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Und once again, hamma hier eine Melodic Hardcore - Punkrock Band, die die Jugend von Heute für sich entdeckt hat. Dabei könnten die vier Herren locker ihre Väter sein. Aber gut das könnten die Rolling Stones für meine Generation ebenso darstellen. Also was soll’s. Aber wie ich schon des öfteren in Reviews bemerkt habe, ist diese neue, junge Fan Klientee ganz anders drauf, als die der Achtziger- und auch noch Neunziger Jahre. Hier findet man keine langhaarigen Kuttenträger mehr, die starr wie Oskar da stehen und sich lediglich das Gehirn aus der Rübe schüttelt. Hier gibt’s auch keine blondgelockten Girlies, die irgendwelche eitlen und selbstgefälligen Melodicrocker anschmachten. Das hier sind Youngsters mit bravem Kurzhaarschnitt und Träger von allenfalls einem Band-T-Shirt mit Logo.

Sie frönen weniger dem klassischen Headbangen, als vielmehr dem extensiven Ganzkörper-Training im berühmten Moshpit. Verletzungsgefahr  inbegriffen. Heidarassa, die Schlacht von Waterloo war damals wahrscheinlich ein Kaffeekränzchen verglichen mit einem derartigen Gemetzel, das bei den meisten Konzerten dieser Art heutzutage abgeht.  
Anyway, Pennywise gibt’s seit fast exakt 20 Jahren, und ihren Namen haben sie von dem berühmten Clown in Steven Kings Roman ‚Es’ gepachtet. Der Begriff steht im Englischen aber auch für Pfennigfuchser. Rechnet man die Live-Scheiben mit, dann gibt’s von den Amis insgesamt 13 Veröffentlichungen, wobei die letzte namens ‚Reasons To Believe’ gerade erst erschienen ist.
Pennywise das sind: Jim Lindberg (Gesang), Fletcher Dragge (Git), Randy Bradbury (Bass) und Byron McMackin (Drums). Orignal Bassist Jason Matthew Thirsk starb 1996, wobei es nicht sicher ist, ob er sich versehendlich beim reinigen einer Waffe erschoss, oder ob es Selbstmord war. Man plädiert allgemein eher für letzteres. Auf Grund dessen wird bei jedem Pennywise Auftritt der Song „Bro Hymn Tribute“ gespielt und zwar zum krönenden Abschluß.
Meine Hoffnung, dass ich heute Abend mit nur einer Supportband, nämlich ‚A Wilhelm Scream’ beglückt werde, ist je zerstört beim Eintreffen am Venue.
Denn vorher stehen noch ‚Scheisse Minelli’ aus Aschaffenburg auf dem Programm.

Meine Irritation bzgl. des fehlenden deutschen Akzents im Gesang zu Beginn dieses Eingangskapitel verflüchtigt sich umgehend anhand der Bestätigung, dass der Frontmann denn doch kein Teutone ist, sondern aus dem sonnigen Kalifornien stammt. Zudem scheint seine Jeans 5 Nummern zu groß zu sein, denn sie sitzt definitiv nicht da wo sie eigentlich hin gehört, zumindest für meinen Geschmack. Aber das nur am Rande bemerkt. Die Kids findens cool. Und das ist die Hauptsache. – Mir persönlich fehlt bei dieser Formation noch deutlich deren Identität, auch wenn sie nach eigenen Angaben bereits seit fünf Jahren in der Musikszene herum geistern. Die Aggressivität, die Sänger Samuel El an den Tag legt, wird von den anwesenden Kiddies nur halbherzig akzeptiert. Auf gut deutsch, man hält sich bei dem schönen Wetter lieber noch ein wenig im Biergarten vor dem Haupteingang auf und genießt die letzten Strahlen der Abendsonne. Aber gut im Herbst soll dann ein volles Album von dieser Truppe erscheinen. Mal schauen, wie die Story dann weiter geht. Zumindest haben sie hier die Möglichkeit ihren unmöglichen Namen zum Begriff zu etablieren.
http://www.myspace.com/scheisseminnelli


Der zweite Vertreter dieser Punkrock Gangart nennt sich ‚A Wilhelm Scream’ (kurz AWS oder Wilhelm genannt), und sie kommen aus New Bedford, wo sie 1996 ihre Wurzeln sprießen ließen.

