegt höchstwahrscheinlich an der dezenten Bühnenausstattung aus Draht und Metal.
Good Bye Ministry, aber gut, - vielleicht sehen wir uns ja doch irgendwann wieder bei einer eventuellen Fairwell Tour in unabsehbarer Zukunft.... you never know.....
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