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Bei dieser Review sind vor allem die Fusion- und Jazzfreunde gefragt, für die der Name Peter Erskine ungefähr so bekannt ist, wie für den Rockfan Angus Young.
Der, inzwischen 54jährige Erskine gehört heute zu den gefragtesten, vielseitigsten und meistbeschäftigten Schlagzeugern der letzten Jahrzehnte. Bei über 700 LP- oder CD-Produktionen hat er inzwischen mitgewirkt und mit Steely Dan, Joni Mitchell, Diana Krall und Weather Report u.a. gespielt. Insgesamt neun Alben hat er unter eigenem Namen veröffentlicht und fünf Bücher geschrieben. Mit seiner Frau Mutsuko betreibt er nebenbei noch eine CD Produktionsfirma.

Vor ca. acht Jahren fanden sich nun Peter Erskine, Nguyen Le’(git) und Michel Benita’bass) und bildeten ein, buchstäblich, transkontinentales Trio. In selten gehörter Freiheit und Gleichberechtigung, bündelten sie die unterschiedlichen Färbungen und Traditionen ihrer jeweiligen musikalischen Herkunft. Das erste Resultat aus dieser Zusammenarbeit  die CD „E_L_B“ von 2001 kann sich fürwahr sehen bzw. hören lassen. – Jetzt haben sich wieder zusammen getan für ein weiteres Album und eine Tour. Neben Erskine zupft hier den Rhythmus Michel Benita, der in Algier geboren und aufgewachsen ist. Inzwischen lebt er in Paris, spielt u.a. im  Orchestre National de Jazz – und ist zur festen Größe der europäischen Szene avanciert. Aller guten Dinge sind drei. Und der vietnamesisch-stämmige, aber in Paris geborene Gitarrist Nguyên Lê ist früh eine der Schlüsselfiguren der europäischen Jazzszene wie auch der Worldmusic geworden. Wie weit sein Horizont ist, sieht man an seiner gleich wägenden Bewunderung für die Musik seines Herkunftslandes wie für den traditionellen Jazz, Fusion oder aber auch Jimi Hendrix. Daraus entwickelte er einen unverwechselbaren, die Traditionen nahezu aller Kontinente verwebenden Stil.
Nun, und wenn man drei solcher First Class Musiker zusammen schmeißt, dann kann eigentlich nur wieder Hochqualitatives dabei heraus kommen. Im Rahmen ihrer Europa Konzertreise macht das Trio auch für zwei Abende in München im Jazzclub Unterfahrt Station. (Anm.: unsere Unterfahrt gehört lt. int. Jazzkomitee zu den 100 besten Jazzclubs weltweit.) Und langer Rede kurzer Sinn, - es ist absolut und restlos ausverkauft an beiden Abenden. Nun gut, der Club ist nicht besonders groß und fasst schätzungsweise nur maximal 150 Besucher. Aber trotzdem kommt es nicht allzu oft vor, dass die Stätte so voll ist, vor allem wenn es gilt, am nächsten Morgen wieder früh aufstehen zu müssen.

Um 21 Uhr geht’s los mit sehr viel Understatement, aber dafür umso mehr Applaus. Peter Erskine wirkt eigentlich wie der nette Onkel Balduin von nebenan und wirkt eher gemütlich. Aber das ist er hinter seinem Schlagzeug keinesfalls. Das Trio beginnt das Set mit eher filigranen Tönen, die sich in eine unverhohlene Leidenschaft für Details entwickelt. Da liegt Kraft gepaart mit Sanftheit drin, Klarheit kombiniert mit einen gewissen geheimnisvollen Touch. Und das Ganze ist kombiniert mit einer Art Aufbruch, die sich in eine ungewohnte, schillernde Vision des modernen Jazz integriert. Das Set besteht aus Eigenkompositionen von Erskine  und Gemeinschaftsarbeit. ‚Theme For Jaco’ widmet er dem Weather Report Bassisten Jaco Partorius, der nur allzu früh verstorben war in den frühen Achtzigern. – Selbst muss ich gestehen, dass ich selten so einen Klassegitarristen wie Nguy’en Le’ erlebt habe. Und mir ist im wahrsten Sinn des Wortes phasenweise der Mund offen stehen geblieben.

Das was der Halbvietnamese da hinlegt, kann man fast schon als überirdisch bezeichnen. Er verstrickt sich in multiplizierte Improvisationen, die teilweise sogar Rockanleihen beinhalten. Zudem habe ich den Eindruck, dass das Notenblatt vor ihm, nur zur Zierde und Staffage dort platziert ist. Denn Le’ scheint nur selten einen Blick auf den musikalischen Wegweiser zu werfen. – Zurück zu Onkel Bal..... äh sorry - Peter Erskine, der im Hintergrund die Fäden zieht und die Drumstöcke schwingt und dabei konstant smiled nach dem Motto: don’t worry, be happy. Es sieht alles so leicht aus und hört sich perfekt, brillant an. Aber hinter allem steckt 150%ige Perfektion. Mr. Benita hält den Rhythmus am Contrabass und bekommt zwischendurch ebenfalls sein Solo, um zu zeigen, wie gut er eigentlich ist. Zwei Mal eine Stunde mit einer 20minütigen Pause zwischendurch, dauert der Zauber.

Und eine Zugabe gibt’s auch noch. Zum Schluss meint Peter Erskine noch grinsend: „thank you, und wenn Ihr den gleichen Shit, yeah well just about the same, -  noch mal hören wollt, dann kommt doch einfach morgen noch einmal her. Das war’s. Und einmal mehr bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass die besten Musiker aus der Fusionecke kommen. Solche, die es verstehen alle Musikstile miteinander gekonnt zu verbinden. Für alle weltoffenen Freunde des anspruchvollen Tenors jedenfalls ein absolutes Muss, - aber für alle anderen.... Achtung – sehr schwerer Stoff......
Last but not least - egal was, aber Musik ist halt letztendlich doch 'nur' Musik - nur gut muss sie sein.....
http://www.petererskine.com/        
http://www.nguyen-le.com/Site/Bonjour.html