Auch sie sind noch relativ jung und knüppeln mit ihrem aggressiven Hardcore Stil die Bretter unseres Backstage Werks nieder. Insgesamt drei Mal war die Band schon in Europa live on Tour, zwei Mal als Support von Anti Flag und Unseen und einmal sogar als Headliner. Jetzt sind sie zum vierten Mal wieder als Anheizer unterwegs. – ‚Career Suicide’ heißt der aktuelle Longplayer, der im vergangenen Jahr erschien, und heuer noch als Vinylplatte zusätzlich aufgelegt wurde. Was mir bei diesem Fünfer sofort auffällt, ist die Tatsache, wie fit die Brüder sind. Himmel Herrgott, die könnte man wahrscheinlich locker für den Ironman auf Hawaii’ nominieren und sie hätten gute Chancen im vorderen Feld mitzumischen. Das ist, würde ich mal sagen, tatsächlich die sprichwörtliche jugendliche Energie, die hier frei wird. Während der 45 Minuten die es AWS vergönnt ist, die Geister aufzuwirbeln, steht keiner auch nur eine Millisekunde still an seinem Platz. Im Gegenteil, der olympische Hochsprung wird extensiv praktiziert. –

Musikalisch wesentlich ausgereifter als die Kollegen vorher und mit sehr viel mehr Routine was die Livearbeit betrifft, hinterlassen Willy & Co. beileibe keinen schlechten Eindruck bei mir und auch bei sämtlichen Pennywise Freaks. Denn im Gegensatz zum Prolog des Hardcore Punk Abends befinden sich nunmehr alle ca. 1.100 Seelen  innerhalb der Backstage Werk Wände. Und so langsam aber sicher steuern sie dem Adrenalinschub entgegen, der bei Pennywise dann zum überlaufen kommt.
http://www.awilhelmscream.com/

                                                                                                      
Wie schon eingangs erwähnt unterscheiden sich die Headliner Pennywise in einer Sache wesentlich von ihrem Zweifach-Support. Und das ist der Altersunterschied.

Diese Herren hier sind schätzungsweise mindestens in ihren späten 30ern, wenn nicht sogar darüber. Trotzdem tut dieser Umstand ihrem enormen Input keinen Abbruch, und die Clowns aus, ebenfalls sunny California, legen los, dass sich für viele hier, der Globus gleich 3x so schnell dreht. Nicht zu erwähnen braucht man, glaube ich, die inzwischen nahe dem Siedepunkt, gelagerten Temperaturen.
Ich  muss gestehen, ich finde die Band, die ich hier zum ersten Mal live sehen klasse, wenn nicht sogar erstklassig. Das ist Punkrock der allerersten Güte und Qualität mit einschneidenden Refrains und gängigen Beats, die im Ohr stecken bleiben. – Und es wäre alles so schön.... wenn nicht........

...... ja wenn nicht, dieses, mir so verhasste politisieren auf der Bühne, wieder loswettern würde. „The next Song is dedicated to fuckin’Bush’ ertönt es da usw usw….. – Oh wie  mich das ankotzt. Nein, versteht mich nicht falsch. Ich bin politisch nicht anders gepolt oder sonst was und beziehe einen neutralen Standpunkt in der Amerika Politik. Aber wie ich schon so oft in meinen Konzertkritiken vermerkt habe, so lehne ich nichts mehr ab, als wenn bei einem Rockkonzert politische Propaganda betrieben wird. – Warum zum Teufel lassen so viele amerikanische Bands ihren Frust auf die derzeitige US Regierung hier bei uns ab? Etwa nur weil man ihnen gesagt hat, dass das hier gut ankommt? – Seien wir mal ehrlich, die paar Idioten hierzulande, die ebenfalls wettern, die plappern doch ohnehin nur nach was sie von ihren Idolen vorgesetzt bekommen, ohne sich überhaupt auszukennen, um was es eigentlich geht. Und ich frage diese Amibands: was zum Teufel haben wir mit Eurer Politik zu tun? Was geht uns das an? Ihr habt den Typen 2x wieder gewählt, als lebt gefälligst auch damit. Und abgesehen davon ist der Mann  doch sowieso ab nächstes Jahr Geschichte. Also was soll das alles noch. Ich gehe jedenfalls jede Wette ein, dass Ihr da drüben in Eurer Heimat die Anti-Bush Parolen beileibe nicht so lautstark von Euch gebt als hier bei uns, denn es könnten ja etliche Befürworter des jetzigen Präsidenten anwesend sein, die Euch dann auspfeifen. Aber hierzulande in Europa ist man so naiv, dass man sich alles vorsetzen,- und sich dann auch noch von dieser Antistimmung anstecken lässt für nichts und wieder nichts. Denn das letzte was wir hier in Europa haben, ist Einfluss auf die US Politk.
Lasst es uns andersherum sehen: gehen wir etwa her und schimpfen in Amerika über Merkel und Co? – Der Durchschnitts-Ami weiß in seiner eingeschränkten Allgemeinbildung wahrscheinlich sowieso nicht mal wer das ist. –  Also bitte Ihr lieben Amibands, auch wenn wir hier für allgemeine Meinungsfreiheit sind, so gebt 
trotzdem  Eure politischen Proteste  drüben in Eurem Land zum Besten. Da wo sie letztendlich hingehören, und lasst uns gefälligst in Ruhe damit. Wir hier können 1) eh nichts ändern an der Situation und 2) sind wir hier, um gute Musik für unser Eintrittsgeld zu konsumieren  und keine Hasstiraden auf das US-Regime. – Allerdings scheinen das manche amerikanischen Künstler irgendwie nicht zu kapieren. (Anm. in Kürze gibt’s auf dieser Website eine Sonder-Kolumne über dieses Thema) –lasst Ihr uns bitte hier in Germany unseren eigenen politischen Mist erst einmal aussortieren und verschont uns zumindest bei Konzerten mit Euren Anti-Bush Parolen oder sonst der Geier was. Seid froh, dass Eure Musik so gut ankommt bei uns hier. Und dafür zahlen wir auch, nämlich für 90 Min. Musik und nicht 80 Min. Musik und 10 Minuten Anti-Bush Kampagnen. Mehr wollen wir nicht. Abgesehen davon besteht das heute anwesende Publikum zum Großteil aus noch halben Kindern. Und die haben in ihrem pupertären Stadium mit der Entwicklung der Politik erst recht nichts am Hut, weder mit innerdeutscher und schon gar nichts mit internationaler. -

Schade, dass solche Zwischenspiele dann immer wieder einen schalen Nachgeschmack bei mir hinterlassen was meine Beurteilung in Sachen Musikalität, Stagepräsenz und Image angeht. Denn eigentlich haben wir es hier fast schon mit den legitimen Nachfolgern von den Ramones zu tun, denen zu Ehren dann auch selbstredend ‚Blitzkrieg Bop’ gewidmet ist. Nein, man kann nicht meckern, und abgesehen von den vorhin kritisierten Umständen ist das hier ein gelungener Abend in (fast) jeder Hinsicht mit einer absolut geilen Liveband. -

Pennywise verabschieden sich auch heute wieder mit „Bro Hymn Tribute“, legen noch zwei Zugabe Songs drauf und haben mit Sicherheit heute auch wieder so einige Fans dazu gewonnen. Wohl denn, let’s wait und see, ob und wie sich der politsche Beitrag nächstes Mal gestaltet. Da heißts dann wahrscheinlich: F.... McCain – wetten?! Denn dass sich nach einem Präsidentenwechsel in Amerika wesentliches verändert, bzweifle nicht nur ich.....
http://www.myspace.com/pennywise  


Pennywise Live in München, 29.08. 2008
(verlinkt zu You Tube)